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Strom für Kölns städtische GebäudeRheinenergie verliert Lieferauftrag

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Reker_Steinkamp

Da herrschte noch eitel Sonnenschein: Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Rheinenergie-Chef Dieter Steinkamp bei der Eröffnung einer E-Ladestation in der Südstadt im August 2020. 

Köln – Das ist kein Lichtblick für die Rheinenergie AG: Der regionale Versorger, der zu 80 Prozent der Stadt Köln gehört, wird in Zukunft keinen Strom mehr für die städtischen Gebäude liefern. Grund: Bei einer europaweiten Neu-Ausschreibung aller Lieferverträge der Stadt für elektrische Energie in den nächsten Jahren zog die Stadtwerke-Tochter Rheinenergie gegen den Ökostrom-Anbieter „Lichtblick“ aus Hamburg den Kürzeren.

Die Rheinenergie verliert damit sämtliche Stromlieferverträge für die Rathäuser, städtischen Ämter und Dienststellen, die Schulen, Kitas und Museen sowie weitere Gebäude, zum Beispiel der Sozial-Betriebe-Köln (SBK). Der Verlust des prestigeträchtigen Großkunden-Auftrags geht offenbar auf die neuen Klimaschutz-Vorgaben der Stadt zurück.

Im Juli 2019 hatte der Stadtrat die Ausrufung des Klimanotstands beschlossen. Als im Mai 2020 die Ausschreibung für Strom anstand, änderte der Rat die Kriterien: „Aus klimapolitischen Erwägungen wird folgende Vorgabe in der Ausschreibung vorgegeben: 100 Prozent Ökostrom aus erneuerbaren Energiequellen.“

Stadtwerke_Koeln_Sitz

Die Rheinenergie-Zentrale 

Wie die Stadtverwaltung auf eine Anfrage des Ratpolitikers Ulrich Breite (FDP) im Finanzausschuss mitteilte, wurde das Bieterverfahren am 9. Oktober abgeschlossen. Den Zuschlag erhielt der Bieter Lichtblick SE, „der für alle vier Lose der Ausschreibung das wirtschaftlichste Angebot abgegeben hat“. Die Lichtblick SE, deren Strom nach eigenen Angaben zu 100 Prozent aus Wasserkraft aus Deutschland stammt, hat demnach den niedrigsten Preis angeboten.

Vertrag bereits besiegelt

Die Rheinenergie hatte das Nachsehen. Der Vertrag mit Lichtblick wurde bereits besiegelt, erklärte die Gebäudewirtschaft auf Anfrage. Der Stadtrat hatte darauf verzichtet, die Auftragsvergabe unter Genehmigungsvorbehalt zu stellen.

Die Lichtblick SE, die seit 2018 zum niederländischen Energieversorger Eneco gehört, der 2019 vom japanischen Mischkonzern Mitsubishi aufgekauft wurde, hat nun einen Vertrag für drei Jahre vom 1. Januar 2021 bis 31. Dezember 2023 mit der Option auf Verlängerung um zwei weitere Jahre bis Ende 2025. Dabei geht es um einen Jahresbedarf von rund 120 Gigawattstunden. Der „All-Inclusive“-Vertrag beinhaltet Stromlieferung, Netznutzung, Messung, Abrechnung und Datenlieferung.

So viel Strom verbraucht die Kölner Stadtverwaltung

120 Gigawattstunden (GWh) beträgt in etwa der Jahresbedarf an elektrischer Energie, den die Stadt Köln für ihre Gebäude ausgeschrieben hat. Zum Vergleich: Das ist in etwa so viel, wie 38.710 durchschnittliche Zweipersonen-Haushalte verbrauchen (rund 3100 Kilowattstunden pro Jahr). Im Schnitt werden in den Gebäuden der Stadt 328 Megawattstunden pro Tag verbraucht.

Zwölf Milliarden Kilowattstunden Strom hat die Rheinenergie im Geschäftsjahr 2019 abgesetzt. Dabei machte die Lieferung an den Großkunden Stadt Köln rund ein Prozent aus.

Ob die Stromkosten der Stadt durch den neuen Liefervertrag steigen, konnte die Verwaltung nicht sagen. Sie erklärte: „Die Stromkosten setzen sich im Wesentlichen aus der Energielieferung, den Netzentgelten und den gesetzlichen Abgaben zusammen. Der Anteil der Energielieferung wird anhand von Börsenpreisen zu vorher festgelegten Terminen ermittelt. Aufgrund der Börsenentwicklung ist hier mit einer leichten Erhöhung zu rechnen.“

0 Gramm Kohlendioxid pro Kilowattstunde entstehen künftig durch die Belieferung der Stadt mit 100 Prozent Ökostrom. Technisch funktioniert der Anbieterwechsel laut Rheinenergie so: „Der neue Anbieter muss sicherstellen, dass zu jeder Zeit die von den Liegenschaften der Stadt Köln benötigten Strommengen erzeugt und ins Gesamtsystem eingespeist werden. Diese Menge ersetzt dann den Strom aus anderen Quellen für den vereinbarten Zeitraum der Belieferung.“ (fu)

Die letzte Stromausschreibung der Stadt Köln im Jahr 2015 hatte die Rheinenergie noch zum größten Teil gewonnen. Sie lieferte fortan rund 110 Gigawattstunden pro Jahr. Lediglich für eine kleine Strommenge von 1,5 Gigawattstunden jährlich ging damals bereits der Zuschlag an Lichtblick.

Rheinenergie sieht „ganz normalen Vorgang“

Die Rheinenergie nahm die Niederlage sportlich. Sprecher Christoph Preuß erklärte, man sei „natürlich imstande, Ökostrom zu liefern, so wie andere Mitbewerber auch. Am Ende ist es eine Frage des Marktes und des Wettbewerbs.“ Wenn andere Anbieter nur geringfügig billiger seien, bleibe der Stadt keine Alternative.

Man respektiere die Entscheidung und sehe das als normalen Vorgang. „Auch, wenn wir bedauern, dass wir nicht den Zuschlag erhalten haben. Bei der nächsten Ausschreibung sind wir ja wieder dabei“, so Preuß.

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FDP-Ratsherr Ulrich Breite nannte den Anbieterwechsel dagegen „peinlich“. Mit der Vorgabe 100 Prozent Ökostrom habe die Stadt ihr eigenes Unternehmen ausgegrenzt und geschädigt. „Hier wird das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.“

Die Rheinenergie betreibe in Niehl eines der modernsten Gaskraftwerke Europas, das mit Kraft-Wärme-Kopplung höchste Effizienz bei der Erzeugung von Strom und Heizwärme erzielt. „Die Stadt als Mehrheitseigentümerin wirbt stolz für dieses Musterbeispiel an klimafreundlicher Energieerzeugung und kauft ihren Strom dann woanders. Damit tut sie der Umwelt keinen Gefallen und schadet ihrem eigenen Unternehmen.“

Die Stadt habe die Rheinenergie als wichtigsten Partner bei der Energiewende im Stich gelassen. „Der Beschluss zum Klimanotstand sieht vor, dass beim Ausbau erneuerbarer Energien auch die finanziellen Auswirkungen berücksichtigt werden sollen. Das wurde außer Acht gelassen“, so Breite.

Dass Stadt und Rheinenergie beim Strom künftig getrennte Wege gehen, ist nicht nur angesichts ihrer Zusammenarbeit bei der Energiewende und dem Ausbau der Elektromobilität gewöhnungsbedürftig. Die Rheinenergie führt auch jährlich Millionengewinne an den städtischen Haushalt ab, sie gleicht die hohen Defizite der Kölner Verkehrs-Betriebe und der Bäder aus und fördert in der Region zahllose Projekte im Bereich Bildung, Umwelt, Sport und Kultur.