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Petersberger Klimadialog40 Staaten auf der Suche nach Antworten zur Klimakrise

Lesezeit 4 Minuten
Petersberger Klimadialog

Samih Schukri (Außenminister von Ägypten) und Annalena Baerbock sind die Gastgeber des Petersberger Klimadialog.

Berlin – Der Einladung von Außenministerin Baerbock sind sie alle gefolgt. Hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus rund 40 Staaten diskutieren derzeit im Auswärtigen Amt über ein einziges Thema: den Klimawandel. Es geht darum, konkrete Schritte zur Bewältigung der Klimakrise zu ergründen.

„Die Klimakrise ist mittlerweile das größte Sicherheitsproblem für alle Menschen auf dieser Erde“, sagte die Grünen-Politikerin am Montagvormittag in Berlin vor dem Beginn des Petersberger Klimadialogs. Der Krieg in der Ukraine wirke sich zusätzlich auf die Klimakrise aus.

Olaf Scholz auf Petersberger Klimadialog: „Niemand kann zufrieden sein“

Das weiß auch Bundeskanzler Olaf Scholz. Er hat am Montag vor einer „globalen Renaissance der fossilen Energie“ infolge der Gaskrise durch den Ukraine-Krieg gewarnt. „Niemand kann zufrieden sein damit, dass auch bei uns der Anteil der Kohleverstromung gerade wieder steigt“, sagte der SPD-Politiker beim Klimadialog in Berlin.

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„Umso wichtiger ist es, dass wir eines ganz klar festhalten: Das ist eine zeitlich eng befristete Notmaßnahme, die nicht zu Lasten unserer Klimaziele geht.“

Deutschlands Ziel: CO2-neutral werden

Das gelte auch für Investitionen in die Gasinfrastruktur wie in LNG-Terminals, betonte Scholz. Diese müssten im Einklang mit dem Ziel stehen, in Zukunft in Deutschland und weltweit CO2-neutral zu werden. „Konkret heißt das: Wir schaffen keine neuen dauerhaften Abhängigkeiten von fossilen Energiequellen – bei uns nicht und auch nicht in den Produktionsländern.“

Zu einem möglichen Weiterbetrieb der drei noch verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland über das Jahresende hinaus, sagt Scholz indes nichts – wohl aber eine Regierungssprecherin. Ihren Aussagen zufolge lässt sich die Bundesregierung einen Türspalt offen.

Die Frage der Atomkraftwerke sei für die Bundesregierung von Anfang an keine ideologische, sondern eine rein fachliche Frage gewesen. Sie verwies auf einen angekündigten zweiten Stresstest zur Sicherheit der Stromversorgung. „Das ist die Grundlage von Entscheidungen.“

Bundesregierung prüft Sicherheit von Stromversorgung in Deutschland

Eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte, es werde auf der Basis von Fakten und Analysen entschieden. Es gebe nun die zweite Stresstest-Berechnung, die erstellt werde, um noch mal andere Szenarien abzuklopfen. Die erste Berechnung habe schon sehr verschärfte Annahmen unterstellt. „Aber dennoch, wir rechnen jetzt noch mal und entscheiden dann auf der Basis von klaren Fakten.“

Das Wirtschaftsministerium hatte am Sonntag einen zweiten Stresstest zur Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland angekündigt. Es gehe darum, festzustellen, ob die Versorgungssicherheit im Stromsektor und der sichere Betrieb des Netzes unter verschärften Annahmen gewährleistet seien. Mit Ergebnissen sei „in den nächsten Wochen“ zu rechnen.

Drei Atomkraftwerke in Deutschland gehen planmäßig Ende 2022 vom Netz – oder doch nicht?

Die drei Kernkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 müssen nach geltendem Recht spätestens am 31. Dezember 2022 abgeschaltet werden. Wirtschaftsminister Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatten in einem Prüfvermerk im März von längeren Laufzeiten der Atomkraftwerke abgeraten.

Einem kleinen Beitrag zur Energieversorgung stünden große wirtschaftliche, rechtliche und sicherheitstechnische Risiken entgegen, hieß es damals. In der Debatte über eine mögliche Energiekrise im Winter hat die Vorsitzende der Linken, Janine Wissler, eine Verlängerung der Restlaufzeit der drei verbliebenen deutschen AKWs kategorisch abgelehnt. „Die Diskussion um die Laufzeitverlängerung von AKW ist so durchsichtig wie falsch“, sagte Wissler dem RND.

Scholz nimmt bei Klimakrise internationale Gemeinschaft in die Pflicht

Scholz sagte, wenn die Welt nicht viel schneller, entschlossener und geeinter beim Klimaschutz handele, werde es nicht gelingen, kommenden Generationen ein gutes Leben zu ermöglichen. In 30 Jahren würden voraussichtlich zwei Milliarden Menschen mehr als heute auf der Erde leben.

Für sie alle müsse es eine Perspektive auf Wohlstand und einen intakten Planeten geben. Zugleich könne man von den Bürgerinnen und Bürgern heute nicht verlangen, weniger mobil zu sein. „Wie soll das möglich sein, in einer globalisierten und vernetzten Welt?“

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Klimaschutz werde nur dann erfolgreich sein, wenn er in allen Ländern von einer breiten Mehrheit der Gesellschaft getragen werde, sagte Scholz. Er forderte: „Wir müssen den Umbau zu Klimaneutralität als ein weltumspannendes Modernisierungsprogramm angehen.“

Annalena Baerbock: „Die Klimakrise macht an keiner Grenze halt“

Den deutlichen Ton, den der Kanzler anschlug, hatte Gastgeberin Annalena Baerbock zuvor bereits gesetzt: „Die Klimakrise macht an keiner Grenze halt. Deswegen dürfen auch die Antworten an keiner Grenze haltmachen“, sagte die Außenministerin. Ziel sei es, gemeinsam und international „die größte Sicherheitsgefahr dieses Jahrhunderts eindämmen zu können“.

Beim Petersberger Klimadialog wollen sich Minister und Vertreter aus etwa 40 Staaten über den weiteren Kurs im Kampf gegen den Klimawandel abstimmen. Deutschland und Ägypten sind Ausrichter der Konferenz, die auch Weichen für die Weltklimakonferenz COP27 Anfang November im ägyptischen Küstenort Scharm el Scheich stellen soll. (pst mit dpa)