Die Nachfolge von WDR-Intendant Tom Buhrow steht fest: Die Siegerin der Wahl hat schon einmal ein ARD-Haus interimsweise geführt.
Nachfolge von BuhrowKatrin Vernau ist neue WDR-Intendantin
Die WDR-Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau wird neue Intendantin des Westdeutschen Rundfunks (WDR). Die 51-Jährige setzte sich am Donnerstag in Köln in einer Stichwahl des Rundfunkrats gegen „Tagesthemen“-Moderator Helge Fuhst (40) durch. Ins Rennen waren außerdem der WDR-Programmdirektor und „Presseclub“-Moderator Jörg Schönenborn (59) und ZDF-Washington-Studioleiter Elmar Theveßen (57) gegangen, sie schieden aber nach dem ersten Wahlgang aus, weil sie die wenigsten Stimmen im Kandidatenkreis erreicht hatten.
Das Ergebnis der Stichwahl fiel deutlich aus. 36 Ratsmitglieder votierten für Vernau, 18 für Fuhst. Es gab eine Stimmenthaltung. Insgesamt hatten 55 Rundfunkratsmitglieder die Wahl.
Zweite Intendantin in der WDR-Geschichte
Eine ungewöhnliche Ortswahl, eine ebenso ungewöhnlich hohe Zahl an Bewerbern und am Ende doch sehr deutlich eine Frau als Siegerin: Im Gürzenich in Köln, sonst eher bekannt für karnevalistische Veranstaltungen, wurde gestern über die spannendste Personalie des Jahres in der Medienwelt entschieden. Nach knapp zweistündiger Vorstellungsrunde und zwei Wahlgängen stand um 16.25 Uhr das Ergebnis fest: Katrin Vernau wird ab dem 1. Januar 2025 den WDR und damit die größte öffentlich-rechtliche Medienanstalt innerhalb der ARD führen. Der Rundfunkrat wählte die 51-Jährige mit 36 Stimmen im zweiten Wahlgang zur zweiten Intendantin in der WDR-Geschichte.
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Vernau tritt damit die Nachfolge von Tom Buhrow an, der nach der Wahl betonte, dass es sich um einen sehr guten Tag für den WDR handele. „Katrin Vernau ist eine völlig integre Person. Sie stellt ihre Handlungen unter Prinzipien— und die hält sie durch“, lobte er. Und mit Blick auf ihre Bilanz als Interimschefin beim krisengeschüttelten RBB hielt er fest: „Ihr geht es nicht um größere oder kleinere Sender. Sie ist inhalte – und nicht karrieregetrieben. Sie geht in die Pflicht, und das mit ganzem Herzen.“
Die Wirtschaftswissenschaftlerin, die unter anderem für die Unternehmensberatung Roland Berger gearbeitet hat und 2014 WDR-Verwaltungsdirektorin wurde, bevor sie kurzfristig 2022 als Saniererin beim RBB einsprang, war sichtlich berührt von der Wahl: „Es ist mir eine große Ehre, dass der Rundfunkrat mir das Vertrauen gegeben hat“ sagte sie. Sie sei sich der Verantwortung sehr bewusst und wolle sich mit den Aufsichtsgremium und den „exzellenten freien und festen Mitarbeitern“ den großen Herausforderungen stellen. „Wir sollten ein Motor für den Medienstandort NRW werden.“
Neben Vernau hatten sich der WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn, der „Tagesthemen“-Moderator und Zweite Chefredakteur von ARD aktuell, Helge Fuhst, und der ZDF-Washington-Korrespondent Elmar Theveßen auf den Posten beworben. Vernau signalisierte auch den unterlegenen Kandidaten ihre Kooperationsbereitschaft. „Es wird spannend, ich werde ja mit zwei der Kandiaten (Schönenborn und Fuhst, Anm.d. R.) zusammenarbeiten. Ich freu mich drauf und an mir soll's nicht liegen.“
Im ersten Wahlgang erhielt Katrin Vernau 17 der 55 Stimmen . 16 Stimmen entfielen auf Helge Fuhst, 15 auf Jörg Schönenborn, der damit den Einzug in die Stichwahl um eine Stimme verpasste. Elmar Theveßen erreichte 7 Stimmen. Im zweiten Wahlgang traten dann Vernau und Fuhst gegeneinander an. Hier zählte die einfache Stimmenmehrheit. Am Ende setzte sich Vernau mit 36 Stimmen durch. Fuhst erhielt 18 Stimmen.
Vernau mit Mut zur Veränderung
Die Wahl, die im Vorfeld im Sender und in Medienkreisen viel diskutiert worden war, war bis zum Schluss völlig offen. Die Fragen, die das Wahlgremium beschäftigten, und auf die die Bewerber und Bewerberin in ihren Vorstellungsrunden eingingen, drehten sich vor allem um die Zukunftsfähigkeit des Medienhauses sowohl finanziell, programmlich als auch verwaltungstechnisch. Katrin Vernau wurde im Vorfeld allgemein große Sachkompetenz und Durchsetzungskraft bescheinigt. In ihrem Acht-Punkte-Vorstellungsgespräch betonte sie, den Mut zur Veränderung mitzubringen. „Ich profitiere von der Erfahrung beim RBB, aber Gesamtverantwortung zu übernehmen, fühlt sich anders an.“
Regionalität und programmatische Vielfalt erhalten
Mit Blick auf die ARD als Gesamtanstalt müsse es nun darum gehen, die Strategiefähigkeit und die Strukturen zu verbessern. Die genaue Ausgestaltung sei aber noch nicht klar. „Da müssen wir noch viel Gehirnschmalz verwenden.“ Als künftige Chefin der größten Senderanstalt in der ARD-Familie machte sie aber auch deutlich: „Wir erzählen die Geschichten im Regionalen.“ Diese Regionalität und die programmatische Vielfalt dürfe auf keinen Fall gefährdet werden.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht seit Jahren in der Kritik, zu teuer und zu bürokratisch zu sein. Die Diskussion um die Verwendung öffentlicher Gelder war zuletzt beim RBB entbrannt, in der Folge war die Intendantin Patricia Schlesinger zurückgetreten. Auch über Tom Buhrows Spitzengehalt (433 000 Euro in 2022) wurde zuletzt öffentlich debattiert. Und nicht zuletzt steht auch immer wieder der Rundfunkbeitrag zur Debatte. Im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW waren das für den WDR rund 1,348 Milliarden Euro im Jahr 2023. Deshalb wird die Arbeit der neuen Chefin sicher genau beobachtet. Eines machte Claudia Schare, Vorsitzende des WDR-Verwaltungsrates, aber unmissverständlich klar: Das Einstiegsgehalt der Neuen werde „deutlich unter dem des aktuellen Intendanten stehen.“