Die Teilnahme an den Bundestagswahlen vom Ausland aus ist nicht immer einfach. Das schreckt in diesem Jahr aber nicht viele ab.
Wahlunterlagen nicht angekommen„Megafrustrierend“ – Viele Deutsche im Ausland werden nicht wählen können

Für Deutsche im Ausland ist es 2025 oft schwierig, an der Bundestagswahl teilzunehmen.
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Der vorgezogenen Bundestagswahl wird von den Deutschen offenbar eine besondere Bedeutung zugemessen. Laut dem Portal Statista gaben bei einer am 14. Februar veröffentlichten Umfrage rund 87 Prozent der Befragten an, ein (sehr) starkes Interesse an der Wahl zu haben. Nur 12 Prozent aller Befragten haben weniger oder gar kein Interesse daran. Dies ist laut ZDF-Politbarometer ein deutlich höherer Wert als in dem vergleichbaren Zeitfenster vor der letzten Bundestagswahl im September 2021, als das Interesse bei nur 76 Prozent lag.
Auch bei den Auslandsdeutschen sieht es ähnlich aus. Hier gibt es Rekordwerte beim Eintrag in die Wählerverzeichnisse der Kommunen. Das berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) und beruft sich dabei auf aktuelle Zahlen von Bundeswahlleiterin Ruth Brand. Demnach hatten sich bis Montag (17. Februar) bereits 210.297 im Ausland lebende deutsche Staatsbürger ins Wählerverzeichnis eintragen lassen. 2021 waren dies nur knapp 130.000 Personen. Dies sind 2025 also gut 60 Prozent mehr als bei den letzten Bundestagswahlen.
Auslandsdeutsche mussten Antrag auf Eintrag in Wählerverzeichnisse stellen
Auslandsdeutsche sind Staatsbürger, die nicht mehr in Deutschland gemeldet sind. Da sie über keinen Wohnsitz in Deutschland verfügen, sind sie nicht automatisch im Wählerverzeichnis eingetragen. Allerdings dürfen sie unter bestimmten Bedingungen wählen. Dazu müssen sie einen Antrag bei der zuständigen Gemeinde stellen. Das ist möglich, wenn die Personen in den zurückliegenden Jahren mindestens drei Monate ununterbrochen in Deutschland gelebt haben.
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Ein weiterer Grund für einen Eintrag im Wählerverzeichnis kann sein, wenn die im Ausland lebende Person aus anderen Gründen „persönlich und unmittelbar Vertrautheit mit den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland erworben hat und von ihnen betroffen ist“. Die Personengruppe, die aus diesem Grund einen Antrag stellt, dürfte deutlich kleiner sein als die erste.
Zahl der Auslandsdeutschen ist unklar
Eigentlich endete die Frist für eine Eintragung im Wählerverzeichnis am 2. Februar. Allerdings kann es nach Auskunft von Bundeswahlleiterin Brand noch Nachmeldungen geben und es könnten auch „weiterhin noch Anträge bewilligt werden, wenn nachgewiesen wird, dass die Antragsfrist ohne Verschulden versäumt wurde“.
Wie das Auswärtige Amt (AA) auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mitteilt, gibt es im Ausland keine gesetzliche deutsche Meldepflicht. Daher weiß man nicht genau, wie viele Deutsche tatsächlich im Ausland leben. Schätzungen gehen von 3 bis 4 Millionen aus. Die Eintragungen in die Wählerverzeichnisse von 2021 (knapp 130.000 insgesamt) ließen den Schluss zu, dass der überwiegende Anteil in Europa oder der EU (110.000) lebt, ein weiterer Teil in den USA (7.700) und sich der Rest auf Kanada, Asien, Afrika und Australien verteilt. Zu aktuellen Zahlen gibt es noch keine Auskunft.
Wahl vom Ausland aus ist logistische Herausforderung
Deutsche, die sich nur vorübergehend im Ausland aufhalten und nach wie vor mit Wohnsitz in Deutschland gemeldet sind, werden von Amts wegen ins Wählerverzeichnis eingetragen und müssen, um aus dem Ausland wählen zu können, lediglich Briefwahlunterlagen bei ihrer Gemeindebehörde beantragen. Sie müssen keinen Antrag auf Aufnahme ins Wählerverzeichnis stellen, sondern können die Briefwahl direkt wie Menschen vor Ort beantragen.
Doch egal, ob Auslandsdeutsche(r) oder einfach nur temporär im Ausland: Die Wahl ist eine logistische Herausforderung, denn die Briefwahlunterlagen mussten rechtzeitig bei den Wählenden ankommen und auch bis zum 23. Februar wieder beim Wahlamt der zuständigen Kommune eintreffen. Innerhalb von Europa ist dies normalerweise aufgrund der funktionierenden Post kein Problem. Auch in die USA und Kanada können Wählerinnen und Wähler auf Expresspostdienste setzen – eigentlich.
Auswärtiges Amt setzt Kurierdienst ein
Außerhalb Europas und Nordamerikas ist die Lage oft anders und insbesondere in diesem Jahr, da alle Fristen sehr kurz sind, angespannt. Die Stimmzettel konnten überhaupt erst ab dem 30. Januar gedruckt werden, danach begann der Versandt der Unterlagen. Um möglichst vielen Deutschen im Ausland die Wahlteilnahme zu ermöglichen, öffnete das Auswärtige Amt den amtlichen Kurierweg für den Versand und Rückversand der Briefwahlunterlagen.
Die Deutschen konnten sich ihre Briefwahlunterlagen mit den Kurierflügen in die jeweilige deutsche Auslandsvertretung schicken lassen und auch wieder dort abgeben, damit sie mit dem Flieger wieder nach Berlin gehen und von dort per Post in die kommunalen Wahlämter. Je nach Land wurde dies aber knapp. Einige Vertretungen veröffentlichten Deadlines auf ihren Homepages: „Kurierschluss für Rücksendung von Wahlunterlagen über den Botschaftskurier ist der 18. Februar 2025, 19 Uhr“, hieß es da beispielsweise bei der Botschaft in Kairo.
Wahlunterlagen müssen bis zum 21. Februar in Kurierstelle des AA sein
Das Auswärtige Amt teilt dazu mit: „Alle Wahlunterlagen, die bis Freitag, den 21. Februar 2025, bei der Kurierstelle im Auswärtigen Amt eingehen, werden noch rechtzeitig innerhalb Deutschlands versendet werden können. Auch am Samstag, 22. Februar 2025, wird das Auswärtige Amt per Kurier eingetroffene Wahlbriefe noch in die Post geben, da von Seiten der Post versichert wurde, dass die Briefe rechtzeitig ankommen.“ Die Mitarbeitenden des Auswärtigen Amtes schieben also auch Sonderschichten.
Es werden in der letzten Woche vor dem 23. Februar noch viele Sonderkuriere eingesetzt. Dennoch wird für einige Länder die Zeit knapp. „Wenn man beispielsweise in der Hauptstadt wohnt, dann ist es vielleicht eine Fünf-Minuten-Autofahrt zur deutschen Botschaft und zur Abgabe der Wahlunterlagen. Wenn man aber irgendwie draußen auf dem Land wohnt, dann mag das eine Tagesreise oder mögen das zwei Tagesreisen sein. Das ist dann einfach schwieriger“, so ein Mitarbeiter des Auswärtigen Amts.
Wahlunterlagen in den USA und anderen Ländern nicht angekommen
Unterdessen häufen sich die Berichte von Menschen, die tatsächlich ihre Wahlunterlagen noch nicht bekommen haben. So schreibt der US-Korrespondent des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND), er werde in diesem Jahr zum ersten Mal in seinem Leben bei einer Bundestagswahl nicht wählen können. „So wie mir geht es vielen. Ich kenne keinen Auslandsdeutschen in den USA, bei dem die Wahlunterlagen dieses Mal rechtzeitig eingetroffen wären“, schreibt Karl Doemens.
Auch der „Spiegel“ berichtet von Deutschen, die in den USA leben und ihre Unterlagen nicht bekommen haben. Sie hätten sich oft bereits frühzeitig ins Wahlregister eintragen lassen, dennoch hätten sie keine Post aus Deutschland bekommen. Das sei inakzeptabel, wird eine Auswanderin aus Nordrhein-Westfalen zitiert. Sie erwägt eine Beschwerde beim Bundestag.
Auch der ARD-Journalist Peter Hornung ist empört, weil er wohl nicht wählen kann. Er lebt in Neu-Delhi und schreibt bei X, dies sei „megafrustrierend“. Auch vielen anderen Bekannten sei es so ergangen. Er will die Fälle nun sammeln.
Unter seinem Post meldet sich die „Welt“- Korrespondentin aus Singapur. Sie selber habe ihre Unterlagen zwar bekommen, viele andere aber nicht, schreibt sie. Die Probleme scheint es sowohl auf dem Post- als auch auf dem Kurierweg zu geben.
Bundeswahlleiterin Brand hatte vor kurzen Fristen gewarnt
Das Wahlgesetz sieht vor, dass die Wahlunterlagen im Original von Deutschland aus verschickt werden müssen. Eine Garantie, dass die Unterlagen per Kurier rechtzeitig in den Auslandsvertretungen ankommen, auf diesem Weg zurück nach Berlin gehen und dann zu den kommunalen Wahlämtern weitergeschickt werden, gibt es nicht.
Auf die Gefahr durch die kurzen Fristen hatte Bundeswahlleiterin Brand schon im November hingewiesen, als sie ausdrücklich vor „unabwägbaren Risiken“ einer vorgezogenen Bundestagswahl im Februar warnte. Sie sah die Gefahr, dass „das Vertrauen in die Integrität der Wahl verletzt werden könnte“.
Trotz der Probleme rechnet man im Auswärtigen Amt nicht damit, dass die Zahl derer im Ausland, die aufgrund des Termindrucks nicht wählen können, so groß ist, dass die Legitimität der Wahl infrage stehen könnte.