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Bilanz nach einem JahrDas sind die fünf Tops und Flops der Ampel-Regierung

Lesezeit 3 Minuten
ARCHIV - 26.11.2021, Berlin: Eine Ampel leuchtet in einer Aufnahme mit Langzeitbelichtung am Morgen vor dem Reichstagsgebäude in allen drei Phasen.

Eine Ampel vor dem Reichstagsgebäude (Symbolbild)

Eine Übersicht über die wichtigsten Erfolge und größten Versäumnisse der Koalition von SPD, Grünen und FDP

Was hat die Ampel-Regierung in ihrem ersten Jahr erreicht, was hat sie vergeigt? Die Parteienforscher Jürgen Falter und Ursula Münch sparen nicht mit Kritik – aber Lob gibt es auch.

Das sind die fünf größten Flops

Gasumlage: Wirtschaftsminister Robert Habeck wollte Verbraucher an der Rettung der Gasversorger beteiligen. Das hätte die Rechnungen noch teurer gemacht. Der Irrweg wurde erst nach monatelangem Streit verlassen.

Energiewende: Falters Vorwurf an die Grünen: „Dass man nicht sagt: ,Klar, wir wollen raus, aber wenn es die dringende Notwendigkeit gibt, dann laufen die Akw halt noch ein Jahr länger, anstatt mehr Kohle zu verfeuern und das Klima zu schädigen.‘“ Scholz überlasse die Energiewende Habeck und anderen Ministern, dabei brauche es gerade hier auch eine „Zeitenwende“, sagt Münch. „Es gibt einen spürbaren Unmut in der Bevölkerung und in der Wirtschaft darüber, dass nach dem Prinzip Hoffnung gehandelt, aber nicht genug unternommen wird, um das Energieangebot etwa durch längere Laufzeiten der Kernkraftwerke zu erhöhen. Der Kanzler hat sich aus der Frage rausgehalten, das wird den Sorgen der Menschen nicht gerecht.“

Bundeswehr: „Munition für einen Tag zur Vollverteidigung? Das ist doch der größte Skandal, den man sich vorstellen kann“, sagt Falter. „Wenn man schon sowas ankündigt wie eine Zeitenwende, muss man liefern“, sagt Münch. Inzwischen sei das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung berührt. Auch das versprochene Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben verfehlt die Ampel.

Kommunikation: Kanzler Scholz gilt als Besserwisser. Die Bevölkerung fremdelt auch nach einem Jahr noch mit ihrem Kanzler. Und Frankreich und andere europäische Partner fühlen sich nicht einbezogen. „Das muss man ernst nehmen“, sagt Münch.

Entlastungslücken: Beim großen Entlastungspaket im Sommer wurden Rentner, Studenten - und der Mittelstand gleich ganz vergessen. Später wurde nachgebessert. Die Energiepreispauschale von 300 Euro, die alle anderen schon im September erhielten, kommt für Rentner und Studenten erst im Dezember. Von den geplanten Energiebremsen profitiert außerdem nicht, wer mit Holz oder Öl heizt – obwohl auch hier die Preise explodieren.

Grafik zur Zufriedenheit mit der Regierung

Grafik zur Zufriedenheit mit der Regierung

Das sind die fünf wichtigsten Tops

Gasbeschaffung: LNG-Terminals wurden aus dem Boden gestampft und auf Teufel komm raus Gas gekauft. Das war zwar irre teuer und eine brachiale „Deutschland first“-Politik. Aber eine Gasmangellage mit desaströsen Folgen konnte abgewendet werden.

Doppelwumms: Es hat Ewigkeiten gedauert, und erst kommende Woche muss der Bundestag den Gas- und Strompreisbremsen noch zustimmen. Aber wer Energie spart und nicht mit Öl oder Pellets heizt, wird glimpflich durch diesen und den nächsten Winter kommen, obwohl die Preise explodiert sind.

Ukraine-Krieg: Die Ukraine wird wirtschaftlich und militärisch unterstützt, aber mit Maß, um Deutschland nicht selbst Kriegspartei werden zu lassen: „Es war eine beachtliche Leistung von Kanzler Olaf Scholz, dem Druck der Öffentlichkeit (auf Lieferung von Kampfpanzern) nicht nachzugeben“, findet Münch. Scholz wurde für seine China-Reise scharf kritisiert. Aber er hat es – gemeinsam mit US-Präsident Joe Biden – geschafft, Peking dafür zu gewinnen, Putin vor dem Einsatz von Atomwaffen zu warnen.

Mindestlohn: Die Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro hilft sechs Millionen Geringverdienern und bedeutet, dass sich das Arbeiten – trotz Bürgergeld - noch lohnt.

Corona: Die FDP hat die allgemeine Impfpflicht verhindert, obwohl der Kanzler sie wollte. Weil die Horror-Mutante ausgeblieben ist, war das ein Segen. Die Umsetzung einer Impfpflicht hätte das Land vor eine Zerreißprobe gestellt.