Köln – Die Forderung ist spektakulär: Drei Jahre lang sollen Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki und die übrigen Mitglieder der Kölner Bistumsleitung auf die Hälfte ihrer Bezüge verzichten. Damit, das verlangt der Kirchenvorstand einer Solinger Kirchengemeinde, solle der „finanzielle Schaden“ ausgeglichen werden, den Woelki und seine Leute angerichtet hätten: durch Kosten für ein zweites Missbrauchsgutachten, für weitere juristische Dienstleistungen, aber für die Anerkennungsleistungen an Missbrauchsopfer.
Der Kirchenvorstand, also die rechtliche Vertretung, der Gemeinde St. Sebastian in Solingen-Ohligs, schreibt in einem offenen Brief an Generalvikar Markus Hofmann von einem Schaden in schätzungsweise zweistelliger Millionenhöhe: „Dass Sie dafür Mittel des Erzbischöflichen Stuhls zweckentfremden wollen, halten wir für ein zumindest moralisch großes Vergehen an denen, die der Kirche im guten Glauben an eine positive Verwendung ihr Vermögen überlassen haben.“
Woelki bezieht über 13.000 Euro im Monat
Einer der Unterzeichner, der frühere Henkel-Spitzenmanager Thomas Müller-Kirschbaum, zieht einen drastischen Vergleich: „Wenn ein Unternehmen vor die Wand gefahren worden ist wie etwa seinerzeit die Commerzbank, dann hat das doch auch Folgen für die Vorstandsbezüge.“ Auch wenn sich Woelki und Hofmann persönlich nichts vorzuwerfen haben sollten, gelte für sie doch eine „Nachfolgeverantwortung“. Woelki hat Anspruch auf Bezüge nach der Beamten-Besoldungsgruppe B10 mit über 13.000 Euro im Monat. Ob diese Bezüge am Ende wirklich zu halbieren seien, darüber würde der Solinger Kirchenvorstand noch mit sich reden lassen – entscheidend sei das Signal. Und nun folgt ein bitterer Vorwurf an Hofmann: Man habe dieses Thema ebenso wie viele andere im Mai mit ihm diskutiert, bei den Gehältern wisse man auch von ähnlichen Debatten im Priesterrat. Hofmann habe versprochen, die Themen „mitzunehmen“, aber sich nicht mehr gerührt – „er hat sie wohl mitgenommen und vergessen“.
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Andere Themen: Die Solinger halten dem Erzbistum vor, es wolle die bisher den Gemeinden vorbehaltene Führung der katholischen Kitas und ihres Personals zentralisieren – unter Missachtung des Subsidiaritätsprinzips, nach dem Aufgaben auf der jeweils kleinsten möglichen Ebene zu lösen seien. Die Solinger kritisieren scharf, dass das Erzbistum sich bei der angestrebten Gemeindereform von einer privaten Unternehmensberatung (in informierten Kreisen ist von der Boston Consulting Group die Rede) unterstützen lässt. Zudem verlangen die Gemeindevertreter von Woelki, in Rom für eine Segnung homosexueller Paare einzutreten. Und, diese Forderung entstand erst nach dem Gespräch mit Hofmann, ein Aufsichtsgremium soll die Bistumsleitung überwachen. Nicht in theologischer, aber in verwaltungsrechtlicher Hinsicht. Müller-Kirschbaum: „Derzeit gibt es nur einen Kirchensteuerrat, dessen Vorsitzender der Erzbischof ist – wie soll er sich selbst kontrollieren?“
Hofmann reagierte am Abend: „Ich habe der Gemeinde bereits eine erste Reaktion geschickt“, erklärte er der Rundschau: „Es war und ist mein Wunsch, über die Punkte zu sprechen. Deshalb war ich in Solingen und bin bereit, das Gespräch fortzusetzen.“