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Leverkusener GeschichteSchlebusch ist der Stadtteil mit Herz

Lesezeit 4 Minuten

Obwohl sich Schlebusch nicht an Köln eingemeinden lassen wollte, wurde mit der Straßenbahn eine enge Verbindung geschaffen.

Leverkusen – Auch Schlebusch entsteht, wie Wiesdorf und Opladen, als Streuhofsiedlung – das heißt, um mehrere Höfe bildet sich ein Dorf. Es gibt keinen historischen Ortskern; dort, wo die Kirche in Schlebuschrath stand, befindet sich heute nur noch ein Holzkreuz. Die Bergische Landstraße ist jedoch bereits im Mittelalter eine wichtige Fern- und Handelsstraße zwischen Marseilles und Bremen.

Preußische Übernahme

In der Zeit unter Napoleon wächst die „Mairie“ an, Schlebusch wird gemeinsam mit Lützenkirchen und Steinbüchel verwaltet. Nach der preußischen Übernahme 1816 wird die Verwaltung zur Bürgermeisterei. Die Bergische Landstraße zwischen Bürgermeisterei und Post nimmt an Bedeutung zu.

Erst nach dem Bau der Oulustraße (l.) konnte die Bergische Landstraße vom Verkehr befreit werden.

„Ein neuer Ortskern bildet sich hier, ähnlich wie in Opladen, an der Düsseldorfer und später Kölner Straße“, erzählt Michael Gutbier vom Opladener Geschichtsverein, der die Recherche zu den Stadtzentren unter-stützte. 1837 eröffnet die Familie Kuhlmann den Sensenhammer im Freudenthal.

Alter Rittersitz

Weitere wichtige Einflüsse auf die Entwicklung des Standortes bilden auch die von Diergardts und die Sprengstoffindustrie, die sich in Schlebusch ansiedelt. „Heute noch historisch erhalten sind aus dieser Zeit der »Herkenrath Hof«, das alte Bürgermeisteramt, die Kirche St. Andreas und der »Binnister Hof«, ein alter Rittersitz bei der Post“, zählt Gutbier einige Beispiele auf.

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Schlebusch ist bis ins 19. Jahrhundert größer als Opladen, sowohl in Fläche als auch in Einwohnerzahlen. Im 19. Jahrhundert wachsen die Gemeinden jedoch noch einmal stark an. Die katholische Kirche St. Andreas wird 1891 geweiht und der Freudenthaler Sensenhammer bringt mit seiner Arbeiterschaft auch eine evangelische Gemeinde in den Ort.

Die Bergische Landstraße wurde erst 1993 zur Fußgängerzone – auf Drängen der Schlebuscher Kaufleute.

In den 1920ern und 30ern ist Köln daran interessiert, Schlebusch einzugemeinden. „Doch stattdessen streben die Bürger die Unabhängigkeit und schließlich einen Zusammenschluss zur neuen Stadt Leverkusen an“, weiß Gutbier. Mit der Verlängerung der Mülheimer Straßenbahn nach Schlebusch im Jahr 1928 werde trotzdem eine bessere Verbindung nach Köln geschaffen.

Kommunale Neugliederung

In den 80er Jahren erhält das „Dorf“ nach der Kommunalen Neugliederung der 70er Jahre eine Aufwertung des Stadtzentrums. Gustav Kühler, ehemaliger Betreiber der „Nähszene“ und Begründer des Bauernmarktes, hat die Veränderungen der Fußgängerzone miterlebt und auch durch Eigeninitiative mitgeprägt. „Noch in den 50ern war Schlebusch vom Einzelhandel her unbedeutend“, erzählt der 83-Jährige. „Manfort und Küppersteg waren größere Standorte. Es gab viele kleine Geschäfte, was für diese Zeit jedoch nicht ungewöhnlich war. In den 60ern tat es einen Sprung, als Bayer expandierte.“ In der Folge wurden neue Verkehrswege wie der Südring angelegt.

Katastrophaler Verkehr

„Eine Katastrophe“, erinnert sich Kühler. „Wenn Bayer Schluss hatte, hat man mit dem Auto bis zu eine Stunde nach Schlebusch gebraucht!“ Doch was drohte, war noch schlimmer: Der halbe Ort habe auf der Seite von St. Andreas abgerissen werden sollen, um eine vierspurige Schnellstraße zu schaffen. Kühler gründete 1965 die „Werbegemeinschaft Schlebuscher Kaufleute“.

Gustav Kühler hat als Mitbegründer der der Werbe- und Fördergemeinschaft Schlebusch das Ortszentrum maßgeblich mitgestaltet.

„Wir haben die Straße gesperrt, Initiativen gestartet, Handzettel verteilt“, berichtet der Schlebuscher vom Aufbegehren. „Man hat uns als Querulanten gesehen – und dann wurde das Bauprojekt einfach aufgegeben.“ Gemeinsam mit dem damaligen grünen Bürgermeister Klaus Wolf und dem SPD-Mann Josef Teitscheid habe man schließlich die nun gesicherte Fußgängerzone großangelegt planen können. „Quer durch Deutschland haben wir uns busbefahrene Fußgängerzonen angeguckt“, so Kühler. Doch schnell war dieses Konzept bereits wieder überholt. „Als die Zone 1993 eröffnet wurde, hatten wir eine ganz andere Entwicklung für den Standort.“ Mit dem kleinen Einkaufscenter „Schlebusch Arkaden“ am Klösterchen kamen erstmals größere Läden wie Aldi, Deichmann und Kik nach Schlebusch.

Bekannter Bauernmarkt

Die heutige „Werbe- und Fördergemeinschaft“ brachte verschiedene Feste in den Ortskern, unter anderem das Schützenfest gemeinsam mit der Schützenbruderschaft Sebastianus. Seit 1998 wird zwei Mal in der Woche der Bauernmarkt Am Klösterchen abgehalten. „Dieser Bio-Markt sorgt dafür, dass die Leute von weit her kommen“, weiß Gustav Kühler als letztes noch leben-des Gründungsmitglied der Werbegemeinschaft zu berichten. Zwischen Werbegemeinschaft, Vereinen und Privatpersonen gebe es vor Ort viel „gegenseitige Befruchtung“. Wenn Kühler sich an die Geschäfte erinnert, fallen ihm noch einige ein, die seit mehr als 100 Jahren bestehen, wie das Uhrengeschäft Kessler oder die Adler-Apotheke. „Wir haben immer noch kleine Fachgeschäfte, gute Dienstleister – eine vernünftige Arztdichte, einen Rechtsanwalt, Steuerberater – wir sind gut versorgt“, freut sich der Schlebuscher. „Eine gewisse Lebensqualität ist vorhanden: Im »Stadtteil mit Herz«!“