Berlin – Das Thema lässt die wenigsten kalt und wird alle paar Jahre aufs Neue diskutiert: Sollte es auf Autobahnen eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 120 oder 130 Kilometern pro Stunde geben? Die SPD meint: ja. Und will 2020 eine neue Initiative starten, wie sie jetzt ankündigte. Vom Verkehrsminister kommt eine klare Abfuhr.
Wo gibt es in Deutschland die Tempobeschränkungen?
Auf dem Großteil der Autobahnen gilt nach wie vor freie Fahrt. Ohne Tempolimit sind 70 Prozent des Netzes. Dauerhaft oder zeitweise geltende Beschränkungen mit Schildern gibt es auf 20,8 Prozent des Netzes, wie aktuelle Daten der Bundesanstalt für Straßenwesen für 2015 zeigen — am häufigsten sind Tempo 120 (7,8 Prozent) und Tempo 100 (5,6 Prozent). Dazu kommen variable Verkehrslenkungsanzeigen. Unabhängig davon gilt seit mehr als 40 Jahren eine empfohlene Richtgeschwindigkeit von 130 Kilometern pro Stunde.
Wie sieht es mit dem Tempolimit im Ausland aus?
Schaut man sich eine EU-Karte an, ist Deutschland ein „weißer Fleck“ — überall sonst gibt es nach einer Übersicht des Autofahrerclubs ADAC Tempo-Beschränkungen.
Aus welchen Gründen forciert die SPD das Thema?
„Ein Tempolimit auf unseren Autobahnen ist gut für den Klimaschutz, dient der Sicherheit und schont die Nerven der Autofahrer“, sagte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken. „Und deshalb werden wir darüber auch im neuen Jahr wieder sprechen.“ Außerhalb Deutschlands sei ein Tempolimit der Normalfall. Die neue SPD-Führung unter Esken und Norbert Walter-Borjans sucht hier offenbar eine Thema, mit dem sie eigenes Profil gewinnen und sich von der Union absetzen kann. Anfang Dezember hatte bereits das in Dessau ansässige Umweltbundesamt in einer Studie aus dem Sommer dringend zu einem Tempolimit von 120 Kilometern pro Stunde geraten, um den CO2-Ausstoß in Deutschland weiter zu reduzieren.
Was will der Bundesverkehrsminister?
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) lehnt bereits eine neue Debatte über ein Tempolimit in der großen Koalition ab. „Wir haben weit herausragendere Aufgaben, als dieses hoch emotionale Thema wieder und immer wieder ins Schaufenster zu stellen — für das es gar keine Mehrheiten gibt“, sagte er an Weihnachten. Es gebe ein funktionierendes System der Richtgeschwindigkeit. Rund ein Drittel der Autobahnen habe schon Tempo-Beschränkungen. Die meisten Unfälle passierten zudem auf den Landstraßen.
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Scheuer betont : „Der Bundestag hat vor ein paar Wochen abgestimmt und ein Tempolimit mit überwältigender Mehrheit abgelehnt.“ Zugleich meint er mit Blick die Verkehrslenkung: „Wir sollten intelligent steuern. Es geht um bessere Verkehrsbeeinflussung und Verkehrslenkung durch digitale Systeme.“ Damit könne man den Verkehr an neuralgischen Stellen punktgenau steuern. „Es ist ein Unterschied, ob nachts die Strecke frei ist oder man am Freitagnachmittag kurz vor Weihnachten auf einem hoch belasteten Abschnitt fährt.“
Was meinen die Fraktionen im Bundestag?
Die Union hält die Diskussion für überflüssig, sagt der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Ulrich Lange (CSU). „Diese demokratische Entscheidung sollte akzeptiert werden“, meint er unter Verweis auf die Bundestags-Abstimmung im Oktober.
Die AfD lehnt ein Tempolimit ab. Ihr verkehrspolitischer Sprecher, Dirk Spaniel, wirft Union und SPD vor, die individuelle Mobilität in den Würgegriff nehmen zu wollen. „Wir erleben, wie in immer schnellerem Tempo grüne Ideologie in Deutschland umgesetzt wird, um angeblich das Klima zu retten. Deutschlands CO2-Ausstoß liegt bei knapp zwei Prozent der weltweiten Emissionen. Es kann nicht sein, dass dafür einzig der Verkehr und die Mobilität der Bürger büßen müssen“, so Spaniel im Internet.
Die FDP (siehe auch links) hält den Beitrag eines generellen Tempolimits zur globalen CO2-Einsparung „marginal“.
Die Grünen waren bereits im Oktober im Bundestag mit einem Vorstoß zur Einführung von Tempo 130 auf Autobahnen gescheitert. .Damals positionierten sich 126 Abgeordnete dafür, 498 dagegen und sieben enthielten sich.
Die Linke setzt sich für ein Tempolimit von 120 Stundenkilometer auf Autobahnen ein.
Die meisten SPD-Abgeordneten stimmten im Oktober dagegen, wie es in Koalitionen bei Oppositionsanträgen üblich ist. SPD-Politiker machten aber damals schon deutlich, dass das Thema 2020 wieder auf die Agenda soll. (dpa/EB)