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Abschied vom streitbaren GeistStefan Müller-Römer hört beim 1. FC Köln auf

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Mitgliederversammlung 1. FC Köln, Stefan Müller-Römer. (Archivbild)

Köln – Mit Stefan Müller-Römer verlässt am Samstag bei der Mitgliederversammlung der langjährige Vorsitzende des Mitgliederrats die Bühne 1. FC Köln. Mit dem 53-jährigen Rechtsanwalt geht der wohl streitbarste Geist des Clubs. Der Mann, der maßgeblich an der FC-Satzung und dem Aufbau der aktuellen Gremien-Struktur beteiligt war.

Nach dem Rücktritt von Wolfgang Overath 2011 und der Wahl von Werner Spinner zum Präsidenten im April 2012 waren Stefan Müller-Römer und einige seiner Mitstreiter aus der Initiative „FC Reloaded“ mit der Vision angetreten, den FC dauerhaft erfolgreich zu machen. „Es lag damals vieles im Argen, wie zum Beispiel die Satzung. Es gab keine vernünftige Kontrollinstanz für den Vorstand. Das Ziel war es, voneinander unabhängige Gremien zu schaffen. Das hat für viel Wirbel und Theater gesorgt“, erinnert sich Müller-Römer.

Nachdem 2013 der erste Mitgliederrat gewählt war, gab es immer wieder Ärger, weil der Mitgliederrat sich über die relevanten Vorgänge informieren wollte. „Die Satzung sagte zwar klar, dass der Mitgliederrat eine Aufsichtsfunktion hat. Aber in der Praxis wollten das weder Vorstand noch Geschäftsführung akzeptieren. Daher hat es dann geknirscht“, beschreibt Müller-Römer und erklärt: „Das Gremium, das als einziges Kontrollorgan im mitgliedergeführten Club eine wichtige Aufgabe hat, wollte diese ernst nehmen.“

Im Rückblick ist viel Ernüchterung geblieben: „Der Mitgliederrat konnte und kann nichts verhindern. Im Gemeinsamen Ausschuss kamen die Informationen bei wichtigen Entscheidungen, wie bei all den abenteuerlichen Spielerverträgen, viel zu spät an. Die Verhandlungen waren längst geführt. Die Geschäftsführer Schmadtke, Veh und Heldt machten klar, dass es sowieso nicht mehr geändert würde“, kritisiert Müller-Römer.

Das „größte aller FC-Märchen“

So entstand seiner Meinung nach das „größte aller FC-Märchen“ – das Märchen vom mächtigen Mitgliederrat. „Carsten Wettich und ich hatten als Vertreter im GA keine Möglichkeiten Entscheidungen aufzuhalten, obwohl wir sie oft genug kritisiert und dagegen gestimmt haben. Die Abstimmungen sind immer 5:2 gegen uns ausgefallen. Es hätte viele der Fehlentscheidungen nicht gegeben, wenn wir tatsächlich mächtig gewesen wären. So waren wir nur die ewigen Querulanten.“ Im GA, so Müller-Römer, wurde nur das abgenickt, was die Geschäftsführer wollten. „Es gehört zum Selbstverständnis von Sportchefs wie Jörg Schmadtke, Armin Veh oder Horst Heldt, alles alleine zu machen, weil Nicht-Fußballer in Ihren Augen sowieso keine Ahnung haben, obwohl wir als Anwälte Vertragsklauseln besser gestalten und beurteilen können.“

An diesen Verhältnissen änderte sich auch nichts, als Müller-Römer 2019 kurzzeitig in den FC-Vorstand aufrückte. Im Gegenteil – die Fronten verhärteten sich. Unvergessen wird Vehs Ausspruch bleiben, als er die Mitgliederräte als „Vollamateure“ bezeichnete. „Und die Kölner Geschäftsführer haben für ihre Misserfolge nicht nur fürstlich kassiert, sondern am Ende zum Teil noch abenteuerliche Abfindungen mitgenommen. Es gibt klare Gründe, warum Clubs wie Freiburg, Mainz oder zuletzt Union Berlin inzwischen locker am FC vorbeigezogen sind“, äußert Müller-Römer.

Das einzige halbwegs scharfe Schwert in der Hand des Mitgliederrates ist so aus Sicht von Müller-Römer das Vorschlagsrecht für den Vorstand. „Obwohl auch das eingeschränkt ist, weil es sich gerade im Erfolgsfall nicht frei ausüben lässt. Wie nach der Euro-Quali, als der damalige Vorstand seine erneute Nominierung erwartete, obwohl intern klar war, dass es aus bestimmten Gründen nicht weitere drei Jahre gut gehen würde.“

Alles beim alten Trott

Den aktuellen Vorstand um Präsident Werner Wolf hat der Mitgliederrat frei ausgewählt und 2019 zur Wahl vorgeschlagen. „Wir haben einiges erreicht und es haben sich ein paar Dinge verändert, aber insgesamt geht es mir viel zu langsam voran, wenn ich mir die letzten zehn Jahre anschaue“, kritisiert Müller-Römer, dessen langjähriger Weggefährte Wettich inzwischen Vize-Präsident ist. „Es gab vor der Wahl 2019 Versprechungen, die aus meiner Sicht nicht eingehalten worden sind. Wir wollten intensiver zusammenarbeiten und vor allem endlich einen anderen Grad der Professionalisierung im Club durchsetzen. Stattdessen lief alles im alten Trott weiter.“

„Professionalität bedeutet für mich, auf unerwartete Ereignisse, wie den Abschied eines Geschäftsführers, wenigstens ansatzweise vorbereitet zu sein. Da muss man schon vorher eine Liste mit Namen und Fähigkeiten geführt haben. Strukturen müssen personenunabhängig gestaltet sein, weil sonst ungesunde Abhängigkeiten entstehen. Der Mitgliederrat sollte sich bei seinem nächsten Vorstandsvorschlag Gedanken darüber machen, wie er es durchsetzt, dass Versprechungen auch eingehalten werden.“

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Stefan Müller-Römer weiß, dass er polarisiert hat. „Ich bin leicht angreifbar, weil ich die Dinge deutlich ausspreche.“ So wie in einer Mail an ein Mitglied, die an die Öffentlichkeit gelangte und sich zu einer Affäre ausweitete. „Ich hätte nicht damit gerechnet, dass eine ältere Dame eine vertrauliche Mail an eine Zeitung weiterreicht.“ In der Folge trat er im September 2020 als Vorsitzender des Mitgliederrates zurück und scheidet nun auf eigenen Wunsch aus dem Gremium aus.Viele rechnen damit, dass Müller-Römers Abschied nicht von Dauer ist und er in neuer Rolle wieder auf der FC-Bühne auftaucht. „Momentan würde ich das ausschließen. Der FC ist trotzdem der Club meines Herzens und wird es immer bleiben. Aktuell ist die Entscheidung, nicht wieder anzutreten, für mich die richtige. Es tut gut, einen Schritt zurückzutreten. Abstand hilft dabei, einen nüchternen Blick auf Sachverhalte zu bekommen. Außerdem kann ich dann entspannter Fußball schauen und die Baumgart-Elf macht gerade wirklich Spaß.“