Pop-Sängerin Lizzo ist am 27. Februar in der Lanxess-Arena zu Gast. Steffen Rüth sprach mit ihr per Zoom über ihren Erfolg und die nötige Balance.
Lizzo vor Konzert in Köln am 27. Februar„In der Schule war ich das dicke Mädchen, das gemobbt wurde“
Lizzo, vor 34 Jahren als Melissa Viviane Jefferson in Detroit geboren, hat seit 2019 eine der atemberaubendsten Pop-Karrieren der letzten Jahrzehnte hingelegt. Seit 2019 stehen ihr mit ihrem Album „Cuz I Love You“ sowie den Singles „Juice“ und insbesondere „Truth Hurts“ die Türen plötzlich alle offen. Vier Grammys hat die erfrischend forsche Pop-R&B-Disco-Soul-Sängerin seither gewonnen.
Was bedeuten Ihnen Auszeichnungen und Preise, zum Beispiel ihre bisher vier Grammys?
Das Komische ist: Ich hatte es zu Anfang meiner Laufbahn nicht darauf angelegt, auch nur einen einzigen Grammy zu gewinnen. Es ging mir nicht um den Erfolg an sich. In mir loderte vielmehr der Ehrgeiz, Musik zu machen, hinter der ich selbst absolut stehen und mit der ich anderen Menschen ein Supergefühl geben kann. Die Auszeichnungen sind eher das Symptom meiner Hartnäckigkeit, Zielstrebigkeit und Entschlossenheit.
Alles zum Thema Lanxess Arena
- Konzert in Köln Kygo bringt das große Show-Besteck in die Lanxess-Arena
- 5 Tipps der Redaktion Scooter, Pizza-Pop-up und Bücherzirkus – das geht am Wochenende in Köln
- Verspäteter Sessionsauftakt „Elfter im Elften“ in der Arena feiert Besucherrekord - und die Jecken die neuen Hits
- Deutsche Eishockey Liga Kölner Haie beißen sich die Zähne aus
- Konzert in Lanxess-Arena in Köln „Cigarettes After Sex“ verzückt mit melancholischer Dauerschleife
- Partys, Termine, Motto Kölner Karneval 2024/5 – Alles, was Sie zum 11.11. wissen sollten
- „Unter einem guten Stern“ Cat Ballou veröffentlicht Album - Sphärische Klänge unterm Pop-Himmel
Erwartet haben Sie diesen Triumph also nicht?
Gott, nein. Ich finde es bis heute kaum fassbar, dass ich Millionen von Menschen mit meiner Musik und auch mit meinem Leben berühre und inspiriere. Das macht mich so dankbar, so glücklich. In der Schule war ich das dicke Mädchen, das von den anderen gemobbt wurde. Großartigkeit war ganz sicher nichts, das mir auch nur irgendjemand zugetraut hätte. Und als Kind war ich ziemlich leise und ängstlich, ich hatte noch kein großes Mundwerk. Ich spielte in der Schule Flöte. Ich war das Gegenteil von cool. Ich dachte, wenn ich genug Geld mit der Musik verdiene, um keinen anderen Job machen zu müssen, bin ich zufrieden. Heute kann ich meine Familie unterstützen, und die Menschen singen überall auf der Welt meine Lieder mit. Ich fühle mich gesegnet.
Sie mussten härter für den Erfolg kämpfen als andere, oder?
Total! Als kräftiges, schwarzes Mädchen fühlte ich mich lange Zeit außen vor. Nicht zugehörig. Ja, es hat Kraft erfordert, mich durchzusetzen. Die Wahrscheinlichkeiten standen nicht auf meiner Seite. Ich denke, ich konnte einige Stereotypen beseitigen oder wenigstens mithelfen, dass sie beseitigt werden. Aber am Ziel einer gleichberechtigten Gesellschaft sind wir noch lange nicht angekommen.
„About Damn Time“, die erste Single Ihres Albums „Special“, ist eine furios fetzige Disco-Nummer. Geht es darum, sich nicht abspeisen oder kleinmachen zu lassen?
Mein Leben der letzten Jahre war nicht nur von Hochs, sondern auch von Tiefs gekennzeichnet. Aktuell habe ich es geschafft, im Moment zu leben, lustvoll und glücklich zu sein. Ich habe - auch, wenn das gerade komisch klingt angesichts der Weltlage – meinen inneren Frieden gefunden, während draußen vor meiner Haustür Konfusion und Schrecken herrschen. „Das Lied handelt davon, sich mit diesen Widersprüchen irgendwie zu arrangieren, Freude im Chaos und Ruhe im Sturm zu finden. „About Damn Time“ ist meine Zeitmaschine. Der Song soll die Menschen ins Hier und Jetzt transportieren und ihnen das Hadern mit der Vergangenheit, aber auch das Ängstigen über die Zukunft austreiben.
Das sagt sich so leicht.
Leider wahr. Ich kenne das ja selbst. Sorgen sind meine ständigen Begleiterinnen. Ich bin jetzt berühmt, aber meine Ängste und meine psychischen Schwankungen sind dadurch nicht verschwunden. Die Reise zur Selbstliebe ist keine Kurzstrecke. Und am Ende lautet das Ziel: Mich nicht nur zu akzeptieren und zu tolerieren, sondern mich richtig gern zu haben. Ich muss mir immer wieder selbst sagen, dass ich gut genug bin, so wie ich bin. Und ich darf nicht vergessen, mich zu belohnen.
Womit zum Beispiel?
Entscheidend sind die kleinen Freuden des Alltags. Celebrate the small things! Ich habe von meiner besten Freundin Sophia , die bei mir auf der Bühne als DJane arbeitet und meistens mit mir reist, gelernt, wie man das Leben genießt. Ich war immer so gestresst, aber Sophia ist echt super darin, mich runterzuholen und zu entspannen.
Welche kleinen Tricks können Sie empfehlen?
Als ich 2019 durch die Decke ging, gab es jeden Abend Schnäpse nach den Konzerten. War lustig, mein Lieber, aber absolut keine Dauerlösung. Heute setze ich auf eine gesunde Mischung aus Party und Erholung für Körper und Seele. Ein Glas Champagner oder ein heißes Schaumbad sind kleine, einfache Ideen, um mich so richtig rundum wohlzufühlen.
Ihr Song „Grrrls“ ist eine Frauenpowerhymne. Was ist die Botschaft?
Wir Frauen sind die Königinnen. Die Zeiten, in denen wir uns haben gängeln und bevormunden lassen, sind vorbei. Musikalisch soll der Song vor allen Dingen Spaß machen und dir helfen, dich stark zu fühlen. Die Menschen brauchen mehr Lust und mehr Leidenschaft.
Das „Time“-Magazin hat Sie auf dem Titel der „Frauen, die die Welt verändern“-Ausgabe gedruckt. Wie, aus Ihrer Sicht, haben Sie die Welt verändert?
Indem ich mich nicht habe aufhalten lassen, meine Bedürfnisse zu befriedigen. Du darfst dich nicht unsichtbar machen und dir deine Visionen nicht von sogenannten Entscheidungsträgern kaputt reden lassen. Sondern klar sagen, was du brauchst.
Zum Beispiel?
Ich benötige kräftige Mädchen für meine TV-Casting-Show „Lizzo’s Watch Out For The Big Grrrls“? Also rede ich so lange auf die Verantwortlichen von Amazon Prime ein, bis ich meine Vision umsetzen kann. Ich bin der festen Überzeugung, dass jede Körperform sexy ist? Ich lasse nicht locker, bis ich eine Bekleidungsfirma finde, die meine Shapewear-Philosophie teilt und mit der zusammen ich nun eine Kollektion auf den Markt gebracht habe. Und wenn ich einen Song singen will, der die ganze Welt mitreißt, dann muss ich den schreiben. Sonst macht es niemand für mich.
Ist es denn Ihr Ziel, die Welt zu verbessern?
Ich versuche nicht per se, die Welt zu verbessern. Ich versuche, mein eigenes Leben zu verbessern. Und wenn ich das tue, tue ich auch etwas für die anderen. Ich bin laut, ich bin trotzig, ich habe eine Stimme, und diese Stimme will ich nutzen, um Menschen zu inspirieren und zu ermutigen, ihr Leben zum Positiven zu verändern.
Sie sind ein Vorbild für Body Positivity und Diversität. Hätten Sie je geglaubt, einmal so weit zu kommen?
Nein, überhaupt gar nicht. Zwischendurch gab es immer wieder Momente, wo ich fast mit der Musik aufgehört hätte. Weil ich einfach nicht vorwärtskam, immer wieder steckenblieb. Selbst „Truth Hurts“ war anfangs kein Erfolg. Dann hatte ich ein paar Mal Glück, und jetzt sitzen wir hier. Ich habe noch ganz viele Pläne, die ich nicht verraten möchte. Und ich bin wirklich sehr, sehr stolz auf mich.
Auftritt in der Lanxess-Arena
Lizzo lebt heute in Los Angeles. Sie zierte das Cover des „Time“-Magazin, sie hat eine eigene Shapewear-Kollektion auf den Markt gebracht („YITTY“) und feiert seit kurzem auch als Gastgeberin der Casting-Show „Watch Out for the Big Grrrls“ Triumphe. Am 27. Februar tritt sie in der Lanxess-Arena auf.