Caren Miosga befragte SPD-Chef Lars Klingbeil hart zur Ukraine-Politik des Kanzlers. Auch dessen Kommunikationsstil stand in der Kritik.
Klingbeil verteidigt Mützenichs „Einfrieren-TheseCaren Miosga zeigt sich empört über Ukraine-Äußerungen der SPD
Beim ARD-Talk mit Caren Miosga am Sonntagabend war SPD-Co-Chef Lars Klingbeil zu Gast. Angesichts schlechter Umfragewerte für die SPD wollte Miosga wissen: „Wofür braucht es die SPD noch?“ Später stießen zur Runde noch die Journalistin Helene Bubrowski („Table Media“) und Moritz Schularick (Präsident des Kiel Institut für Weltwirtschaft).
Klingbeil wies den Vorwurf zurück, die SPD und Kanzler Olaf Scholz handelten in der Ukraine-Politik aus wahltaktischen Gründen. „Ich kenn' Olaf Scholz nun schon ein bisschen länger“, wiegelte Klingbeil ab. „Der entscheidet Sachen nach Prinzipien und nach Haltung und nicht nach der Frage, ob irgendwo irgendwelche Wahldaten sind.“ Mit Blick auf das umstrittene Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörern an die Ukraine sagte Klingbeil, Scholz trage am Ende die Verantwortung für politische Entscheidungen von einer enormen Tragweite.
Klingbeil bei Miosga: Kanzler Scholz handelt nicht aus Wahltaktik
Über Monate sei der Kanzler aufgefordert worden, sich zu positionieren. „Jetzt tut er das, dann wirft man ihm vor, das mache man aus wahltaktischen Gründen“, sagte Klingbeil. Scholz begründet seine Ablehnung einer Taurus-Lieferung mit der Befürchtung, dass Deutschland in den Krieg Russlands gegen die Ukraine hineingezogen werden könnte.
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Klingbeil verteidigte auch die vielgescholtene Rede von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich. Dieser hatte in der Taurus-Debatte am Donnerstag gesagt, man solle „darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann“.
Taurus: Caren Miosga kritisiert Lars Klingbeil wegen Verteidigung von Mützenich
Dies war von der Opposition, aber auch Grünen und FDP so aufgefasst worden, dass die Ukraine Gebiete abtreten und vor Russland kapitulieren solle. Menschenrechtsverletzungen könnten nicht einfach toleriert werden, hatte Grünen-Chef Omid Nouripour noch am Sonntag in der ARD als Antwort auf Mützenich gesagt. Mindestens zeuge diese Aussage von Naivität gegenüber dem Aggressor Putin, hieß es. In der Ukraine hatten die Worte des Kölner SPD-Abgeordneten zu Empörung geführt.
„Eine Debatte darüber, wie man am Ende auch Frieden erreichen kann, ist legitim“, sagte Klingbeil nun bei Caren Miosga. Im Übrigen sei die Rede von Mützenich verkürzt dargestellt worden. „Nichts von dem, was Rolf Mützenich gesagt hat, nichts von dem, wofür die SPD steht, deutet darauf hin, dass wir über die Köpfe der Ukrainer entscheiden“, so Klingbeil weiter.
Caren Miosga kritisiert Äußerung vom „Einfrieren“ des Krieges“
Caren Miosga ließ Klingbeil das so nicht durchgehen. „Einfrieren heißt: Hunderttausende Ukrainer würden unter russischer Herrschaft leben“, warnte sie, und das bedeute „Verfolgung, Verschleppung, Vergewaltigung!“
Miosga verwies darauf, dass es unzählige diplomatische Formate in Richtung Putin gegeben habe. „Das Problem ist: Präsident Putin will nicht verhandeln!“, echauffierte sich Miosga. Dies habe er in einer Rede jüngst noch betont. Zudem wecke die Äußerung von einem Einfrieren des Krieges ungute Erinnerungen an die Politik des Westens nach der russischen Annexion der Krim.
Helene Bubrowski bei Miosga: Scholz hält seine Versprechen nicht
Später ging es dann mit den anderen beiden Talkgästen um die schlechten Zustimmungswerte für die SPD. Klingbeil gab zu, dass er der Bevölkerung oft die Politik des Kanzlers erklären müsse. Miosga verwies auf jüngste Umfragen, nach denen 76 Prozent der Deutschen unzufrieden mit der Politik von Olaf Scholz seien. Helene Bubrowski hatte eine dezidierte Meinung dazu: Der Kanzler erkläre seine Politik nicht, vor allem halte er aber seine Versprechen nicht, so Bubrowski.
Dies reiche vom Wohnungsbau bis hin zur Rentenpolitik: Scholz betone stets, dass alles gut werde, könne aber wenig Konkretes zur Umsetzung sagen. Bubrowski folgerte: „Diese Beruhigungspille, die der Kanzler uns verabreicht, wirkt einfach nicht mehr“. Er mute den Menschen nichts zu, so dass der Eindruck entstehe, Scholz sage nicht die Wahrheit. Mit einer ernsten Wahrheit könnten die Menschen aber besser leben als mit einer Unwahrheit, so die Journalistin. (mit dpa)