Köln – Mit einer Boykottaktion wollen führende Geistliche und Laienvertreter im Erzbistum Köln gegen Kardinal Rainer Maria Woelki protestieren. Der Vorsitzende der Laienvertretung im größten deutschen Bistum, der Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD), sagte der Deutschen Presse-Agentur, er werde der am Montagabend beginnenden Sitzung des Diözesanpastoralrats fernbleiben, so wie viele andere Delegierte auch. Der Diözesanpastoralrat ist das wichtigste Beratungsgremium des Erzbischofs.
Beratungen inzwischen abgesagt
Die Beratungen im Diözesanpastoralrat wurden nach Rundschau-Informationen inzwischen abgesagt. Um 11:17 hat das Erzbistum heute die Mitteilung verbreitet, dass das Gremium heute Abend nur formal zusammentreten und feststellen könne, dass es wegen der zahlreichen Absagen nicht beschlussfähig sei. Danach wird die Sitzung geschlossen.
Der Bonner Stadtdechat Wolfgang Picken ist nach Angaben seiner Pressestelle auf einer Wallfahrt, der Kölner Domdechant Robert Kleine ist verreist. Abgesagt hat auch die Kölner Gemeindereferentin Marianne Arndt. Sie sagte der Rundschau: „Manchmal ist auch Nicht-Sprechen ein Zeichen.“ Vom Kardinal verlangte sie ein Zeichen der „völligen Umkehr und Einsicht“ und die Bereitschaft zu Systemveränderungen.
Vorsitzende der Laienvertretung kritisiert mangelnde Kommunikation
Kurzbach begründete die Boykottaktion indessen damit, dass die Spitze des Erzbistums eine ausführliche Diskussion über die jüngsten Vorwürfe gegen Woelki offenbar kleinhalten wolle. Generalvikar Guido Assmann - Woelkis Stellvertreter - habe es versäumt, dieses Thema als einziges und von vorneherein auf die Tagesordnung zu setzen. „Das hat eine große Zahl von Menschen dazu gebracht, dass sie nicht hingehen: Priester, hauptamtlich beim Erzbistum Beschäftigte und auch Laien.“ Woelki war zuletzt unter anderem vorgeworfen worden, den Beirat von Betroffenen sexuellen Missbrauchs mithilfe einer PR-Agentur instrumentalisiert zu haben. Er selbst weist dies zurück.
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„Die Stimmung im Erzbistum befindet sich auf einem neuerlichen, absoluten Tiefpunkt, und darüber müsste natürlich dringend geredet werden“, sagte Kurzbach. Der derzeitige Schwebezustand sei „unerträglich“. Papst Franziskus hatte Woelki vor Monaten aufgefordert, ein Rücktrittsgesuch an ihn zu richten, worüber der Papst aber bis heute nicht entschieden hat. „Wir befinden uns in einer Art Nervenkrieg zwischen Köln und Rom“, sagte Kurzbach. „Die Leidtragenden sind die Gläubigen im Erzbistum Köln.“
Woelki will nicht freiwillig aus dem Amt scheiden
Woelki hat jedoch mehrfach klargestellt, dass er nur dann aus dem Amt scheiden will, wenn der Papst ihn abberufen sollte. Stattdessen appellierte er an alle Gruppen im Erzbistum, aufeinander zuzugehen. Christen müssten „Fachleute in Versöhnung“ sein, sagte er. Er selbst habe zum Beispiel auch mit Vertreterinnen und Vertretern von Reformbewegungen gesprochen.
Kurzbach betonte hingegen, die derzeitige Krise sei keine Strömungsfrage. „Wir kennen sogar repräsentative Umfragen. Und die zeigen: Es ist ein breit aus dem Bistum getragener Vertrauensverlust dem Bischof gegenüber, was einem aber auch jeder Pastor an der Basis bestätigen kann.“