Köln – Kommt er wieder oder nicht? Eine gute Woche vor der geplanten Rückkehr des Kölner Erzbischofs Rainer Maria Woelki nach beinahe fünf Monaten Auszeit schießen die Spekulationen in Deutschlands mitgliederstärkster Diözese ins Kraut. Während die Kritik an Woelkis Rückkehr anhält, sagte der Kardinal zwei öffentliche Auftritte ab. Gleichzeitig kündigte er eine Medienmitteilung für den Tag seiner Wiederkunft und einen Fastenhirtenbrief an. Derartige Schreiben, die zum Beginn der Fastenzeit vor Ostern in allen Kirchen eines Bistums verlesen werden, sind üblicherweise den Bischöfen vorbehalten.
Kardinal Woelki ist seit Oktober in einer Auszeit
Wegen der Querelen um die Missbrauchsaufarbeitung befindet sich Woelki seit Oktober in einer mit Papst Franziskus vereinbarten „geistlichen Auszeit“. Diese endet am 2. März - dem Aschermittwoch. Dann wollte der Kardinal eigentlich den traditionellen Gottesdienst im Kölner Dom leiten. Jetzt hieß es: „Der Kardinal möchte nicht, dass dieses wertvolle Ereignis von den aktuellen kirchenpolitischen Spannungen überschattet wird. Er möchte die Künstlerinnen und Künstler, die er sehr schätzt, vor weiteren Polarisierungen schützen.“ Auch seine Teilnahme an einem ökumenischen Gottesdienst am 5. März hat Woelki abgesagt.
Der Vorsitzende des Diözesanrats – der Laienvertretung des Erzbistums –, Tim Kurzbach, reagierte kritisch auf die Mitteilung. „Wir haben heute plötzlich und unerwartet über eine Pressemitteilung erfahren, dass Kardinal Woelki am 2. März sein Amt wieder antreten möchte“, sagte der Solinger Oberbürgermeister (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. „Wir fragen uns: Kann ein Bischof wirklich nur über Briefe und Pressemitteilungen agieren und muss er sich nicht doch mitten in den Dom stellen und mit seinen Gläubigen sprechen? Ein Bischof, der dieses direkte Gespräch verweigert – ist der dann eigentlich noch Bischof?“
Kirchenrechtler Schüller glaubt an Rückkehr Woelkis
Der Kirchenrechtler Thomas Schüller interpretierte die Mitteilung ebenfalls so, dass Woelki tatsächlich zurückkommen wolle. Die gleichzeitige Absage der Messe mache deutlich, wie seine künftige Amtsführung aussehen werde: „Ein Erzbischof, der nirgends ohne Angst und Probleme öffentlich mehr auftreten kann, selbst seinen ureigensten Verpflichtungen im liturgischen Bereich nicht mehr nachkommen kann. Welchen Sinn macht das?“
Woelki hatte 2020 eine Vertrauenskrise ausgelöst, als er sich entschied, ein Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl zum Umgang von Bistumsverantwortlichen mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs nicht zu veröffentlichen. Er führte rechtliche Gründe dafür an. Danach verschlechterte sich das Verhältnis zwischen dem Kardinal und den Gremien des Erzbistums weiter. Die Zahl der Kirchenaustritte in Köln ist in die Höhe geschnellt.
Übergangsleiter Steinhäuser ist es offenbar nicht gelungen, die verhärteten Fronten aufzulösen. Immerhin erhält der Weihbischof von Bistumsgremien und Verbänden überwiegend positive Noten für seine kommunikative Art - eine Stärke, die Woelki nicht zugeschrieben wird. Doch um eine Wende herbeizuführen, blieb Steinhäuser zu wenig Zeit und ein zu geringer Spielraum.
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Völlig offen ist, was der Papst denkt. In Rom liegt ein nicht veröffentlichtes Stimmungsbild zur Rückkehrfrage vor, das im Diözesanpastoralrat - dem zentralen Beratungsgremium des Erzbischofs - erhoben wurde. Steinhäuser wie Woelki waren inzwischen zu Gesprächen in Rom. Steinhäuser hatte angekündigt, dem Vatikan zum Ende seiner Vertretungszeit eine „ungeschönte Rückmeldung“ zu geben. Auf die Frage, ob er sich darin auch gegen eine Zukunft von Woelki an der Spitze des Erzbistums aussprechen könne, antwortete der Weihbischof: „Auch das ist denkbar.“ (dpa/kna)