Im Rahmen seiner „Halo Arena“-Tour spielte Rea Garvey am Mittwochabend von etwa 7000 Zuschauern in der Lanxess-Arena.
Köln, du „Dirty Old Town“Rea Garvey bringt ein Stück Irland in die Lanxess-Arena
Die meisten kennen ihn als Frontmann der deutschen Band Reamonn, die im Jahre 2000 mit ihrer Debütsingle „Supergirl“ wochenlang die Charts stürmte, oder als „The Voice of Germany“-Coach. Dass Raymond Michael „Rea“ Garvey, der irische Sänger und Gitarrist, auch den Jam & Spoon-Hit „Be Angeled“ sang oder mit Nelly Furtado eine Version von „All Good Things (Come to an End)“ aufnahm, wissen dagegen nur die Allerwenigsten. Die beiden Damen aus der Verwaltung der Lanxess-Arena allerdings, die wissen das. Genauso auch, dass Garveys Konzert im Rahmen seiner „Halo Arena“-Tour an diesem Mittwochabend von etwa 7000 Zuschauern besucht wird. Einig sind sich die zwei nicht ganz bei der exakten Zahl, sie diskutieren, während es hinter dem schwarzen Bühnenvorhang mit etlichen Taschenlampenlichtern hektisch zugeht.
Kurz darauf fällt das Stück Stoff unter wummerndem Gebasse, heroisch besteigen die Musiker ihre kleinen Nebenbühnchen, bevor schließlich Garvey höchstpersönlich in einem silbernem Glitzer-Jacket auf den h-förmigen Steg läuft und „Are you ready?“ ins Mikro brüllt. Das Lied, das bei all dem gespielt wird – „Free Like the Ocean“ -, ist kein Supergirl-Hit. In 25 Jahren zumindest wird niemand mehr über diese locker-flockige Ibiza-Nummer reden. Dennoch: Nicht viele dürfen von sich behaupten, solch radiotaugliche Songs komponieren zu können, die hier rein und dort wieder rausgehen. Garvey aber kann das. „Is It Love?“ zum Beispiel ist so ein Ding. Die wirklich eingängigen Pop-Nümmerchen mit ihren piepsigen Synthie-Elementen jedenfalls entfalten bei den Zuschauern ihre Wirkung: Die nämlich schwenken bei „Kiss me“ ihre Arme samt Oberkörper fidel von rechts nach links. Insgesamt jedoch verlieren sich die Songs in den Weiten der Arena.
Und als würde Garvey das spüren, spricht er von seinen Zweifeln vor der Tour – „Wir haben uns gefragt, ob überhaupt jemand kommen wird“ – und von der Musik im Allgemeinen, deren verlorengegangenen Wert er durch schöne Lieder wieder etwas einfangen wolle. Und dann quatscht sich der 50-Jährige um Kopf und Kragen, sagt so Dinge wie „Braucht ihr meine Liebe?“ – einige Fans sind irritiert, andere rufen ihm unverblümt „Ja!“ zu -, redet von Selbstliebe, Hoffnung, vom Wieder-Aufstehen und davon, wie schön das Leben und die gemeinschaftliche Kraft sei. Liebe, so viel zumindest stünde für Garvey fest, sei die einzige unsterbliche Macht. Die einen mögen sich an ihren letzten Gottesdienst erinnert fühlen, die anderen an ihr gestriges Zen-Seminar. Keinesfalls aber an ein Rockkonzert. Am Ende dieses Esoterik-Ausflugs fällt dem Sänger noch ein, dass er eigentlich einfach nur mal Danke sagen wollte.
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Die irische Band Picture This, die dem Publikum auch schon einige Minuten zuvor im Vorprogramm des Hauptprotagonisten so richtig einheizte, zieht der Predigt mit der Nummer „Somewhere Close To Heaven“ den Stecker. Das ist erfrischend. Garvey liegen Newcomer-Bands am Herzen. Das weiß man und das merkt man ihm an. Und auch, wenn die meisten Songs des Abends einen solch niedrigen musikalischen Tiefgang besitzen, dass noch nicht einmal ein Plektrum-Bötchen durch die hindurch schippern könnte: Von nun an macht das Konzert Spaß.
Köln, du „Dirty Old Town“
Da ist plötzlich eine vertraute Nähe zwischen Garvey und den Zuschauern zu spüren. Das Zuviel an „Nanana“ und die wild blinkenden Bodenplatten, auf denen der irische Komponist riverdance-artige Moves zum Besten gibt, rücken dabei in den Hintergrund. Und als Garvey sich wenig später dann seine Gitarre umschnallt, von seinem allerersten Abend hier in Köln in einem Irish Pub erzählt und kurz danach „Dirty Old Town“ von The Pogues singt, ist das der wohl emotionalste, der beste Moment der Show. Die Halle bebt, für einen Augenblick könnte man glauben, dort oben in den arenalen Stahlstreben wüchse sattgrünes Gras.
Was dem Konzert jedoch insgesamt fehlt: Mehr solcher Songs, die berühren. Die bewegen. Die man ganz liebevoll unter seinen Pullover wickelt und sie ganz behutsam mit nach Hause nimmt. Mit nach Hause singt. Mit nach Hause summt. „I kissed my girl by the factory wall / Dirty old town“.