Vor dem Hintergrund neuer Proteste in Lützerath beschäftigen sich die Grünen auf einem Landesparteitag in Siegburg mit der Energiekrise.
KohleausstiegLützerath-Protest überschattet Grünen-Parteitag
Vor dem Hintergrund neuer Proteste in der Ortschaft Lützerath, die dem Braunkohle-Tagebau weichen soll, und der UN-Klimakonferenz in Ägypten trafen sich die NRW-Grünen am Sonntag bei einem Parteitag in Siegburg zur Standortbestimmung. Die wichtigste Botschaft der Parteiprominenz für die rund 110 Delegierten: Es sei gut, dass die Grünen in dieser Krisenzeit in NRW und im Bund mitregierten. Über den Widerstand im Rheinischen Revier schwieg sie lange.
Nach zweieinhalb Stunden Parteitag nahm zum ersten Mal ein Redner das Wort „Lützerath“ in den Mund: Renas Sahin, Vorsitzender der Grünen Jugend in NRW. Bei dem Protest am Samstag hätten ihn dort Aktivisten gefragt, warum ausgerechnet die Grünen ein weiteres Dorf für die Kohle opferten. „Viele sind wütend auf uns, weil sie von uns noch etwas erwarten. Mehr, als gerade von uns kommt“, sagte Sahin. Die Grünen müssten „mehr liefern“. Der nun vereinbarte vorzeitige Kohleausstieg bis 2030 sei zwar „extrem gut“, aber im Rheinischen Revier dürfte bis dahin mehr Kohle abgebaut werden als bisher angenommen.
Über 2000 Menschen demonstrieren für den Erhalt von Lützerath
Wibke Brems, Fraktionschefin der Grünen im Landtag, interpretierte den „Deal“ zwischen dem Energiekonzern RWE, dem Bundes- und dem NRW-Wirtschaftsministerium über einen früheren Ausstieg aus der Braunkohle freundlicher: „Der Kohleausstieg in NRW wird nochmals um acht Jahre vorgezogen. Das ist ein enormer Erfolg. Lützerath ist nicht zu retten. Das ist bitter. Aber die Chance für diese Rettung wurde schon vor Jahren vergeben.“
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Am Samstag demonstrierten am Tagebau Garzweiler nach Veranstalterangaben rund 2200 Menschen für den Erhalt von Lützerath. Zur Demo aufgerufen hatten unter anderen Aktivisten von „Alle Dörfer Bleiben“, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Campact, Fridays For Future und Greenpeace. Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND in NRW, hielt den Grünen vor, sich auf einen „Hinterzimmer-Deal“ mit RWE eingelassen zu haben. Kurz zuvor hatte RWE-Finanzvorstand Michael Müller, erklärt, der Konzern halte eine Räumung des von Klimaaktivisten besetzten Lützerath noch in diesem Winter für notwendig.
Applaus für iranische Publizistin
Weder NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur noch NRW-Justizminister Benjamin Limbach äußerten sich direkt zu Lützerath. Limbach bezog aber mit einem Bild Stellung: „Das Glas ist nur zu vier Fünfteln voll geworden. Wie sähe das Glas ohne uns aus? Es wäre leer.“
Breiten Raum gaben die Grünen ihrer Rolle als Streiter für das Bürgergeld, als Wegbereiter des 49-Euro-Tickets und als Unterstützer der Menschen in der Ukraine und der protestierenden Frauen im Iran. Applaus erntete die iranische Publizistin und Aktivistin Mina Khani für ihre Beschreibung der Aufstände im Iran. Die einzige „Waffe“, die die Demonstranten dort hätten, sei die Weltöffentlichkeit.