Am Freitag streikte die KVB in Köln. Einige zeigten dafür Verständnis, andere waren sichtlich genervt. Wir waren in der Stadt unterwegs.
Streik im NahverkehrWie Kölnerinnen und Kölner den KVB-Stillstand erleben
Bus, Stadtbahn, Flugzeug oder Deutsche Bahn: Der Nahverkehr stellt Menschen, die sich im Alltag ohne Auto fortbewegen möchten oder müssen, zurzeit auf eine harte Probe. Erst streikten wiederholt die Zugführer, dann das Sicherheitspersonal der Flughäfen und jetzt die Kölner Verkehrs-Betriebe: Wer am Freitag von A nach B gelangen wollte, musste starke Nerven haben.
Verdi ruft zu Streiks im Nahverkehr auf
Die Gewerkschaft ver.di hatte zu deutschlandweiten Streiks im öffentlichen Personennahverkehr aufgerufen, da die Arbeitsbedingungen im Nahverkehr denkbar schlecht seien. „Wir befinden uns in einer Abwärtsspirale, weil immer mehr Fahrerinnen und Fahrer fehlen. Dadurch wird der Job stressiger, die Dienste länger und die Zeit für Pausen und Fahrgäste kürzer“, sagt ver.di Gewerkschaftssekretär Frank Michael Munker.
Betroffen waren unter anderem die KVB, die Bonner SWB und die Rhein-Erft-Verkehrsgesellschaft. In Köln verkehrten noch wenige Buslinien, die im Auftrag der KVB von Subunternehmern betrieben wurden. Der größte Teil des ÖPNV wurde aber stillgelegt.
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Verkehr rund um Köln ohnehin belastet
Dabei ist die Situation ohnehin extrem angespannt: Sowohl die Sperrung der A1-Kreuze Köln-Nord und Leverkusen als auch der A59 ab Kreuz Monheim-Süd sorgten für reichlich Stau in der Region. Die Deutzer Brücke wurde teilweise durch eine Demo blockiert, die A57 war wegen eines Unfalls zwischen Kreuz Köln-Nord und Köln-Worringen nicht befahrbar, manche Autofahrerinnen und Autofahrer saßen bis zu 90 Minuten im Stau. Die Situation schwankte zwischen Genervtheit und Aggressivität, Hupkonzerte machten das Ganze nicht besser.
Während die einen Verständnis für die Forderungen des Nahverkehr-Personals aufbrachten, waren andere sichtlich gereizt. Viele Menschen waren zu Fuß unterwegs oder nutzten die wenigen Busse, die noch im Betrieb waren. Wer konnte, nahm ohnehin das Fahrrad – der Autoverkehr brach teilweise zusammen.
So erlebten Kölnerinnen und Kölner den Tag
Isabelle Leclerq war zu Fuß und mit der S-Bahn auf dem Weg zur Arbeit. „Die Bahnen waren zwar sehr voll, aber sie kamen immerhin pünktlich“, sagt sie. Für die Forderungen habe sie zwar Verständnis, aber die Anzahl an Streiks konnte sie nicht nachvollziehen: „Man hat das Gefühl, dass nur noch gestreikt wird und die Verhandlungsparteien auf der Stelle treten. Niemand ist bereit, einen Kompromiss einzugehen. Die einen geben sich nicht zufrieden und die anderen, die etwas verändern könnten, stellen sich quer.“
Ein großer Teil der Fahrgäste befürwortet zwar die Forderungen nach besserer Bezahlung und weniger Arbeitsstunden, aber am Ende seien sie es, die darunter litten: „Wir müssen auch zur Arbeit kommen und unserem Alltag nachgehen. Das ist durch die Streiks kaum noch möglich. Man hat das Gefühl, dass mit der Anzahl der Streiks bereits die geforderte Stundenreduzierung rausgeholt wird“, kommentiert eine Passantin. Ein Passant aus Hamburg hatte sich bereits am Donnerstagabend nach Köln aufgemacht aus lauter Sorge, ob denn überhaupt noch etwas fährt: Letztlich hat zwar alles geklappt mit den Verbindungen, aber auch er würde sich mehr Rücksicht auf diejenigen wünschen, die auf den öffentlichen Personenverkehr angewiesen seien.
Taxibranche freut sich auch nicht
Taxifahrerinnen und Taxifahrer profitieren übrigens keineswegs von solchen Tagen: Sie verzeichnen eher weniger Aufträge. Wer kann, bleibt zu Hause im Homeoffice, fährt mit dem eigenen Auto oder setzt auf die restlichen Bahnen und Busse. „Aus persönlicher Betroffenheit finde ich die Streiks nicht gut, auch wenn ich die Forderungen nach besserer Bezahlung nachvollziehen kann. Wenn man dann aber hört, dass die Leute nicht nur besser bezahlt werden wollen, sondern auch weniger arbeiten möchten, kann man nur noch den Kopf schütteln“, erklärt ein Taxifahrer, der am Neumarkt auf Kundinnen und Kunden wartet.
Schlechte Laune bekommt auch Kölner Studentin Pauline, wenn sie an die KVB denkt. „Ich fahre grundsätzlich kaum mit der KVB, weil ich danach meistens schlechte Laune habe. Die Bahnen fallen andauernd aus oder sind verspätet.“ In Köln ist sie deshalb nur mit dem Fahrrad unterwegs. Den Streik hat sie vor allem deshalb mitbekommen, weil die Straßen noch voller waren als sonst.
Am Hauptbahnhof war das Getümmel groß. Zwischen Berufstätigen auf dem morgendlichen Weg zur Arbeit befinden sich auch immer wieder ratlose Touristen. Nadine und Carine waren aus Belgien für einen Tagesausflug nach Köln gereist und standen vor leeren Stadtbahn-Steigen. Vom Streik wussten sie nichts. Dann eben zu Fuß zum Dom und in die Altstadt – und anschließend weiter mit dem Ausflugsdampfer. Die fuhren immerhin.