Der Angriff der russischen Armee auf die gesamte Ukraine jährt sich zum zweiten Mal. In Köln gab es große Solidaritätskundgebungen für das überfallene Land.
Tränen am DomSo liefen die Proteste zum Ukraine-Krieg
Um 13.30 Uhr erschrillt vom Band die Sirene für den Luftalarm in Kiew. Auf dem nach Angaben des Veranstalters „Blau-Gelbes Kreuz“ mit 6000 Menschen gefüllten Roncalliplatz vor dem Dom wird es beklemmend still. Viele weinen, starren vor sich hin oder halten die Hände vor ihr Gesicht. Deutlich ist das Flattern der blau-gelben Ukraine-Flaggen im kalten Wind zu hören. Mit tränenerstickter Stimme erzählt Olena von dem verheerenden Raketenangriff auf das Mietshaus in dem sie einst wohnte. „Es war im Januar letzten Jahres. 70 Menschen sind damals getötet worden, darunter mein Bruder.“ Eine 68-jährige Teilnehmerin aus einem Ort an der russischen Grenze hat sich die Ohren zugehalten. „Sie kann keine Sirene mehr hören“, sagt Tochter Olga, die ihre Mutter vor kurzem nach Köln geholt hat. Die 23-jährige Sofia bekommt nach eigenen Angaben bereits Panik beim bloßen Anblick von Flugzeugen. „Ich habe mehrere furchtbare Angriffe aus der Luft erlebt.“ Wie etliche andere Teilnehmer hat sie ein selbst gemachtes Plakat dabei. „Russia wants to kill me“ steht dort zu lesen.
Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker bedankt sich bei den Teilnehmern: „Es ist gut, dass so viele von ihnen hergekommen sind- lassen Sie uns niemals aufhören, bis die Ukraine ihr Land und ihre Freiheit zurückerobert hat.“ NRW-Europaminister Nathanel Liminsky betont, dass das Putin-Regime nicht nur gegen die Ukraine, sondern auch gegen die Werte und Prinzipien Europas kämpfe. „Deshalb kämpfen die Menschen in der Ukraine auch für uns.“ Liminsky fordert die schnelle Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers. Die Kölner CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler appelliert an Kanzler Olaf Scholz, seine zögerliche Haltung in dieser Frage aufzugeben. Stadtdechant Robert Kleine zeigt seine Genugtuung über die Deutsche Bischofskonferenz. Diese hat kürzlich erneut das Recht eines Landes auf Selbstverteidigung bekräftigt. Kleine kritisiert den Moskauer Patriarch Kyrill I. Der behauptet, dass die gefallenen russischen Soldaten direkt in den Himmel kommen. „Das ist Gotteslästerung. Schämen sie sich!“
Ein Ausbilder des ukrainischen Militärs fordert im Gespräch mit der Rundschau die schnelle Lieferung des Marschflugkörpers und von viel mehr Munition. „Die Lage an der Front wird immer schlimmer. Uns geht die Munition aus. Wir brauchen dringend Munition für Mörser und Granaten. Die Russen sind in der größten Offensive seit dem Zweiten Weltkrieg. Wenn wir nicht schnell mehr Munition bekommen, können wir sie nicht mehr lange aufhalten. Alles hängt von der Munition ab. Unser Widerstandsgeist ist ungebrochen.“
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Von diesem erzählt auch das Motiv, das der Kölner Dominic Müller-Jaeger auf seiner Ukraine-Flagge abgebildet hat. Es zeigt eine in der Ukraine kultige Briefmarke – mit einer klaren Botschaft an den russischen Angreifer. Zu sehen ist ein ukrainischer Soldat, der einem russischen Soldat den Stinkefinger zeigt. Das Motiv ist eine Anspielung auf einen aufgezeichneten Funkspruch aus den ersten Kriegstagen vor zwei Jahren. Ein russisches Kriegsschiff hatte die Garnison der Schlangeninsel aufgefordert, die Waffen niederzulegen. Darauf antwortete der ukrainische Marieninfanterist Roman Hybrow: „Russisches Kriegsschiff, verpiss Dich!“
Mehrere hundert Meter Luftlinie entfernt ein ganz anderes Bild. Eine prorussiche Aktivistin und etwa 20 Unterstützer zeigten auf dem Rudolfplatz russische Fahnen. Die Aktivistin ist bekennende Putin-Anhängerin und verteidigt den Angriffskrieg auf die Ukraine. Bei der kleinen Demonstration waren mehr Polizisten im Einsatz, als Teilnehmer. Die Anmelderin wurde im Jahr 2023 in einem Prozess um Billigung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Kölner Amtsgericht sprach die Angeklagte zudem wegen Billigung von Straftaten schuldig, wie eine Gerichtssprecherin mitteilte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Lautstark setzten sich Gegendemonstrationen zur Wehr. Die Organisation „City of hope Cologne“ hatte die Demo angemeldet. Die Teilnehmer riefen: „Nazis raus“ und betonten: „Köln ist kein Ort für Putins Kriegspropaganda“. Zu Zwischenfällen kam es laut Polizei bei den Demonstrationen nicht.