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Kommentar zu Empörungskultur im Jahr 2019Endlich Stille Nacht

Lesezeit 2 Minuten
Soziale Netzwerke dpa

Der Vorwurf, der andere sei ein Rassist, Klimaleugner, Frauenfeind oder Sozialist, ist nur einen Tweet entfernt, kommentiert Nils Rüdel. (Symbolbild)

  1. Das Jahr 2019 hat unsere Gesellschaft mit so manchen hitzigen Debatten beschert: Über einen Karnevalswitz der CDU-Chefin. Über SUVs.  Über Donald Trump. Über Greta Thunberg.
  2. Es gibt viel, über das gestritten werden muss.
  3. Aber mehr Sachlichkeit würde uns allen guttun, kommentiert Nils Rüdel.

Heute Abend werden wieder Millionen Kirchgänger die „Stille Nacht“ herbeisingen. Sie ist uns allen zu wünschen. Am besten gleich ein paar Tage.

Niemand kann mehr aufzählen, über was wir uns im zu Ende gehenden Jahr alles aufgeregt haben. Über einen Karnevalswitz der CDU-Chefin. Über SUVs.  Über Donald Trump. Über Greta Thunberg. Ein ständiger Zustand der Empörung. Jeder Tag ein innerer ARD-Brennpunkt.

Was dabei auf der Strecke blieb, ist der Blick fürs Wesentliche. Ein Beispiel: Das Land stritt ernsthaft tagelang darüber, ob Greta nun wirklich im überfüllten ICE auf dem Boden saß oder heimlich erste Klasse fuhr. Worüber wir hätten streiten sollten, wären Lösungen gegen den Klimawandel. Das aber ist komplex, erfordert Argumente und die Bereitschaft, einander zuzuhören.

Doch die Debatten drehen sich so schnell und sind so laut, dass die Besonnenen niemand mehr hört. Zugleich geht es ruppig und unversöhnlich zu. Dafür oder dagegen. Freund oder Feind. Schwarz oder weiß. Der Vorwurf, der andere sei ein Rassist, Klimaleugner, Frauenfeind oder Sozialist, ist nur einen Tweet entfernt.

Die sozialen Medien verstärken die Aufregung. Auch wenn es, wie etwa bei Twitter, oft vor allem Politiker und Journalisten sind, die sich gegenseitig anstacheln, schwappt Empörung dann schnell aus dem Netz in die öffentliche Debatte.

Es gibt viel, über das gestritten werden muss. Ungerechtigkeit, Rassismus, Flüchtlingshilfe, Krieg und Frieden, die Umwelt. Aber mehr Sachlichkeit würde uns allen guttun.

Hätte Jesus einen Twitter-Account gehabt, der in Matthäus 5:44 zitierte Satz hätte nicht besser passen können: „Liebet eure Feinde; segnet, die euch fluchen; tut wohl denen, die euch hassen; bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen“. In diesem Sinne: Frohe Weihnachten!