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Selbst das Gewitter zollte RespektErinnerungen an Besuch der Queen 1965 in Köln

Lesezeit 6 Minuten

Mit ihrem Lächeln nahm Queen Elisabeth ihre Gastgeber für sich ein, wie Oberbürgermeister Burauen. 

Köln – Das Interesse hielt sich in Grenzen, als Queen Elizabeth II. mit Prinz Philip Köln besuchte. Magere 40 Schulkinder von der englischen Schule in Bonn wedelten zum Empfang der schwarzen Limousine vor dem Gebäude des Europäischen Transschall-Windkanals (ETW) in Köln-Porz mit Papierfähnchen.

Man schrieb Dienstag, den 20. Oktober 1992, und Deutschland hatte gerade interessanteren Diskussionsstoff: Willy Brandts Tod war soeben mit einem Staatsakt bedacht, tags zuvor waren die Leichen von Petra Kelly und Gert Bastian aufgefunden worden. So war zwar der Besuch Elizabeths II. in der Dresdner Frauenkirche ein populäres Fotomotiv, aber nicht, wie die Queen in Anwesenheit von Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber das noch nicht in Betrieb genommene europäische Gemeinschaftsprojekt erklärt bekam und anschließend wortlos zunächst eine Gedenktafel und den Prototyp eines Flügels aus dem Tunnel-Gebläse enthüllte, um sich dann ins Gästebuch einzutragen.

Ein Besuch mit großer Symbolkraft

Wie aber hätte auch der erste Deutschland- und Köln-Besuch der Queen überboten werden können, der an Symbolkraft nichts zu wünschen übrig ließ? Dass Elizabeth II. am 18. Mai 1965 auf dem Flughafen Köln-Wahn überhaupt wieder deutschen Boden betrat, bedeutete, dass zwanzig Jahre nach Kriegsende Deutschland von britischer Seite wieder im Kreise der zivilisierten Nationen aufgenommen wurde.

Der Eintrag ins Gästebuch 

Das deutsche und das britische Volk seien während des größten Teils ihrer Geschichte Freunde und Verbündete gewesen, betonte die Queen dann auch beim Staatsempfang, den Bundespräsident Lübke auf Schloss Augustusburg gab. „Meine Anwesenheit hier an diesem Abend ist ein Beweis für die feste Überzeugung meiner Regierung und meines Volkes, dass die vor uns liegenden wichtigen Aufgaben nur in engster Zusammenarbeit gelöst werden können.“

Die Queen bei ihrem Besuch in Köln

Als dann die Queen der Stadt Köln einen mit 110 Minuten äußerst knapp kalkulierten Besuch abstattete, war die Bevölkerung in der für drei Stunden für jeglichen Verkehr gesperrten Innenstadt wie elektrisiert.

Punkt 10 Uhr war es dann am 25. Mai 1965 so weit. Der Sonderzug der Monarchin, der 15 Wagen umfasste und somit 400 Meter lang und 800 Tonnen schwer war, fuhr auf Gleis 1 des Hauptbahnhofs ein. Von hier holte Oberbürgermeister Theo Burauen, der zur Feier des Tages seine goldene Amtskette trug, seinen hohen Gast ab. Elizabeth, ganz in Türkis gekleidet, inklusive des obligatorischen Huts, wurde bei strahlendem Sonnenschein durch die wohl über 250 000 Personen umfassende Menschenmenge hin geleitet und zum abgesperrten Rathausplatz gefahren: 17 „Weiße Mäuse“ der Polizei voran, dann im offenen Mercedes 600 die Queen und der OB, der angesichts der ungeahnten Beifallsstürme ein wenig zaghaft winkte und lächelte. Im offenen Mercedes 300 dahinter stand der noch jugendlich wirkende Prinz Philip.

Ein „Bobby“ begrüßte die Queen vor dem British Council. 

Der Ratssaal empfing die Königin ganz in rot-weißen Farben geschmückt, dazu breite Bahnen in Lila und der Union Jack. Über dem Eingang das mittelalterliche Stadtwappen mit dem Doppeladler des Heiligen Römischen Reiches, auf der Breitwand das Wappen Großbritanniens mit dem Wappen der Königin kombiniert. Nach kurzer Rede wurden Geschenke ausgetauscht, bevor sich das königliche Ehepaar noch ins Goldene Buch der Stadt eintrug. Die Zeit eilte, denn nicht nur machten sich gegen 10.30 Uhr erste Gewitterwolken bemerkbar.

Um einen Blick auf die Queen zu erhaschen waren Kletterkünste erforderlich.

Vor allem stand noch ein Besuch in einem Stück Großbritanniens in Köln auf dem Programm: Es ging zum extra zum Besuch renovierten British Council, wo die Queen sich überrascht über einen vor dem Eingang positionierten englischen „Bobby“ zeigte. Weil das Gewitter wusste, was sich gehört, brach es erst aus, als der Tross gerade das schützende Dach erreicht hatte. Während nun draußen der offene Wagen der Queen durch einen geschlossenen ausgetauscht wurde, begrüßte Elizabeth II drinnen in ungezwungener Atmosphäre rund 300 Gäste, von in Köln wohnhaften Briten und Kindern von der British Forces School über britische Lektoren der Kölner Universität und Stipendiaten des Council bis hin zum Generalintendant der Städtischen Bühnen, dem Generaldirektor der Kölner Museen und dem Direktor der Staatlichen Hochschule für Musik.

OB erinnern sich an die Queen

2002 begegnete der Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma der Queen in Kölns Partnerstadt Liverpool. Elisabeth II. feierte damals ihr goldenes Thronjubiläum. Bei dem Anlass habe er mit Sondererlaubnis seine OB-Amtskette getragen, und Prinz Philip habe wegen der darauf abgebildeten heiligen drei Könige sofort erkannt, dass er aus Köln kam, erzählte Schramma am Freitag beim Empfang zu seinem 75. Geburtstag im Rathaus. Dadurch sei er mit der Queen und Philip spontan ins Gespräch gekommen. „Mein Protokoll ist fast ohnmächtig geworden, dass ich da einfach so mit der Queen plauderte“, berichtete der Alt-OB, der das Treffen als „ein tolles Erlebnis“ in Erinnerung behalten hat. Als Souvenir brachte er einen Kaffeebecher vom Goldenen Thronjubiläum der Queen 2002 mit. Just aus dieser Tasse habe er am Donnerstagmorgen noch Kaffee getrunken, bevor abends die Nachricht vom Tod der Queen kam , so Schramma. „Das mag Zufall sein.“

Oberbürgermeisterin Henriette Reker würdigte bei dem Empfang die „unglaubliche Lebensleistung“ der Queen. Mit acht Jahren habe sie Elisabeth II. bei deren Besuch in Köln 1965 persönlich erlebt. In einer Gruppe von Grundschulkindern habe sie für die Queen singen dürfen. Die Begegnung sei für sie als Kind aber damals enttäuschend gewesen, so die OB, weil sie gedacht habe, eine echte Königin würde mit Krone, Zepter und prachtvoll gekleidet auftreten. Die Queen sei aber in einem Kostüm erschienen. (fu)

Prinz Philip, die rechte Hand leger in der Hosentasche, folgte seiner Gattin und übte sich in leichter Konversation. Einen indischen Studenten der Medizin fragt er, in welcher Sprache er seine Examensarbeit abfasse, in deutsch oder englisch. „In englisch“, antwortet der junge Mann. Darauf Prinz Philip: „Dann müssen sie sie später ins Hindu übersetzen!“ Alles lachte.

Um 10.55 Uhr war aber auch diese Etappe vorbei. Über Rudolfplatz, Ringe, Christophstraße und Unter Sachsenhausen wurde die Queen zum Kölner Dom kutschiert, wo Polizisten ihr Bestes geben, die im Sturm wehenden roten Teppiche zu bändigen.

Kardinal Frings begrüßte dann am Westportal weniger die Queen als das Haupt der Anglikanischen Kirche und somit, wie er sagte, „eine geheiligte Persönlichkeit“. „Jubilate Deo“ von Orlando di Lasso sang der Kölner Domchor, als Elizabeth II. und Herzog Philip von Frings in den Dom zu ihren Plätzen geführt wurden: Jenen mit roter Seide ausgeschlagenen Sitzen im Chorgestühl, die im Mittelalter den deutschen Kaisern vorbehalten waren. Man wolle durch diese Platzwahl, so erläuterte Frings, „dem Gedenken des Friedens und der Freundschaft zwischen England und Deutschland Ausdruck geben“.

Zum Abschied ein Blick auf den Dreikönigenschrein

Nachdem der Erzbischof die Baugeschichten des Doms und der Westminster Abbey miteinander verglichen hatte, zeigte er dem Paar noch Lochners Bild mit Ursula, der britischen Königstochter, sowie den Dreikönigenschrein.

Um 11.45 Uhr war auch dieser Programmpunkt vorbei, und die Queen entschwand durch das Nordportal zum Hauptbahnhof, ging trotz leichten Regens ohne Schirm die paar Meter bis zum Bahnhof zu Fuß und fuhr von dort ab 11.48 Uhr mit dem Zug weiter nach Benrath. Zurück ließ sie ein kleineres Chaos. So war kurz vor ihrer Abfahrt ein Geländer auf der Pressetribüne auf dem Bahnhofsvorplatz zu Bruch gegangen, weil Schaulustige die Tribüne erobert und die Fotografen nach vorne gedrückt hatten. Vier Reporter fielen herunter. Ernsthaft zu Schaden kam aber niemand.