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Rheinlandtaler überreichtFC-Blindenreporter-Trio wird für sein Engagement geehrt

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Vor großer Kulisse nahmen Christian Kautz, Wolfgang Gommersbach und Thorsten Bank (v.l.) den Preis entgegen.

Köln – „Kainz spielt zurück zu Schmitz, zehn Meter vor der Außenlinie an der Seite, Schmitz flankt auf Modeste, der nimmt den Ball mit der Brust an, schießt aus der Drehung und Tor!“ So könnte es optimalerweise klingen, wenn Wolfgang Gommersbach beim kommenden Heimspiel in Müngersdorf moderiert. Allerdings wäre dies nur einer kleiner Ausschnitt seiner Arbeit. Meistens muss Gommersbach 90 Minuten lang die Geschehnisse auf dem Rasen erläutern, mit nur wenigen Atempausen. Er moderiert mit seinen Kollegen Thorsten Bank und Christian Kautz über die gesamte Spielzeit die Fußballspiele im Rheinenergie-Stadion – nicht für die Öffentlichkeit, sondern für wenige Fans, die ein Spiel anders wahrnehmen und auf zusätzliche Sinneseindrücke angewiesen sind.

Seit 17 Jahren ehrenamtlich dabei

Die drei bilden das Blindenreporter-Team des 1. FC Köln und engagieren sich seit bereits 17 Jahren ehrenamtlich für blinde FC-Fans im Stadion. Sie sind die Stimme, die sehbehinderten Menschen den vollen Genuss eines Fußballspiels ermöglicht. Je zwei von ihnen stehen bei Heimspielen im Unterrang der Osttribüne des Stadions, kommentieren ununterbrochen und äußerst detailliert das Spielgeschehen. „Das ist kein Vergleich zu Sky oder DAZN, höchstens zu vergleichen mit dem Job der Radioreporter, und das über 90 Minuten“, sagt Wolfgang Gommersbach lachend. Die Nutzer des Programms empfangen die Reportage über drahtlose Geräte, kleine Empfänger mit Kopfhörern, die ihnen der FC zur Verfügung gestellt hat. Gommersbach hat immer einen seiner Kollegen an der Seite, sowie bis zu 29 Zuhörer im Rheinenergie-Stadion, die so nicht nur die Atmosphäre genießen, sondern vor allem das Spiel im Detail aufnehmen können.

Bei keinem Heimspiel des 1. FC Köln gefehlt

Seit der Saison 2004/05 haben die Blindenreporter keines der rund 300 Heimspiele ausfallen lassen. Das dauerhaft zuverlässige und ehrenamtliche Engagement der drei Blindenreporter hat die Blindenreportage zu einer Institution beim 1. FC Köln werden lassen. Auch für die LVR-Initiative „Karneval für alle“ ist Wolfgang Gommersbach im Einsatz und wird 2022 erneut den Kölner Rosenmontagszug für Blinde und Menschen mit Sehbehinderung beschreiben.

Als Lohn für die mittlerweile bereits über 17 Jahre andauernde, unentgeltliche Tätigkeit zeichnet der LVR das Trio für sein Engagement mit dem Rheinlandtaler in der Kategorie „Gesellschaft“ aus.

Ausgerechnet Bayer 04 Leverkusens damaliger Fußball-Abteilungsleiter Kurt Vossen hatte sich in England dazu inspirieren lassen, blinden und sehbehinderten Zuschauern eine Spielübertragung zu ermöglichen. Die Idee wurde kurz darauf von Rolf Dittrich, dem damaligen FC-Pressesprecher, an Wolfgang Gommersbach und seine Kollegen herangetragen. „So kamen wir an unsere Tätigkeit, die wir lieben und die wir keinesfalls als Job, sondern als Leidenschaft bezeichnen“, erklärt der Kölner Baunfinanzierungsberater.

Weniger wertend, mehr beschreibend

„Der Unterschied zu den Radio- oder Fernsehreportagen liegt im Inhalt und der Vermittlung: Wir moderieren deutlich weniger wertend, viel mehr beschreibend. Wir erläutern keine Statistiken, sondern sind sehende Begleitpersonen, damit die Zuhörer sich selber eine Meinung zutrauen. Natürlich geht es nicht ohne Emotionen - es fällt ja schwer, als FC-Fan nicht emotional zu sein“, sagt Gommersbach schmunzelnd . Oft hatte das Trio schon prominente Stimmen an seiner Seite: Manni Breuckmann, Shary Reeves oder Tom Bartels haben die Reportagen bereits begleitet.

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Sowohl für das Reporter-Trio als auch für die Nutzer ist das Angebot jedes Mal ein Erlebnis, wie Gommersbach betont: „Man bekommt einen anderen Blickwinkel auf das Spiel und genießt die Atmosphäre umso mehr. Ich finde, die Blindenreporter sollten irgendwann in deutschen Stadion so selbstverständlich sein wie Rollstuhlplätze. Man spürt bei jedem Spiel die Dankbarkeit der Menschen und wird sich bewusst, dass das, was normal ist, nicht selbstverständlich ist. Jedes FC-Heimspiel mit der tollen Atmosphäre sollte von allen wie ein Geschenk wahrgenommen werden.“