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Verzögerung und steigende KostenBau des Kölner jüdischen Museums wird immer teurer und dauert länger

Lesezeit 5 Minuten
An dem jüdischen Museum stehen Baukräne.

Das jüdische Museum auf dem Rathausplatz soll, Stand jetzt, bis Ende 2027 fertig werden.

Die Verwaltung legt detaillierte Zahlen zum Bau und Betrieb für das MiQua vor.

Dass sich der Bau des jüdischen Museums in der Altstadt immer wieder verzögert und immer teurer wird, hat sich seit dem Baubeschluss des Stadtrats im Jahr 2011 zu einer Art Naturgesetz entwickelt. Rund 190 Millionen Euro soll das Projekt jetzt kosten – 63 Millionen mehr als zuletzt geplant (die Rundschau berichtete). Nun hat das Kulturdezernat eine detaillierte Übersicht vorgelegt. Die Politik soll die Kostenexplosion absegnen, damit ein Generalunternehmer beauftragt werden kann, das Museum fertigzubauen. Fragen und Antworten.

Was genau wird eigentlich am Rathausplatz gebaut?

Die Stadt errichtet dort das „LVR-Jüdisches Museum im Archäologischen Quartier Köln“, kurz „MiQua“. Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) wird es betreiben. Das MiQua besteht aus mehreren Bereichen: Im Untergrund befindet sich die Archäologische Zone mit dem römischen Statthalterpalast Praetorium und weiteren Bodendenkmälern aus 2000 Jahren Stadtgeschichte. Ein 600 Meter langer Ausstellungsparcours wird hier eine rund 6000 Quadratmeter große unterirdische Fläche erschließen. Darüber entsteht das Museumsgebäude mit der markanten Stahlfassade, entworfen von den Architekten „Wandel Hoefer Lorch + Hirsch“. Dort werden Exponate aus der jüdischen Geschichte Kölns gezeigt. Weitere Räume wie die Sicherheitszentrale und die Museumspädagogik werden im Spanischen Bau des Rathauses untergebracht.

Was sollte das Projekt ursprünglich kosten?

Die Idee für das MiQua kam erstmals 1998 auf, die Grabungsarbeiten auf dem Rathausplatz begannen 2007. Vier Jahre später beschloss der Rat den Bau des Museums. Kostenprognose: 51,8 Millionen Euro. Das Land NRW versprach einen Zuschuss von 14,3 Millionen Euro, der städtische Eigenanteil betrug 37,5 Millionen.

Wie haben sich die Kosten seitdem entwickelt?

2015 war man bei 61,6 Millionen Euro angelangt. Das Land NRW wollte nun 32,7 Millionen beisteuern, die Stadt hätte 28,9 Millionen zahlen müssen. Eine Illusion. Denn wegen diverser Probleme auf der Baustelle stiegen die Kosten immer weiter: 2017 auf 77,0 Millionen, 2021 auf 127,0 Millionen und 2024 auf 190 Millionen. Das Land erhöhte seinen Anteil in dieser Zeit nur um eine Million auf 33,7 Millionen Euro.

Was bedeutet das für die Stadt Köln?

Da die Kostenexplosion zu Lasten der Stadt geht, steigt der städtische Eigenanteil am MiQua auf 156,3 Millionen Euro. Das ist mehr als das Vierfache der 2011 geplanten Summe – eine Steigerung um 118,8 Millionen. Bleibt es dabei, würde die Stadt 82,3 Prozent der Baukosten tragen. 2011 hatte sie mit einem Anteil von 72,4 Prozent gerechnet.

Warum ist der Bau so teurer?

Es handelt sich um die wohl komplizierteste Baustelle Kölns. Das Museum wird auf einem Stahlbetondeckel errichtet, der über den archäologischen Funden liegt. Der Schutz der Bodendenkmäler steht über allem, sie müssen mit aufwendigsten Mitteln für die Nachwelt gesichert werden. Zudem hat die Stadt Ende 2021 dem ersten Stahlbauer wegen gravierender Mängel gekündigt und musste per Ausschreibung ein neues Unternehmen finden. Das verzögerte alle Folgegewerke enorm.

Wie begründet die Stadt die jüngsten Mehrkosten?

Neben den Anforderungen der Archäologie und den Problemen mit dem Stahlbau verweist sie auf gestiegene Kosten in Folge der Corona-Pandemie und des Krieges in der Ukraine sowie Mehrkosten durch die längere Bauzeit, Umplanungen, Anpassungen der Sicherheitstechnik, Überarbeitung des Brandschutzkonzepts, erhöhten Materialeinsatz und einiges mehr.

Wie läuft es aktuell auf der Baustelle?

Der neue Stahlbauer setzt viel Personal ein und kommt gut voran, die Arbeiten sollen im Laufe des Herbstes beendet sein, also bis spätestens Ende November. Auf Anfrage teilte das Baudezernat dazu mit: „Die Stahlbauarbeiten an der MiQua sind überwiegend fertiggestellt. Aktuell werden die Geschossdecken betoniert. In Kürze wird mit der Montage der Sandwich-Paneele an die Stahlbaufassade begonnen, die als Unterbau für die herausragende Natursteinfassade dienen. Wir können uns auf die Musterfassade freuen, dessen Aufbau in der nächsten Woche beginnt und ungefähr sieben Wochen in Anspruch nimmt.“ Kölns Baudezernent Markus Greitemann sagte der Rundschau: „In den nächsten Wochen, das heißt im Herbst, hat der Bürger und die Bürgerin endlich eine Vorstellung wie die MiQua nach Abschluss der Baumaßnahmen wirken wird.“ An die im Herbst abgeschlossenen Stahlbauarbeiten schließen sich laut Stadt „sofort die Fassaden- und Dachgewerke sowie der Innenausbau an“.

Wie viel Geld wurde bereits ausgegeben?

Bis Juli 2024 wurden 89,4 Millionen Euro verausgabt. Die restlichen 100 Millionen sollen bis 2029 fließen. Das Museum soll, Stand jetzt, im Dezember 2027 fertig werden – acht Jahre später als bei Baubeginn 2017 geplant.

Wann kann das Museum eröffnet werden?

Da der LVR mit mindestens sechs Monaten Probebetrieb nach Fertigstellung plant, wäre eine Eröffnung frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2028 möglich – sofern keine neuen Probleme auftauchen. Derweil wird die geplante Interimsausstellung im Praetorium mit dem Titel „Das MiQua kommt“ wohl abgeblasen. Der Landschaftsverband hatte sie als Vorgeschmack auf das Museum entwickelt, um die lange Wartezeit bis zur Eröffnung zu überbrücken. Es sollte Rundgang im Praetorium zum römischen und jüdischen Köln werden, mit originalen Fundstücken, interaktiven Touchscreens und kurzen Filmen. Ursprünglich sollte sie 18 Monate dauern, von Anfang 2024 bis Mitte 2025. Dann wurde eine Eröffnung im August 2024 angepeilt, doch auch das klappte nicht. Die Schau, die 1,3 Millionen Euro kosten würde, könnte aber nur so lange gezeigt werden, bis die Bauarbeiten zum Anschluss des Praetoriums an das MiQua beginnen. Dieses Zeitfenster ist nun auf wenige Monate zusammengeschrumpft

Wer zahlt die Betriebskosten?

Die Kosten für Personal, Strom, Wasser, Klimatisierung uns so weiter trägt zum großen Teil der Landschaftsverband, einen Teil übernimmt die Stadt. Der LVR hat seinen Anteil an den Betriebskosten aber im Jahr 2017 auf maximal 6,5 Millionen Euro pro Jahr gedeckelt. Ob das reichen wird, ist angesichts der allgemeinen Kostenentwicklung der letzten Jahre fraglich. Laut Kulturdezernat muss die Stadt Köln ab der Eröffnung des MiQua rund 4,9 Millionen Euro pro Jahr zahlen. Davon sind 2,1 Millionen Euro für Abschreibungen, 550.000 Euro für Bewachung, 970.000 Euro für die Unterhaltung der Bodendenkmäler und 820.000 Euro für die Instandhaltung des Museumsgebäudes an Dach und Fach.