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Versiegelung in KölnDiese Stadtteile sind am grünsten

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Bick über das Kölner Stadtgebiet 

Köln – Köln ist eine grüne Stadt, heißt es oft. Aber stimmt das auch? Im Vergleich der Millionenstädte steht Köln tatsächlich gut da. Nach einer Studie im Auftrag des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft aus dem Jahr 2018 ist gut ein Drittel, nämlich 34,3 Prozent der Fläche des Kölner Stadtgebiets, versiegelt. Das bedeutet, der Boden ist mit Beton, Asphalt oder Substanzen wie Schotter bedeckt, die Wasser und Luft nicht oder kaum durchlassen. Dazu zählen Gebäude und Straßen.

München ist Spitzenreiter

Köln liegt damit auf Platz 19, während München mit 46,6 Prozent die am stärksten versiegelte deutsche Großstadt ist. Berlin belegt mit 39,0 Prozent Platz 8, Düsseldorf Platz 14 (36,4 Prozent) und Hamburg Platz 15 (36,2 Prozent). Grüner als Köln schneiden etwa Bonn (30,3 Prozent), Aachen (22,2 Prozent) oder Münster (17,9 Prozent) ab.

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Eine kürzlich fertiggestellte Diplomarbeit am Geographischen Institut der Uni Köln hat anhand von Kataster-Daten untersucht, wie hoch der Versiegelungsgrad in den 86 Kölner Stadtteilen ist, und dabei erwartungsgemäß enorme Unterschiede ausgemacht (siehe Grafik). Demnach ist Ehrenfeld mit 81,3 Prozent versiegelter Fläche am stärksten betroffen, dicht gefolgt von der nördlichen Altstadt und Raderberg. Am grünsten sind Veedel am Stadtrand wie Libur, Roggendorf/Thenhoven und Langel.

Entsiegelung

1,27 Euro je Quadratmeter und Jahr beträgt die aktuelle Gebühr der Stadtentwässerungsbetriebe Köln (Steb) für Niederschlagswasser. Sie richtet sich nach der Größe der befestigten Fläche, die ans Kanalnetz angeschlossen ist. Für unbefestigte Flächen wird keine Abwassergebühr erhoben. Wer eine Fläche entsiegelt, das Regenwasser auf seinem Grundstück versickern lässt und so das Kanalnetz entlastet, kann bares Geld sparen: jährlich 127 Euro pro 100 Quadratmeter.

Die Entsiegelung von Flächen und die Begrünung von Dächern wird von den Steb als Teil der Maßnahmen zur Anpassung Kölns an den Klimawandel befürwortet. In allen Stadtteilen gebe es kleinräumige Bereiche, die bei Starkregen besonders gefährdet sind, überflutet zu werden. „Da Wasser bergab fließt, können oberhalb liegende Eigentümer deutlich zur Risikominimierung der unterhalb liegenden Grundstücke beitragen“, betonen die Steb. (fu)

Wie stark die Flächenversiegelung in Köln in den vergangenen Jahrzehnten zugenommen hat, kann die Stadtverwaltung nicht sagen. Dazu gebe es auch keine Schätzungen, teilte Klima- und Liegenschaftsdezernent William Wolfgramm auf Anfrage der Rundschau mit.

Mehr unversiegelte Flächen für Köln

Weil Hitzesommer und Starkregen in Zukunft häufiger zu erwarten sind, werden unversiegelte Flächen für Städte immer wichtiger. Hier kann Niederschlag versickern, statt das Kanalnetz zu überfluten. Wälder und Wiesen, Äcker, Parks und Grünflächen, Kleingärten und Friedhöfe kühlen das Stadtklima, schaffen Frischluftschneisen. Dem steht aber der Bedarf der wachsenden Stadt an Wohn- und Gewerbeflächen entgegen – zum Beispiel soll in Kreuzfeld auf freiem Feld ein neuer Stadtteil gebaut werden.

Um den Flächenfraß zu begrenzen, haben Grüne, CDU und Volt vereinbart, ein Entsiegelungskataster zu schaffen. Dafür sollen alle Flächen geprüft und zusammengestellt werden, „die potenziell für eine Entsiegelung geeignet wären“, so Wolfgramm. In dem Kataster sollen Flächen nach verschiedenen Kategorien und Prioritäten erfasst werden. „Entsprechend der Priorität kann dann eine tatsächliche Entsiegelung erfolgen“, so der Dezernent. Im Haushalt 2022 seien eine neue Personalstelle und 30.000 Euro für die Erstellung des Katasters hinterlegt.

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Zur Entsiegelung eignen sich etwa Parkplätze und aufgegebene Gewerbeflächen. Vereinzelt hat die Stadt bereits Flächen entsiegelt, wie den Schulhof der Lise-Meitner-Schule in Porz oder das Tankstellen-Gelände an der Erftstraße im Rahmen der Erweiterung des Inneren Grüngürtels. Weitere Entsiegelungen sind zum Beispiel auf dem Großmarktgelände (Parkstadt Süd) geplant, im Nippeser Tälchen soll eine nicht mehr genutzte Straße zurückgebaut werden. Aber reichen solche Einzelmaßnahmen aus, um die fortschreitende Versiegelung durch Bauprojekte aufzufangen?

Mehr Grün für Inneren Grüngürtel

„Jeder Baum hilft“, meint Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Lino Hammer. Er kann sich zum Beispiel vorstellen, die Vogelsanger Straße im Inneren Grüngürtel zu sperren und zu entsiegeln. In den Bündnisverhandlungen mit CDU und Volt hatten die Grünen gefordert, die Neuversiegelung auf Null zu begrenzen. Dann dürfte nur noch so viel Fläche bebaut werden, wie an anderer Stelle entsiegelt wird. Ansonsten wäre nur eine Aufstockung und Verdichtung bereits versiegelter Flächen möglich. Hier legte die CDU mit Blick auf Wohnungsbau und Schaffung von Gewerbeflächen ihr Veto ein.

Die Versiegelung dürfte daher auch in Zukunft weiter zunehmen. Aktuell droht dem Golfplatz des SV Blau-Rot-Weiß an der Neusser Landstraße das Aus. Das fünf Hektar große Areal liegt mitten im Industriegebiet und hat sich im Laufe der Jahre zu einem Biotop entwickelt. Doch es handelt sich um eine der letzten verfügbaren Industrieflächen in Köln. Ein Unternehmen will sie erwerben, um sich zu erweitern. Die Bezirksvertretung lehnt den Verkauf ab, der Stadtentwicklungsausschuss hat das Thema erst mal vertagt.

Wohnen und Soziales nicht gegen Klima ausspielen

Auch Klimadezernent Wolfgramm räumt ein, dass die Versiegelung voranschreiten wird: „Köln ist eine wachsende Stadt. Dies hat zur Folge, dass auch die Konflikte um konkurrierende Nutzungen zunehmen werden. Selbstverständlich hat die Schaffung neuen Wohnraums eine sehr hohe Priorität.“ Man dürfe aber nicht die Themen Wohnen oder Soziales gegen Klima ausspielen.

Zwar betreibe die Stadt vorrangig eine bauliche Entwicklung im Bestand, wie in der Parkstadt Süd oder in Mülheim Süd. „Trotz dieser primären Vorgabe wird die Erschließung neuer, im Flächennutzungsplan schon seit langem festgesetzter Siedlungsflächen, wie zum Beispiel Kreuzfeld, nach heutiger Erkenntnis erforderlich sein.“ Andererseits, so Wolfgramm, würden „zurückliegende Planungen, für die es schon einen Bebauungsplan gibt, aufgegeben“, wie der Ausbau des Niehler Gürtels oder die Verlängerung der Äußeren Kanalstraße in Nippes.