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Statistik der KirchenaustritteWie viele Kölner der Kirche den Rücken zugekehrt haben

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Kirche

Symbolbild

Köln – Ist sie ausgeblieben, die erwartete große Austrittswelle aus der katholischen Kirche? Oder ist sie im Corona-Jahr 2020 zu einer Bugwelle geworden, die sich in die kommenden Monate hineinschiebt? Fakt ist, die Austrittszahlen für 2020 liegen deutlich unter denen des Rekordjahres 2019. 6960 Kölner haben im vergangenen Jahr ihre Kirche verlassen. Rund 80 Prozent davon waren katholische Christen. 2019 waren es über alle Konfessionen hinweg 10 073 gewesen.

Zwar gibt es in der Statistik eine tiefe Delle im zweiten Quartal, begründet durch den ersten Lockdown. Doch auch in den Folgemonaten, als Austritte wieder ungehindert möglich waren und als zu ihrer bessern Abarbeitung ein Online-Anmeldesystem eingeführt wurde, schossen die Zahlen nicht überdurchschnittlich in die Höhe.

So geht der Austritt

Zwei Wege führen hinaus aus der Kirche. Entweder der Austritt wird beim Amtsgericht persönlich beantragt, oder er wird mit einem von einem Notar beglaubigten Schreiben eingereicht. Wie der Sprecher des Amtsgerichts, Maurits Steinebach, der Rundschau bestätigt, ist ein notariell beglaubigter Austrittsantrag die Ausnahme. Die Kosten und der Aufwand werden in der Regel gescheut. Die allermeisten Austrittswilligen treten den Weg zum Amtsgericht an. „Jedoch haben wir im ersten Lockdown keinen Publikumsverkehr zugelassen“, sagt Steinebach. Um Publikumsverkehr besser zu organisieren, werden seit vergangenen Sommer Termine für Austrittserklärungen über ein Online-Buchungssystem vergeben.

Auszüge aus dem Brief der 35 Pfarrer

„Die sich seit etwa einem Jahr immer dramatischer entwickelnde Thematik der Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln nehmen wir, die unterzeichnenden Priester des Erzbistums, zum Anlass, uns in aller Dringlichkeit an Sie (Kardinal, Weihbischöfe, Generalvikar) zu wenden.“

„Wir befinden uns in einem zunehmenden Loyalitätskonflikt. Wir fühlen uns der Kirche zutiefst verbunden, können uns aber nicht mit dem aktuellen Management der gegenwärtigen Vertrauenskrise in unserem Erzbistum identifizieren. Dies führt zu einer immer stärkeren inneren Distanzierung zur Kirche von Köln.“

„Für uns lautet die zentrale Frage: Können wir [...] verloren gegangene Glaubwürdigkeit wiedergewinnen und wenn ja, wie? Diese Glaubwürdigkeit ist die Basis dafür, dass die Zukunft der Kirche von Köln und damit der pastorale Zukunftsweg gelingen.“

„Wir sind nicht bereit, bei dieser Entwicklung still resignierend zuzuschauen. [...]Die katholische Kirche (darf sich) hier und woanders nicht – soziologisch betrachtet – zur Sekte entwickeln!“

„Über dieses System konnten wir in der Woche 160 Termine realisieren, erklärt der Sprecher. Schnell sei jedoch klar geworden, dass diese Menge nicht reicht, um der Nachfrage gerecht zu werden. „Wir haben uns Personell verstärkt und können seit vergangenen Freitag rund 250 Termine in der Woche anbieten, also rund 1000 im Monat.“

Was für die Theorie einer Bugwelle von Austrittswilligen spricht: „Nachdem wir am vergangenen Freitag die 1000 Termine freigeschaltet hatten, waren sie bereits montags darauf ausgebucht“, sagt Steinebach.

Was nach „reißendem Absatz“ aussieht wird allerdings durch die Zahlen für den Januar relativiert. Bis zum 28. Januar sind 654 Kölner ausgetreten. Im Januar 2020 unternahmen etwas über 1000 Kölner diesen Schritt.

Kritik an Woelki geht weiter

Derweil reißt die Kritik an Kardinal Woelki wegen seines Umgangs mit einer nicht veröffentlichten Missbrauchsuntersuchung und wegen seiner Gemeindereform „Pastoraler Zukunftsweg“ nicht ab. 35 Geistliche aus dem Bistum haben einen Brief an den Kardinal, die Weihbischöfe und das Generalvikariat geschrieben. Sie bitten um eine Gespräch, denn sie sehen sich in einem Loyalitätskonflikt: Einerseits der Kirche zutiefst verbunden, andererseits keine Identifikation mit dem Krisenmanagement des Bistums.

Also wenn schon nicht eine breite Austrittswelle, so doch eine breite Front gegen den Kardinal? Einer der Unterzeichner relativiert gegenüber der Rundschau. „Im Bistum gibt es zwischen an die 600 Priester. Der größte Teil von ihnen ist gegenüber einer Reformen der Sexualmoral oder der Gleichstellung von Frauen nicht offen.“ Eine breite Diskussion in der Priesterschaft finde nicht statt. „Man wird direkt in eine Ecke gestellt“, sagt der reformwillige Priester. Auch würden diese Themen nicht allerorts eine breite Basis bewegen: „Viele Kirchgänger sind eher darüber besorgt, wie es mit ihrer Kirche vor Ort weiter geht.“ Reformthemen würden noch am ehesten die Gläubigen über 70 Jahre bewegen. „Allgemein mache ich eine große Vereinzelung aus.“