Köln – Angekündigt war die „Invasion“ bereits, nun steht sie offenbar kurz bevor: Die Zahl der Leihfahrräder in Köln dürfte sich bald schlagartig erhöhen. Momentan stehen in der Stadt rund 3500 Mieträder zur Ausleihe bereit, im Laufe des Jahres sollen es rund 8000 werden.
Zwei Anbieter aus Fernost drängen auf den Markt: „Mobike“ aus China und „oBike“ aus Singapur wollen ab Frühjahr tausende zusätzliche Leihräder auf Kölns Straßen und Plätze bringen. Den befürchteten Räder-Wildwuchs in der Innenstadt will die Verwaltung mit Hilfe einer freiwilligen Qualitätsvereinbarung verhindern. Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wie ist die Ausgangslage?
Aktuell gibt es in Köln zwei große Anbieter für Leihfahrräder. Die KVB startete ihren Service in Kooperation mit Nextbike im Mai 2015 und hat derzeit 1450 Räder. Im Oktober 2017 warf Ford 2000 nagelneue Räder auf den Markt. Partner ist die Deutsche Bahn, die mit „Call a Bike“ seit langem Mieträder in Köln angeboten hat – zuletzt rund 800, die zu Gunsten der Ford-Räder ausgemustert wurden. Außerdem gibt es kleinere Verleiher wie die Radstation am Hauptbahnhof.
Wer sind die neuen Anbieter?
2015 gegründet, ist „Mobike“ aus Peking mit sieben Millionen Rädern in 200 Städten der größte Leihradanbieter der Welt. Im November 2017 stellte das Unternehmen 700 Velos in Berlin auf. Markenzeichen: silberner Rahmen und knallorange Felgen. „oBike“ aus Singapur wurde 2017 gegründet. In München stieß das Unternehmen auf Kritik, als es ab Sommer 2017 ohne große Ankündigung 6800 seiner grau-gelben Räder in der Stadt platzierte. Bürger beschwerten sich, weil die Drahtesel häufig Gehwege versperrten oder in Grünanlagen herumlagen.
Was ist in Köln geplant?
Die Stadt hat mit acht Anbietern aus Asien verhandelt, die Interesse angemeldet haben. Mit „Mobike“ und „oBike“ wurde vereinbart, dass beide im Frühjahr in Köln starten können, gedacht ist an insgesamt rund 4500 zusätzliche Räder. Laut Stadt planen die sechs anderen Anbieter aktuell kein Engagement in Köln.
Wie will die Stadt Chaos durch Tausende Leihräder auf Wegen und Plätzen verhindern?
Die Verwaltung arbeitet an einem Konzept, wie der Verleih auf Basis einer freiwilligen Vereinbarung neu geregelt werden soll. Darin sollen auch Verbotszonen definiert werden.
Wie sieht das konkret aus?
In zentralen Bereichen der Innenstadt sollen künftig keine Leihräder mehr von Betreibern aufgestellt werden dürfen. Wenn Kunden ihr Rad dort abstellen, muss es der Betreiber binnen 24 Stunden wieder entfernen. Betroffen sind etwa die Altstadt, der Neumarkt oder das Umfeld der Torburgen. Neben Verbotszonen werden Bereiche ausgewiesen, in denen Leihräder nur mit Genehmigung aufgestellt werden dürfen. Im Rest der Stadt haben die Betreiber freie Wahl.
Wie wird das technisch gelöst?
Verbotszonen können per GPS definiert werden. Der Kunde sieht auf der App, mit der er das Fahrrad bucht, ob er sich in einer Verbotszone befindet. Auch der Betreiber merkt, wenn Räder an unerlaubten Orten abgestellt werden. Dadurch erhoffe man sich „eine bessere Verteilung der Leihräder und ein geordnetes Stadtbild“, teilte das Verkehrsdezernat auf Anfrage mit.
Kann die Stadt die Einhaltung der Verbotszonen erzwingen?
Man setze zunächst auf freiwillige Vereinbarungen mit den Anbietern, so die Verwaltung. Rechtlich bindende Möglichkeiten würden geprüft. Der Entwurf der Qualitätsvereinbarung sieht zum Beispiel vor, dass Gehwege in einer Breite von zwei Metern freigehalten werden müssen und die Betreiber höchstens fünf Räder im Umkreis von 100 Metern aufstellen dürfen, wenn sie sie neu verteilen. Diese Regeln sollen künftig auch für die bisherigen Anbieter gelten.
Welche Handhabe gibt es noch?
Für Betreiber gilt die Straßenverkehrsordnung. Das Ordnungsamt kann also Räder, die nicht verkehrssicher sind, auf Kosten der Anbieter abtransportieren lassen. Zudem können Räder auf Gehwegen entfernt werden, wenn von ihnen eine Gefahr ausgeht, etwa weil sie Durchgänge versperren.
Was steckt hinter dem Leihrad-Hype?
Kritiker meinen, den Anbietern aus Asien gehe es vor allem um die Daten der Nutzer, die die Räder mit ihrem Smartphone freischalten. Womöglich würden Bewegungsprofile und persönliche Daten an Dritte weitergegeben. Mit den Rädern verdiene man kein Geld.
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