Nach Frankreichs RückzugZukunft der Bundeswehr-Einsätze in Mali offen
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Berlin – Die Entscheidung Frankreichs zum Abzug seiner Truppen aus Mali hat in Deutschland die Debatte über die Zukunft des Bundeswehreinsatzes dort angeheizt. Vertreter der Bundesregierung ließen am Donnerstag zunächst zwar offen, ob die bis Ende Mai befristete Beteiligung der Bundeswehr an zwei Mali-Einsätzen verlängert werden soll.
Auswärtiges Amt und Bundesverteidigungsministerium zeigten sich aber sehr besorgt über die schwierigen politischen Begleitumstände des Einsatzes unter der malischen Militärjunta. Die deutschen Soldaten in dem afrikanischen Krisenland engagieren sich in zwei internationalen Einsätzen: Bei der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali, in der malische Streitkräfte ausgebildet werden, und bei der UN-Stabilisierungsmission Minusma, die zum Schutz der Zivilbevölkerung beitragen soll.
Als politisch schwierig gilt derzeit insbesondere die Mission EUTM Mali: Hier wird die malische Armee ausbildet, deren Vertreter eine demokratisch gewählte Regierung aus dem Amt geputscht hatten. Möglicherweise wird die Bundesregierung unterschiedliche Entscheidungen bei der Verlängerung des EU- und des UN-Einsatzes treffen.
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) sagte, sie sei „sehr skeptisch“, ob das Bundeswehrmandat für EUTM Mali aufrecht erhalten werden könne.
Auch die Beteiligung an der UN-Stabilisierungsmission Minusma stehe in Frage. Außen-Staatsministerin Katja Keul (Grüne) erklärte: „Wir müssen unterscheiden zwischen der EU-Ausbildungsmission EUTM Mali und der UN-Stabilisierungsmission Minusma, die bei der Umsetzung des Friedensabkommens unterstützt und zum Schutz der Zivilbevölkerung beiträgt.“
Voraussetzung für den Verbleib der Bundeswehr sei der Schutz der Soldaten und Soldatinnen
Abgesehen von den politischen Erwägungen steht das Engagement der Bundeswehr auch aus ganz praktischen Erwägungen in Frage: Der Abzug der Franzosen dürfte eine Lücke bei der UN-Mission Minusma reißen, weil die Franzosen dort bisher den Schutz der Soldaten mit Kampfhubschraubern gewährleisten und auch ein Lazarett stellen. „Für uns stellt sich nun die Frage, wer die Fähigkeiten, unsere Soldaten und Soldatinnen aus der Luft zu schützen, nun kompensiert“, sagte die Vorsitzende des Bundeswehr-Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), der Nachrichtenagentur AFP.
Eine Voraussetzung für einen möglichen Verbleib der Bundeswehr sei, „dass unsere Soldaten und Soldatinnen bestens geschützt werden müssen“. Verteidigungsministerin Lambrecht sagte in Brüssel, wenn der militärische Beitrag der Franzosen nun wegfalle, müsse „dringend eine Lösung“ gesucht werden - etwa durch eine Unterstützung durch Frankreich aus dem benachbarten Niger oder durch andere Partner. Das wäre nach ihren Angaben aber „ein völlig verändertes Mandat“ und müsste mit dem Bundestag neu diskutiert werden.
Frankreich hatte vor allem politische Probleme mit der Militärjunta in Bamako für seine Abzugsentscheidung geltend gemacht: Der Élysée-Palast verwies auf die Verschiebung der Wahlen und „zahlreiche Behinderungen“ durch die malische Militärjunta. Ministerin Lambrecht und Staatsministerin Keul schlossen sich dieser Kritik Frankreichs ausdrücklich an und zeigten Verständnis für die Rückzugsentscheidung.
Bisher knapp zwei Milliarden Euro Kosten für den Einsatz der Bundeswehr in Mali
Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU) warnte die Bundesregierung davor, dem Beispiel Frankreichs zu folgen. „Das darf nicht das Ende des kompletten internationalen Engagements sein - gerade auch nicht des deutschen“, erklärte Wadephul. Beide Missionen - Minusma und EUTM Mali - seien wichtig. Ein Abzug würde ein sicherheitspolitisches Vakuum in Mali schaffen, das von Dschihadisten oder von russischen Verbänden gefüllt werden könnte.
Einen Komplettabzug der Bundeswehr forderte hingegen die Linksfraktion. „Der militärische Abzug der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich aus Mali ist richtig und überfällig“, erklärte deren Außenexpertin Sevim Dagdelen. „Berlin muss seinerseits die Reißleine ziehen und die deutschen Soldaten umgehend aus dem westafrikanischen Land zurückholen.“
Der Einsatz der Bundeswehr in Mali hat bisher knapp zwei Milliarden Euro gekostet. Dies berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland am Donnerstag unter Berufung auf das Einsatzführungskommando. Dabei handele es sich um „einsatzbedingte Zusatzausgaben“. Die Kosten des Afghanistan-Einsatzes beliefen sich auf rund zwölf Milliarden Euro.
Roth: Bundeswehr-Engagement nur teilweise vertretbar
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), hält das Engagement der Bundeswehr in Mali auch nach einem Rückzug der Franzosen vom dortigen Anti-Terror-Einsatz nur teilweise für vertretbar. „Vor dem Hintergrund der französischen Abzugspläne müssen wir stets verantwortungsvoll abwägen, welche Folgen ein mögliches Ende der deutschen Einsätze für die eh schon von Instabilität geprägte Sahelregion hätte. Denn dann werden möglicherweise andere Mächte wie Russland oder China in dieses Vakuum stoßen“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Freitag).
Die Bundeswehr ist in zwei Missionen in Mali engagiert: in der UN-Mission Minusma, die auf Stabilisierung und Aufklärung ausgerichtet ist, und in der EU-geführten Mission zur Ausbildung des Militärs in Mali (EUTM).
Zweifel an Ausbildungsmission
Eine Fortführung der UN-Stabilisierungsmission Minusma hält Roth für „vertretbar“, wie er sagte. Anders sehe es bei der EU-Ausbildungsmission EUTM aus. „Wollen wir wirklich malische Kräfte ausbilden, die dann möglicherweise im Auftrag einer demokratisch nicht legitimierten Militärjunta an der Seite von russischen Söldnern kämpfen? Ich habe angesichts der aktuellen Lage in Mali große Zweifel, ob wir diesen Einsatz so fortführen sollten.“ Auch Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte bereits starke Skepsis an einer Fortsetzung dieses Einsatzes angemeldet.
Der Vizevorsitzende des Verteidigungsausschusses, Henning Otte (CDU), sagte in einer Mitteilung mit Bezug auf EUTM: „Dort wird zu wenig und zu schlecht ausgebildet. Weil eben auch keine Ausrüstung vor Ort ist.“ Er forderte eine klares Rahmenkonzept der EU. Solange dieses nicht vorliege, sollte diese Mission ausgesetzt werden.
In Mali sind derzeit rund 1300 deutsche Soldatinnen und Soldaten im Einsatz: rund 300 für EUTM Mali/Niger, die anderen für Minusma. Beide Missionen laufen Ende Mai aus. Frankreich und mehrere Partner hatten zuvor mitgeteilt, ihren außerhalb dieser Missionen geführten militärischen Anti-Terror-Einsatz in Mali zum Juni zu beenden. (afp/dpa)