Die Zahl der Betrunkenen auf Rädern und E-Scootern geht durch die Decke. Wir geben einen Überblick über die aktuellen Verkehrszahlen aus Köln (mit Grafik)
Unfallzahlen 2022 für KölnPolizei kritisiert Sorglosigkeit – Polizeipräsident beunruhigt
Manchmal wünscht sich Frank Wißbaum die Sendung „Der 7. Sinn“ zurück ins deutsche Fernsehen. Gerne sonntags am frühen Abend, so wie früher. Wißmann leitet seit neun Monaten die Direktion Verkehr der Kölner Polizei und durfte am Mittwoch zum ersten Mal in seiner Karriere die Verkehrsunfallzahlen erklären. „Verkehrsregeln können nur eingehalten werden, wenn sie bekannt sind. Und das sind sie oft nicht“, erklärt Wißbaum seinen Wunsch nach medialer Verkehrserziehung zur besten Sendezeit. Anlass geben die aktuelle Verkehrsunfallzahlen und zum Teil starke Anstiege bei Unfällen mit E-Bikes, E-Scootern und Radfahrenden. Ein Überblick:
Deutlich mehr Verkehrstote
Die Unfallzahlen sind in Köln mit 35733 nahezu unverändert im Vergleich zum Jahr 2021 geblieben. Und sie sind nach wie vor deutlich niedriger als vor Ausbruch der Corona-Pandemie, denn im Jahr 2019 verzeichnete die Polizei noch mehr als 41000 Unfälle. Alle 13 Minuten wird die Kölner Polizei in ihrem Zuständigkeitsbereich zu einem Unfall gerufen. Polizeipräsident Falk Schnabel zeigt sich beunruhigt: „Die Unfallentwicklung kann uns nicht zufriedenstellen, denn die Zahl der tödlich verunglückten Menschen ist erheblich gestiegen“, gibt Schnabel zu bedenken. Voriges Jahr kamen 13 Menschen auf Kölns Straßen ums Leben, ein Jahr zuvor waren es noch sieben. Die Zahl der Verkehrstoten ist jedoch immer noch weit entfernt von den Jahren 2018 (29) und 2019 (24).
Sorge um ungeschützte Verkehrsteilnehmer
Den Schwerpunkt der Präventionsarbeit will die Polizei in diesem Jahr auf die ungeschützten Verkehrsteilnehmer richten – also Menschen, die sich mit Fahrrad, E-Scooter oder zu Fuß durch die Stadt bewegen. Denn die Zahl der verletzten Menschen ist mit 5225 trotz geringerer Unfallzahlen fast bei Vorpandemie-Niveau. Und das liegt auch an einer Vielzahl von Unfällen, die sich unter Alkoholeinfluss ereignen.
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„Autofahrten unter Alkoholeinfluss gibt es immer weniger, aber die Zahl der Betrunkenen auf Rädern und E-Scootern geht durch die Decke. Das Gefahrenbewusstsein ist nicht ausgeprägt genug“, bemängelt Frank Wißbaum. Hierzu passt die Nachricht, dass die Polizei voriges Jahr drei Fahrer von E-Scootern auf einer der Kölner Autobahnen gestoppt hat. Polizeipräsident Falk Schnabel formuliert es wie folgt: „Die häufigsten Unfallursachen sind Unvernunft und Unvermögen“. Nun will die Polizei im März auf dem Rudolfplatz eine Kampagne zu mehr Sicherheitsbewusstsein bei Fahrten auf E-Scootern starten, im April folgt auf dem Ottoplatz in Deutz eine Auftaktveranstaltung zum Radverkehr, im Juni will sich die Polizei am Olivandenhof in der Innenstadt den Fußgängern widmen.
Schwerpunkte sind der Westen und die City
Die meisten Unfälle unter Beteiligung von E-Scootern gibt es in der Innenstadt – hier stehen auch die meisten Gefährte zum Ausleihen bereit. Von den 354 Verunglückten kamen 104 in der Innenstadt zu Schaden. Bei den verunglückten Radfahrenden liegen die Unfallschwerpunkte in den Stadtbezirken Lindenthal und Ehrenfeld. Von den 2019 verunglückten Radfahrenden verletzten sich 468 in Lindenthal und 450 in Ehrenfeld. Allein in 149 Fällen stürzten Radfahrende , weil sie in Straßenbahnschienen gerieten.
Die Zahl der verletzten E-Bike-Fahrenden stieg um 59,8 Prozent. Neuerdings besitzt die Polizei einen Pedelec-Simulator, bei dem sich auch Autofahrer an das höhere Tempo der Räder gewöhnen können.