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Zehntausende applaudieren bei XAuswärtiges Amt entlarvt Moskaus dreiste Lüge – und wird gefeiert

Lesezeit 4 Minuten
Friedrich Gaus (l.), Joachim von Ribbentrop, Josef Stalin und Wjatscheslaw Molotow bei der Unterzeichnung des sogenannten „Molotow-Ribbentrop-Paktes“. (Archivbild)

Friedrich Gaus (l.), Joachim von Ribbentrop, Josef Stalin und Wjatscheslaw Molotow bei der Unterzeichnung des sogenannten „Molotow-Ribbentrop-Paktes“. (Archivbild)

Erst bekommt Donald Trump eine spitze Antwort aus Deutschland, nun Moskaus Außenministerium. Die Belustigung im Netz ist riesengroß.

Das Auswärtige Amt hat im sozialen Netzwerk X die Geschichtsklitterung der Russischen Föderation bloßgestellt – und damit für viel Zuspruch auf der Plattform gesorgt. Am 17. September hatte das russische Außenministerium bei X einen Beitrag und ein Video veröffentlicht, in dem behauptet wird, Russland habe am 17. September 1939 „eine Militäroperation in den östlichen Gebieten Polens“ gestartet und damit den „Völkermord an der Bevölkerung West-Weißrusslands und der Westukraine“ verhindert.

In dem dazu veröffentlichten Video heißt es schließlich: „Die Versuche der westlichen akademischen Gemeinschaft und der Medien, die UdSSR als Aggressor darzustellen, stehen im Widerspruch zur historischen Wahrheit und zu den Fakten.“ Tatsächlich steht jedoch die Darstellung des Moskauer Ministeriums „im Widerspruch zur historischen Wahrheit und zu den Fakten“ und kommt Geschichtsklitterung gleich – daran erinnerte am Donnerstag schließlich auch das deutsche Außenamt.

Auswärtiges Amt kommentiert russische Lüge bei X: „Ernsthaft?“

„Seriously?“ („Ernsthaft?“) schrieben die Diplomaten von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in einer Antwort bei X – und veröffentlichten eine Karte, die die Absprachen des Molotov-Ribbentrop-Paktes zwischen Nazi-Deutschland und der Sowjetunion darstellt. Zusätzlich versah das deutsche Außenamt den Beitrag mit den Hashtags „MolotovRibbentropPact“ und „HitlerStalinPact“.

Alles zum Thema Annalena Baerbock

Die Nutzerinnen und Nutzer von X nutzten zudem die Möglichkeit, den russischen Beitrag mit einer sogenannten Community Note („Hinweis der Gemeinschaft“) zu versehen. „Die UdSSR überfiel Polen im Rahmen des Molotow-Ribbentrop-Pakts. Während des Einmarsches töteten sie 7.000 Polen und nahmen 320.000 Polen als Kriegsgefangene. Später wurden 22.000 Polen während des Massakers von Katyn hingerichtet“, war fortan unter dem russischen Beitrag zu lesen.

Die Wortmeldung der deutschen Diplomaten, die zuletzt schon mit einem spöttischen X-Beitrag in Richtung des früheren US-Präsidenten Donald Trump für Aufsehen gesorgt hatten, bekam auf der Plattform in der Folge extrem viel Zuspruch. Bis zum Samstagmittag versahen mehr als 47.000 X-Nutzer den Beitrag mit einem „Like“, mehr als 3,7 Millionen mal wurde der Beitrag zudem seit seiner Veröffentlichung angesehen. Zum Vergleich: Der russische Ausgangspost sammelte bis dahin knapp über 2.500 Zustimmungsbekundungen.

Josef Stalin und Joachim von Ribbentrop beim Handschlag im August 1939. (Archivbild)

Josef Stalin und Joachim von Ribbentrop beim Handschlag im August 1939. (Archivbild)

Der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt aus dem Jahr 1939 ist auch als „Molotow-Ribbentrop-Pakt“ oder auch „Hitler-Stalin-Pakt“ bekannt. Der Pakt garantierte dem Deutschen Reich die sowjetische Neutralität für den vorbereiteten Angriff auf Polen und den Fall eines möglichen Kriegseintritts der Westmächte. Ein geheimes Zusatzprotokoll „für den Fall einer territorial-politischen Umgestaltung“ rechnete zudem den größten Teil Polens sowie Litauen der deutschen Interessensphäre zu. Ostpolen, Finnland, Estland, Lettland und Bessarabien sollten derweil der sowjetischen Interessensphäre zufallen.

Auswärtiges Amt bekommt Lob: „Deutschland hat das Internet gewonnen“

Die Wehrmacht marschierte schließlich am 1. September 1939 in Polen ein und begann damit den Zweiten Weltkrieg. Die Rote Armee folgte am 17. September 1939 und besetzte ebenfalls Gebiete in Polen. Mit dem Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 brach das Deutsche Reich schließlich die zuvor mit Moskau geschlossenen Verträge.

Die Reaktion der deutschen Diplomaten sei „brillant“ befanden angesichts dieser Tatsachen viele Nutzerinnen und Nutzer bei X. Einer erklärte: „Ich weiß nicht, wer den Account betreut, aber ich bin beeindruckt.“ Ein anderer befand: „Deutschland hat das Internet gewonnen“, der nächste lobte derweil den „deutschen Humor“.

Ukraine trollt Russland nach Polen-Lüge mit beliebtem Meme

Schließlich schaltete sich auch das ukrainische Außenministerium ein – und veröffentlichte ein Meme, das auf einem im Netz beliebten Muster basiert, unter dem russischen Beitrag. Dort sieht man zunächst eine Gans, die fragt: „Wer hat einen Pakt mit den Nazis gemacht, um Polen aufzuteilen?“, gefolgt von einem zweiten Bild, in dem die Gans einen Menschen, der eine russische Fahne auf sich trägt, vor sich her scheucht und erneut fragt: „Wer war das?“

Die deutsche Antwort auf die russische Lüge sorgte jedoch auch unter Politikwissenschaftlern und Osteuropa-Experten für großen Zuspruch. An dem „saftigen Kommentar“ des Auswärtigen Amtes könne man deutlich erkennen, „welche Nation ihre Vergangenheit aufgearbeitet hat und nicht mehr in andere einmarschiert und welche nicht“, befand der Politikwissenschaftler und „Novaya Gazeta“-Kolumnist Aleksandar Djokic.

Russlands vorgeschobene Kriegsgründe: „Erschreckend aktuell“

Zuvor hatten bereits am 18. September, anlässlich des 85. Jahrestages des sowjetischen Einmarsches in Polen, einige Historiker an die damalige Zusammenarbeit zwischen Nazi-Deutschland und der Sowjetunion erinnert. So verwies der Russland-Experte Matthäus Wehowski bei X auf die Berichterstattung im „Völkischen Beobachter“ vom 19. September 1939 - und betonte die Parallelen, die sich zur Gegenwart finden lassen.

Demnach hatten die Sowjetunion und das Dritte Reich ihre „gemeinsame ‚Spezialoperation‘“ mit der „zynischen Botschaft“ begründet, dass in Polen „Ruhe und Ordnung“ hergestellt und der Bevölkerung geholfen werden müsse, erklärte Wehowski. Die damaligen Begründungen ähnelten damit jenen, die Russland für seinen Angriff auf die Ukraine vorbringt und seien „erschreckend aktuell“, fügte Wehowski an.