Die Bundesregierung will Teams des THW zur Hilfe entsenden, viele weitere Länder haben Hilfe angeboten. Die Lage ist noch unübersichtlich.
Verheerendste Katastrophe seit JahrzehntenMehr als 2000 Tote nach Erdbeben in Marokko – breite Hilfe weltweit
Nach dem schweren Erdbeben in Marokko mit mehr als 2000 Toten haben mehrere Länder dem nordafrikanischen Land ihre Hilfe angeboten. Die Vorbereitungen des Technischen Hilfswerks (THW) liefen, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. „Sobald wir mehr Informationen haben, welche Hilfe konkret benötigt wird, können wir unsere Spezialisten nach Marokko entsenden.“ Am Tag nach der Naturkatastrophe war das ganze Ausmaß der Schäden zunächst noch unklar.
Das Beben hatte sich am späten Freitagabend um 23.11 Uhr Ortszeit ereignet. Nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS hatte es eine Stärke von 6,8, laut dem Helmholtz-Zentrum Potsdam von 6,9. Das Epizentrum lag gut 70 Kilometer südwestlich von Marrakesch im Atlasgebirge. Dem USGS zufolge ereignete sich das Beben in einer Tiefe von 18,5 Kilometern. Erdbeben in einer solch geringen Tiefe sind laut Experten besonders gefährlich.
Erdbeben in Marokko: Mindestens 2000 Tote nach schwerer Naturkatastrophe
Nach Offiziellen Angaben vom späten Samstagabend (Ortszeit) kamen mindestens 2012 Menschen ums Leben. Mindestens 2059 weitere Menschen erlitten laut Innenministerium Verletzungen. Es wird damit gerechnet, dass die Zahl der Toten und Verletzten weiter steigt. Betroffen waren Gebiete des Atlasgebirges bis zur Altstadt von Marrakesch.
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Rettungskräfte in mehreren Ländern packten bereits Hilfsmittel zusammen - für den Fall, dass sie von Marokko angefordert werden. „Die Zeit läuft“, sagte Julián Hidalgo, Koordinator der spanischen Hundestaffel der Feuerwehr von Sevilla. Die Chancen, noch Überlebende unter den Trümmern zu finden, schwänden von Stunde zu Stunde.
Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen nahmen nach eigenen Angaben Kontakt zu den marokkanischen Behörden auf, um Teams in das Katastrophengebiet zu entsenden. „Fest steht, die Menschen in den Katastrophenregionen brauchen nun dringend humanitäre Hilfe“, sagte Christian Reuter, Generalsekretär des Deutschen Roten Kreuzes (DRK).
THW könnte bei Erdbeben in Marokko zum Einsatz kommen
Einem Sprecher des THW zufolge sind etwa Bergungsteams oder Wasseraufbereitungsanlagen denkbar. Auch Retter der Hilfsorganisation I.S.A.R. Germany und des Bundesverbands Rettungshunde halten sich bereit. Die Einsatzleitungen der beiden Organisationen seien im Lagezentrum in Hünxe in Nordrhein-Westfalen zusammengekommen, im Lager werde alles für einen Einsatz vorbereitet, sagte I.S.A.R.-Sprecher Stefan Heine.
Die Bundesregierung prüfte, ob auch Deutsche unter den Opfern sind. Derzeit lägen keine Kenntnisse darüber vor, dass sich deutsche Staatsangehörige unter den Opfern befinden, hieß es am Samstagnachmittag aus dem Auswärtigen Amt in Berlin. Die Lage in dem Erdbebengebiet sei aber in Teilen noch sehr unübersichtlich. Das Auswärtige Amt stehe in Kontakt mit den lokalen Behörden und Reiseveranstaltern und verfolge die Lage intensiv.
Trümmerhaufen und zerstörte Gebäude: Erdbeben in Marokko hinterlässt gewaltige Schäden
Auf Bildern und Videos in sozialen Netzwerken waren Trümmerhaufen, zerstörte Gebäude und beschädigte Teile der berühmten roten Mauern zu sehen, die die Altstadt von Marrakesch umgeben, ein Unesco-Weltkulturerbe. Andere Videos zeigten schreiende Menschen, die Restaurants in der Stadt verließen. Aus vielen Provinzen wurden Tote gemeldet. Kurz nach dem ersten Beben kam es zu einem Nachbeben der Stärke 4,9. Aus Angst vor weiteren Erschütterungen blieben viele im Freien. Bewohner standen in Straßen oder kauerten auf Gehwegen.
Rettungskräfte suchten unter den Trümmern nach Überlebenden. Es wurde befürchtet, dass die offizielle Zahl der Opfer weiter steigt, wenn die Einsatzkräfte entlegene Regionen erreichen. Die marokkanische Nachrichtenseite Hespress berichtete unter Berufung auf das Innenministerium, die Streitkräfte und der Zivilschutz setzten alle Mittel ein, um Hilfe zu leisten und die Schäden zu begutachten. Demnach gibt es die meisten Schäden außerhalb der Städte.
Das Beben sei in einem Umkreis von 400 Kilometern zu spüren gewesen, sagte Nasser Jabour, Leiter einer Abteilung des Nationalen Instituts für Geophysik, der marokkanischen Nachrichtenagentur MAP. Bei dem Beben wurden auch Teile des Unesco-Welterbes in der Altstadt von Marrakesch beschädigt. Der Regionalleiter des marokkanischen Kulturministeriums, Hassan Hernan, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Das Bild wird erst in 48 Stunden vollständig sein, aber sicher ist, dass der Schaden an wichtigen historischen Stätten in der Altstadt bisher gering ist.“
Olaf Scholz und zahlreiche Politikerinnen und Politiker drücken Mitgefühl aus
International war die Betroffenheit groß. Bundeskanzler Olaf Scholz drückte sein Mitgefühl aus. „In diesen schweren Stunden sind unsere Gedanken bei den Opfern des verheerenden Erdbebens“, teilte der SPD-Politiker auf der Plattform X (früher Twitter) mit. UN-Generalsekretär António Guterres erklärte, die Vereinten Nationen stünden bereit, die Regierung Marokkos zu unterstützen.
EU-Ratspräsident Charles Michel sicherte die Unterstützung der EU zu. Weitere Länder boten humanitäre Hilfe und Unterstützung beim Wiederaufbau an - neben Portugal etwa auch Israel und Großbritannien. Chinas Staatschef Xi Jinping sprach dem König von Marokko sein Beileid aus. Der Papst äußerte in einem Kondolenzschreiben tiefe Trauer. US-Präsident Joe Biden zeigte sich „tieftraurig“.
Erdbeben in Marokko: Türkischer Präsident Erdogan drückt Mitgefühl aus
Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan drückte sein Mitgefühl aus. Der Südosten seines Landes sowie Syrien waren im Februar von einem Erdbeben der Stärke 7,8 betroffen - allein in der Türkei starben mehr als 50 000 Menschen.
Das Beben in Marokko war das tödlichste seit mehreren Jahrzehnten. 1960 gab es eines in der südmarokkanischen Küstenstadt Agadir mit der Stärke 5,8, bei dem Berichten zufolge mehr als 12 000 Menschen ums Leben kamen. (dpa/afp)