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„Schatz, die Polizei ist da“Chef der Mordkommission als Zeuge beim Insulin-Prozess

Lesezeit 3 Minuten
Landgericht in Köln dpa

Der Eingang zum Landgericht in Köln 

Köln – Es ist der 28. Verhandlungstag und auf dem Zeugenstuhl in Saal 112 des Justizzentrums nimmt am Donnerstagmorgen der Leiter (55) der Kölner Mordkommission (KK 11) der Polizei Platz. Der erfahrene Beamte soll im Prozess gegen eine Arztgattin (42) nochmals detailliert die Ermittlungen der Kripo zusammenfassen. Angeklagt ist sie wegen versuchten Mordes im Juli 2020 an ihrem Schwiegervater (81). Mit einer Überdosis Insulin soll sie versucht haben, den Arzt zu vergiften. Doch der Senior überlebte, ist seither ein Pflegefall. Die 42-Jährige, seit anderthalb Jahren in U-Haft, bestreitet.

Söhne begrüßten Ermittlungen

So ernst der Prozess, so tragisch der Fall, so kurios stellten sich streckenweise die Aussagen des 55-Jährigen dar. Laut dem Beamten hatten die beiden Söhne des Opfers die Ermittlungen in den Tagen nach Auffinden ihres Vaters begrüßt. Einen Selbstmordversuch hatten sie ausgeschlossen; eine Meinung, die der Ehemann später vor Gericht revidierte. Auch, dass Frau und Tochter wohl die letzten waren, die den 81-Jährigen vor der Vergiftung gesehen hatten, erwähnte der Ehemann von sich aus. Auch dass seine Frau Diabetikerin sei, habe der Ehemann von sich aus mitgeteilt, flankiert von der Bemerkung: „Die Polizei würde es ja eh herausfinden.“ Das habe ihn damals schon gewundert, so der Beamte.

Freudig Polizei empfangen

Auch die Hausdurchsuchung am 22. Juli 2020 im Haus des Ehepaars beschrieb der Beamte als kurioses Erlebnis. Im Pyjama und gut gelaunt habe die Angeklagte „freudig über die polizeiliche Maßnahme“ die Haustüre geöffnet und ins Haus geträllert: „Schatz, die Polizei ist da.“ Trotz Belehrung der 42-Jährigen, dass man sie nun als Beschuldigte führe, sie nichts sagen müsse und Anrecht auf einen Anwalt habe, habe die Angeklagte dennoch bereitwillig ohne Rechtsbeistand ausgesagt. „Wenn ich immer so erwartet würde bei einer Durchsuchung, würde mir mein Beruf mehr Spaß machen“, sagte der Beamte launig und erntete Lacher — selbst von der Richterbank. Die Vernehmung des Ehemanns erinnerte der 55-Jährige als „Diktat“.

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Im Büro sei der Ehemann auf und ab gegangen und habe in einer Tour geredet. Auffällig sei gewesen, dass der Ehemann schon damals versucht hatte, ein mögliches Tatmotiv seiner Frau zu zerstreuen, das man damals noch nicht auf dem Schirm gehabt habe, und dass sich erst im Laufe des Prozesses durch Zeugenaussagen herauskristallisierte: Die Übernahme der Villa des Seniors in der Statthalterhofallee in Junkersdorf. Ein Ansinnen, das der Senior ausgeschlossen hatte, wie Zeugen berichteten. „Die Aussage des Ehemanns war hochkonzentriert, so als ob der alles aus seiner Erinnerung abgerufen und wiedergegeben hat“, sagte der 55-Jährige.