So schnell kann ein fröhlicher Silvesterabend zu einem Alptraum werden: Vor dem Kölner Hauptbahnhof sind in der Neujahrsnacht offenbar etliche Frauen massiv sexuell belästigt und ausgeraubt worden. Bei der Polizei gingen mehrere Anzeigen ein.
Unter den Opfern war auch eine Gruppe junger Mädchen aus dem oberbergischen Reichshof. Das Quintett hatte auf der Domplatte gefeiert und wollte dann mit dem Zug nach Hause fahren. „Vor dem Hauptbahnhof wurden wir von einer Gruppe von mindestens 30 Männern umringt und eingekreist“, berichtete eine 17-Jährige der Rundschau. In der „riesigen Traube“ seien ihnen nicht nur Taschen und Wertgegenstände geraubt worden, sie seien von den Männern auch hemmungslos angefasst worden. „Ich hatte Finger an allen Körperöffnungen“, schildert die junge Frau den Vorfall drastisch.
Andere Männer seien dann zum Glück eingeschritten und hätten sie und ihre Freundinnen befreit. Auch auf dem Weg zur Wache der Bundespolizei im Hauptbahnhof, wo die Oberbergerinnen dann Anzeige erstatteten, seien sie noch von Männern ausgelacht und beleidigt worden. Auf der Wache trafen sie dann auf andere Frauen, die ebenfalls beraubt und behelligt worden waren. „Ein junges Mädchen hatte ein Kleid an, der hat man die Strumpfhose und die Unterhose ausgezogen, sie war praktisch nackt. Wir hatten zum Glück Hosen an“.
Es seien mindestens acht Anzeigen erstattet worden. In einem Fall sei auch eine ältere Frau Opfer der Attacken geworden. Ein Polizeisprecher bestätigte gestern die Vorfälle und die Anzeigen. Details zu den Tathergängen oder deren Anzahl konnte er aber nicht nennen.
Massenpanik knapp verhindert
Ohnehin hatten die Beamten in der Silvesternacht vor allem rund um den Hauptbahnhof viel Arbeit. Brenzlig wurde es kurz vor Mitternacht auf dem Bahnhofsvorplatz. Durch aggressives Verhalten einiger Feiernder, die in der Enge Böller zünden wollten, sei es fast zu einer Massenpanik gekommen. Deshalb habe man den Platz geräumt. „Wir wollten ja nicht, dass es hier zu Zuständen wie in Duisburg kommt“, sagte ein Sprecher. Die Räumung sei dann aber reibungslos und friedlich verlaufen.
Eine Stunde später wäre die Situation auf dem Fußweg der Hohenzollernbrücke Richtung linkes Rheinufer beinahe eskaliert. Als in der drangvollen Enge eine größere Gruppe versucht habe, umzudrehen, sei es zu Angstzuständen und Panik gekommen, schilderte ein Beteiligter der Rundschau. Viele seien aus Furcht, erdrückt zu werden, über das Geländer auf die Gleise gesprungen. Der Zugverkehr über die Brücke musste zeitweise eingestellt werden. Die Polizei habe dann die Gleise wieder frei gemacht. Auch in diesem Fall gab es zum Glück keine Verletzten.
Abgesehen von den drastischen Ausnahmen bezeichnete die Polizei die Stimmung als „weitgehend friedlich“. Die Beamten mussten hauptsächlich wegen Körperverletzung (80 Einsätze), Ruhestörung (76) und Sachbeschädigung (20) einschreiten. Die Einsatzzahlen lagen in etwa auf dem Niveau des Vorjahres.
Mehr zu tun als in der Silvesternacht 2014/2015 hatte hingegen die Feuerwehr. Wehrleute und Rettungsdienste fuhren insgesamt 867 Einsätze. „Unverantwortlicher Umgang war in den meisten Fällen die Hauptursache“, zog Feuerwehrsprecher Jörg Seemann gestern eine ernüchternde Bilanz. Den letzten größeren Einsatz der Nacht hatten die Beamten gegen 4.30 Uhr an der Eythstraße in Kalk zu bewältigen. Dort waren acht Gartenlauben in Brand geraten.