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„Studenten für alle Fälle“Zwei Freunde gründen Firma für kleine Handwerksarbeiten – Ausgleich zum Hörsaal

Lesezeit 4 Minuten
Drei Männer stehen im Flur.

Die „Studenten für alle Fälle“ Rayyan Meyer (m.) und Shaban Almeida (r.) bei ihrem Auftraggeber Björn Wollert.

Enkel auf Abruf: Bohren, Putzen, Möbel schleppen – Die Kölner Rayyan Meyer und Shaban Almeida studieren und helfen Menschen im Haushalt.

„Nette Jungs, kurzfristiger Termin, gute Leistung, fairer Preis!“ Die Rezensionen auf Facebook lesen sich gut für Rayyan Meyer und Shaban Almeida. Die beiden Freunde nennen sich „Studenten für alle Fälle“, als solche sind sie in Köln, Pulheim, Hürth und Frechen im Einsatz.

Alle Fälle, damit sind verschiedenste Bereiche im Heimwerken gemeint, vom Putzen über das Aufbauen von Möbelstücken oder Grünpflege. Die beiden 24-Jährigen nennen sich „Quick-Fixer“, also schnelle Monteure oder Reparateure. Wenn die beiden nicht gerade montieren oder reparieren, sitzen sie in Hörsälen: Almeida kommt aus der Eifel und studiert Philosophie an der Universität zu Köln, Meyer Architektur an der Technischen Hochschule Köln, er kommt aus Wiesbaden. Gemeinsam leben sie in einer WG in Köln-Weiden.

Kölner Studenten verteilten Flyer in Briefkästen

Mittwoch waren sie in Lövenich und Weidenpesch im Einsatz. Im Schneegestöber von Lövenich stand für die beiden Studenten Hausputz an: Bei einer Stammkundin, welche die beiden wöchentlich zur Hilfe holt. Die beiden jungen Männer haben ein gutes Verhältnis zu ihr, nennen sie Tante Stefanie. Über einen Flyer im Briefkasten sei sie auf die Freunde aufmerksam geworden, sagt sie. Wichtig seien ihr Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit und gegenseitige Höflichkeit, das Vertrauensverhältnis sei besonders. Sie sagt aber auch: „Die Jungs sollen sich aufs Studieren konzentrieren, die Uni ist wichtiger.“

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Wir haben als Kinder viel gewerkelt und wollten nicht kellnern. Dann haben wir angefangen, Flyer zu verteilen und abgewartet, was passiert
Rayyan Meyer

Ob die „Studenten für alle Fälle“ das genau so sehen? Meyer sagt: „Mal schauen, wie es läuft. Wir würden das Projekt gerne größer machen.“ Für einen studentischen Zwei-Mann-Betrieb sind die beiden ausgesprochen professionell. Neben eine Internetseite haben die beiden bedruckte T-Shirts und eigene Arbeitsmaterialien wie eine Schlagbohrmaschine oder Heckenschere. Sogar einen Firmenwagen besitzen sie – für 950 Euro kauften sie sich einen Kastenwagen, mit dem sie ihre Stationen abfahren. „Es steht und fällt mit dem Equipment“, sagt Meyer.

Im September kam den beiden die Idee, sich als Handwerker zu verdienen. Als Kinder bauten sie Baumhäuser zusammen. „Wir haben als Kinder viel gewerkelt und wollten nicht kellnern. Dann haben wir angefangen, Flyer zu verteilen und abgewartet, was passiert“, erzählt Meyer.

„Studenten für alle Fälle“ teilen sich WG in Köln-Weiden

Ihre Tage packen sich die beiden voll, außer am Sonntag sind sie immer unterwegs. Almeida spielt dazu höherklassig Fußball in Frechen – Zeit zum Studieren bleibt da kaum. Sie seien voll ausgelastet, sagen die beiden. Den Zweien gefällt das Ausbrechen aus dem Unialltag besonders an ihrer Arbeit, bei dem das händische Arbeiten manchmal fehlt. „Ich bin ein praktisch veranlagter Mensch“, sagt Almeida.

Ein Mann hält eine Bohrmaschine.

Shaban Almeida mit seinem Arbeitsgerät, dem Schlagbohrer.

Der zweite Termin des Tages war in Weidenpesch. Für die Studenten ist es Routine: Vier Löcher mit dem Schlagbohrer in die Wand bohren. „Für mich ist es einfacher, die beiden schnell zu buchen, als mich selbst um einen Bohrer zu kümmern“, sagt Björn Wollert, bei dem gebohrt wurde.

Köln: Studenten steuern Vereinsamung älterer Menschen entgegen

Der Großteil der Kunden wären ältere Menschen, erzählen die beiden. Dabei bemängeln sie, dass viele Menschen vereinsamen würden. „Wir sind nicht nur zum Arbeiten bei den Menschen, wir kommen auch mit ihnen ins Gespräch. Das Persönliche ist eine große Stärke von uns“, sagt Almeida. Ob sie sich als Ersatzenkel sehen? Manchmal seien sie das, sagen sie. Ihren Kundenstamm schätzen sie auf 150 Personen. Mit diesen pflegen die Handwerker eine Duzkultur, so würde Augenhöhe geschaffen. Den Kontakt zu den unterschiedlichsten Leuten schätzen die beiden sehr.

Manchmal gebe es auch Skepsis von Kunden bezüglich Zuverlässigkeit, diese lege sich aber schnell. Dabei lehnen die „Studenten für alle Fälle“ auch Aufträge ab. Elektronische Arbeiten oder Wasserarbeiten dürfen sie nicht verrichten, dazu fehlt ihnen die Ausbildung. Vor dem Tapezieren hätten sie zu viel Respekt, sagen sie.

Worin sich die beiden Teilzeit-Studenten einig sind, ist das Meditative der Arbeit. So sei es egal, ob sie nun den Rasen mähten oder das Treppenhaus saugten. Man könne dabei sehr gut nachdenken und die Gedanken kreisen lassen.

Diese werden sich in Zukunft wohl darum drehen, wie viel Zeit sie noch in ihr Studium investieren.