Tag drei nach der mörderischen Attacke in Moskau: Vier mutmaßliche Haupttäter sind in Haft. Wie reagieren Deutschland und Frankreich?
Schockierender AngriffNach Moskauer Terroranschlag: Fast 100 Verletzte im Krankenhaus – Deutschland und Frankreich reagieren
Drei Tage nach dem Terroranschlag auf eine Moskauer Konzerthalle werden immer noch 97 Verletzte in Krankenhäusern behandelt. Das teilte die Leiterin der Gesundheitsverwaltung im Gebiet Moskau, Ljudmila Bolatajewa, am Montag mit.
Die Patientinnen und Patienten seien über Kliniken der Hauptstadt und des Moskauer Gebiets verteilt. Die erlittenen Verletzungen seien unterschiedlich schwer, sagte sie russischen Nachrichtenagenturen zufolge.
Terroranschlag auf Moskauer Konzerthalle: Laut russischer Behörden gab es 137 Tote
Bei dem Anschlag vom Freitagabend waren nach letzter Zählung der russischen Behörden 137 Menschen getötet und mehr als 180 verletzt worden. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass in den Trümmern der ausgebrannten Halle noch weitere Leichen gefunden werden.
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Vier bewaffnete Männer hatten vor einem Rockkonzert in dem Veranstaltungszentrum Crocus City Hall wahllos auf Besucher geschossen. An einem improvisierten Gedenkort am Zaun von Crocus City legten nach Medienberichten auch am Montag noch trauernde Menschen Blumen nieder.
Deutsche Sicherheitseinschätzung bleibt nach Moskauer Anschlag unverändert
Aus dem Terroranschlag auf eine Konzerthalle bei Moskau ergibt sich nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden keine veränderte Einschätzung zur islamistischen Bedrohung für Deutschland. Das sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Montag in Berlin. „Diese war vorher schon hoch, was die Maßnahmen der Sicherheitsbehörden gegen Terrorverdächtige des ISPK gezeigt haben.“
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) geht davon aus, dass die als Ableger des Islamischen Staats (IS) bekannte Gruppe Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK) den Anschlag zu verantworten hat, wie sie der „Süddeutschen Zeitung“ sagte. Die ISPK-Terrorgruppe hat ihren Ursprung in Afghanistan. Khorasan steht für eine historische Region in Zentralasien, die Teile von Afghanistan, Usbekistan, Turkmenistan und Tadschikistan sowie vom Iran umfasste. Der ISPK sei „nach unseren Erkenntnissen derzeit der aggressivste IS-Ableger“, sagte der Ministeriumssprecher. Es habe im Zusammenhang damit in den vergangenen Monaten mehrere Verhaftungen gegeben.
Bundesministerium sieht keine Auswirkungen auf Fußball-EM in Deutschland
Seit dem 7. Oktober, also dem Überfall der Hamas auf Israel, sei die islamistische Szene insgesamt noch stärker im Fokus der Sicherheitsbehörden, sagte der Sprecher. Das zeigten unter anderem die Verbote von Hamas und von Samidoun, einer palästinensischen Gruppierung. „Die Sicherheitsbehörden sind sehr wachsam, weil die islamistische Bedrohung ja keine neue ist.“
Unmittelbare Auswirkungen auf die im Sommer in Deutschland stattfindende Fußball-Europameisterschaft sieht das Bundesinnenministerium nicht. „Für Großveranstaltungen in Deutschland gelten ganz unabhängig jetzt von dem schrecklichen Terroranschlag in Moskau seit Langem schon erhöhte Sicherheitsmaßnahmen, insbesondere auch zum Schutz vor islamistischen Bedrohungen“, sagte der Sprecher. Die Sicherheitskonzepte umfassten auch islamistische Bedrohungen und würden kontinuierlich weiterentwickelt. Es gebe aber keine neue Lage in Deutschland. „Die Sicherheitsbehörden von Bund und Länder sind gut vorbereitet, sind gut ausgestattet“, versicherte er.
Aus Sicherheitskreisen hieß es, dass man derzeit von 483 islamistischen Gefährdern in Deutschland ausgehe. Gefährder sind Menschen, denen die Behörden schwerste politisch motivierte Straftaten bis hin zum Terroranschlag zutrauen.
Frankreich ruft nach Angriff bei Moskau höchste Alarmstufe aus
Vier Monate vor den Olympischen Sommerspielen in Paris hat der Anschlag bei Moskau die französischen Behörden aufgeschreckt: Die Regierung rief die höchste von drei Alarmstufen aus. Vertreter der französischen Sicherheitskräfte kamen am Montag in Paris zu einem Krisentreffen zusammen. Ziel sei es, zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, etwa verstärkte Taschenkontrollen vor kulturellen Veranstaltungen oder Gottesdiensten.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erklärte am Rande einer Reise nach Französisch-Guyana, dass der afghanische Zweig der Dschihadistenmiliz IS, die den Anschlag bei Moskau für sich reklamiert hatte, in den vergangenen Monaten auch in Frankreich Anschläge geplant habe. Er warnte Moskau zugleich vor einer „Instrumentalisierung“ des Anschlags, eine Anspielung auf die Haltung des Kremls, das Bekenntnis des Islamischen Staates zu ignorieren und stattdessen eine Verbindung zur Ukraine herzustellen.
Höchste Alarmstufe in Frankreich galt zuletzt, nachdem ein Islamist in Arras einen Lehrer erstochen hatte
Die höchste Alarmstufe galt in Frankreich zuletzt von Oktober 2023 bis Mitte Januar. Sie war ausgerufen worden, nachdem ein Islamist in Arras einen Lehrer erstochen hatte. Die Einstufung mit dem Titel „Attentatswarnung“ bedeutet unter anderem, dass vor Schulen und religiösen Stätten zusätzliche Patrouillen stattfinden. Sie erweitert zudem die Befugnisse der Behörden, um etwa Straßen zu sperren oder die Bevölkerung über Warndienste zu informieren.
Die Entscheidung zur Ausrufung der höchsten Alarmstufe war nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts am Sonntag im Elysée-Palast gefallen, an der auch Macron teilgenommen hatte.
Innenminister Gérald Darmanin sagte am Montag, die französische Polizei und Gendarmerie seien bereit, um die Sicherheit bei den Olympischen Spielen zu gewährleisten. „Frankreich ist besonders bedroht, weil es universelle Werte vertritt und weil es sich für den Säkularismus einsetzt“, erklärte er. Die Sicherheitskräfte seien auf die Großveranstaltung vorbereitet. Er verwies darauf, dass regelmäßig Anschlagsversuche vereitelt würden.
Terrormiliz Islamischer Staat bekannte sich zu dem Anschlag
Die Terrormiliz Islamischer Staat bekannte sich in mehreren Botschaften zu dem Anschlag. Westliche Sicherheitsbehörden und Experten halten das Bekenntnis für glaubhaft und vermuten den IS-Ableger Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK) hinter dem Anschlag. Die russische Propaganda versucht indes, einen Zusammenhang mit der Ukraine herzustellen.
Die vier mutmaßlichen Haupttäter wurden am Samstag bei Brjansk nahe der Grenze zur Ukraine und zu Belarus festgenommen. Am Sonntagabend wurden sie in Moskau vor Gericht vorgeführt und in Haft genommen. Die Gesichter der Männer wiesen dabei Verletzungen als Spuren mutmaßlicher Folter auf. (dpa/afp)