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„Putin ist es egal, wer sterben wird“Kremlgegner Nawalny ist laut russischer Justiz in Haft gestorben

Lesezeit 3 Minuten
Die Schwarz-Weiß-Aufnahme zeigt Alexej Nawalny, der seine Hand zu einem Salut an seine Stirn führt, in einem karierten Hemd.

Der russische Kreml-Kritiker Alexej Nawalny ist tot.

Der Oppositionspolitiker war mehr als drei Jahre in Haft - zuletzt war er in ein Straflager hinter dem Polarkreis verlegt worden.

Der führende russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist nach Angaben der Justiz in Haft gestorben. Das teilte die Gefängnisverwaltung mit, wie die staatliche Agentur Tass meldete. Der 47-Jährige sei am Freitag nach einem Spaziergang in seiner sibirischen Strafkolonie zusammengebrochen und habe sofort das Bewusstsein verloren. Wiederbelebungsversuche von Sanitätern hätten keinen Erfolg gehabt. 

Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte, Präsident Wladimir Putin sei in Kenntnis gesetzt worden. Weitere Details nannte er zunächst nicht.

Nawalny-Sprecherin: Es gibt noch keine eigene Todesbestätigung

Nawalnys Team hat nach eigenen Angaben noch keine direkte Bestätigung seines Todes erhalten. Das schrieb seine Sprecherin Kira Jarmysch im Portal X (früher Twitter).

Bislang gebe es nur die allgemeine Mitteilung des Justizvollzugssystems im Autonomen Kreis der Jamal-Nenzen über den Tod Nawalnys im Straflager, sagte sie. Nawalnys Anwalt sei unterwegs in das Lager IK-3 in dem Ort Charp nördlich des Polarkreises. „Sowie wir Informationen haben, werden wir berichten“, schrieb Jarmysch.

Scholz: Berichte über Tod Nawalnys „etwas ganz Furchtbares“

Bundeskanzler Olaf Scholz hat entsetzt auf Berichte über den Tod des führenden russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny in einem russischen Gefängnis reagiert. „Wir wissen aber nun auch ganz genau, spätestens, was das für ein Regime ist“, sagte der SPD-Politiker in Berlin.

Er erinnerte bei einer Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj daran, wie er Nawalny in Berlin getroffen habe, als dieser sich in Deutschland von einem Giftanschlag zu erholen versucht habe. Dabei habe er mit Nawalny auch über den großen Mut geredet, den es erfordere, wieder zurückzugehen in das Land. Scholz: „Und wahrscheinlich hat er diesen Mut jetzt bezahlt mit seinem Leben.“

Selenskyj: Nawalny wurde offensichtlich getötet

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj geht davon aus, dass Alexej Nawalny getötet wurde. Es sei sehr bedauerlich, dass Nawalny in einem russischen Gefängnis gestorben sei, sagte Selenskyj laut offizieller Übersetzung bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin. Es ist für mich offensichtlich: Er wurde getötet. Wie andere Tausende, die zu Tode gequält wurden wegen dieses einen Menschen.“

„Putin ist es egal, wer sterben wird. Hauptsache, er bleibt bei seiner Position“, sagte Selenskyj. „Und deshalb sollte er auch alles verlieren. Er sollte verlieren, er sollte alles verspielen, und er sollte dann auch zur Verantwortung gezogen werden für die Verbrechen.“

Nawalny wurde nach seiner Rückkehr nach Russland noch am Flughafen verhaftet

Nawalny ist unter anderem wegen angeblichem „Extremismus“ zu insgesamt 19 Jahren Lagerhaft verurteilt worden. International jedoch wird der Politiker, der 2020 nur knapp einen Mordanschlag mit dem Nervengift Nowitschok überlebte, als politischer Gefangener eingestuft. Menschenrechtsorganisationen forderten seit langem Nawalnys Freilassung.

Nachdem er in Deutschland von den Folgen des Giftanschlags behandelt worden war, kehrte Nawalny am 17. Januar 2021 nach Russland zurück - und wurde noch am Flughafen verhaftet. Schon im vergangenen Dezember war der als politischer Gefangener eingestufte Politiker über mehrere Wochen verschwunden. Im Nachhinein erwies sich, dass die Justiz ihn aus dem europäischen Teil Russlands in ein Straflager im hohen Norden Sibiriens verlegt hat. Nawalny vermutete, dass er dort vor der anstehenden Präsidentenwahl im März möglichst isoliert werden sollte.

Nawalny nutzte Gerichtsauftritte für Kritik an Putin

Nawalny führte immer wieder Klagen gegen den Strafvollzug wegen Verletzung seiner Rechte. Er nutzte die Gerichtsauftritte nicht zuletzt zur beißenden Kritik an Putins autoritärem System und Moskaus Krieg gegen die Ukraine. Zuletzt wurde Nawalny mit Beginn des Wahlkampfes zu den Verhandlungen nicht mehr zugeschaltet.

Nawalny wurde international als politischer Gefangener anerkannt. Die USA, die EU sowie die Bundesregierung hatten sich in den vergangenen Wochen immer wieder besorgt gezeigt und die russische Führung aufgefordert, über Nawalnys Verbleib zu informieren. Russland wies dies aber als Einmischung in seine inneren Angelegenheiten zurück. Der Kreml teilte auch mit, dass er sich nicht um das Schicksal von Gefangenen in Russland kümmern könne. (dpa)