Gewerkschaftsvertreterinnen und -vertreter forderten am Donnerstag bessere Arbeitsbedingungen für KVB-Beschäftigte, da die seelischen und körperlichen Belastungen nicht mehr tragbar seien.
Erneuter KVB-Streik in Köln„Die Belastungsgrenze ist längst erreicht“
Satte 13 Stunden ist KVB-Busfahrer Gökhan (35) durchschnittlich an einem normalen Arbeitstag unterwegs. Durch den Personalmangel und die vielen Krankheitsausfälle im ÖPNV ist die Arbeitszeitobergrenze von neun Stunden zur Normalität für die meisten Fahrerinnen und Fahren geworden. „Ich wohne nicht direkt in Köln und bin aufgrund der Fahrtwege zusätzlich zu meiner regulären Arbeitszeit ungefähr vier Stunden unterwegs, was von unseren Geschäftsführern nicht berücksichtigt wird“, erklärt Gökhan. Er selbst ist Familienvater und hat kaum noch freie Zeit, die er mit seiner Frau und Kindern verbringen kann. „Ich mag meinen Job und deshalb stehe ich auch hier, weil es so nicht weitergehen kann. Das Privatleben kommt einfach viel zu kurz, was sich auf das seelische Wohlbefinden vieler Arbeitskräfte auswirkt. Die Belastungsgrenze ist schon längst erreicht.“
Am Freitag gehen die Manteltarifverhandlungen für die Beschäftigten des kommunalen Nahverkehrs mit dem KAV NW in Bochum in die zweite Runde. Daher hat die Gewerkschaft Verdi am Donnerstag erneut zu einem ganztägigen Streik in den Bezirken Köln, Bonn und Leverkusen aufgerufen - es ist der zweite Streik innerhalb von knapp zwei Wochen. Von Donnerstagmorgen um drei Uhr bis zum frühen Freitagmorgen fielen alle Stadtbahnen und -busse der KVB aus. Nur vereinzelt fuhren Busse, die von Subunternehmern betrieben wurden. Verdi rief zudem zu einer Streikversammlung in der KVB-Zentrale am Donnerstagmorgen auf. Vor Ort waren rund 50 Menschen.
KVB in Köln: Personalmangel, Krankheitsausfälle, schlechte Bezahlung
„Offenbar muss der Druck erhöht werden. Wenn die Arbeitgeberseite alle Forderungen der Gewerkschaft vom Tisch wischt und stattdessen eine Reihe von Gegenforderungen einbringt, wird klar, dass es harte Verhandlungen werden und keine schnellen Lösungen gibt“, so Verdi-Gewerkschaftssekretär für die Region West Frank Michael Funker. Die Forderungen umfassen unter anderem Entlastungstage für alle Beschäftigten im ÖPNV und Schicht- und Wechselschichtzulage für den Fahrdienst.
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Die Arbeitsbedingungen seien so prekär geworden, dass sich die Bahn- und Busfahrer der KVB immer häufiger der Entscheidung konfrontiert sähen, bei Verspätung auf ihre Pause zu verzichten, um keine weiteren Verspätungen zu verursachen, so Munkler. Personalmangel, Krankheitsausfälle, schlechte Bezahlung - das sind nur wenige Gründe dafür, weshalb die Fahrerinnen und Fahrer der KVB am Donnerstag ihre Arbeit niederlegten. Für viele Menschen sei der Beruf aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen nicht mehr attraktiv, sodass der Kölner Betrieb mit einem starken Nachwuchsmangel zu kämpfen hat. Was wiederum zu Mehrarbeit und einer Überbelastung derjenigen Fahrerinnen und Fahrer führe, die noch einsatzbereit sind.
Soziale und ökologische Verkehrswende dringend notwendig
„Ich wünsche mir wirklich sehr, dass der Beruf wieder attraktiver gestaltet wird, damit es allen Beteiligten, auch den Fahrgästen, besser geht“, sagt Gökhan. Denn im Endeffekt seien es auch die Fahrgäste, die unter den Verspätungen, Ausfällen und der Arbeitsniederlegung litten. „Traurigerweise fehlt das gegenseitige Verständnis. Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass die Leute genervt sind. Aber das Verständnis für unsere Anliegen bleibt aus“, erklärt der 35-jährige Busfahrer. Oftmals müssten sie die schlechte Laune der Fahrgäste aushalten, obwohl es bei den Verhandlungen ja darum ginge, die Zufriedenheit aller Betroffenen zu erhöhen.
Auch angesichts des Klimawandels sei eine soziale und ökologische Verkehrswende dringend notwendig. Wenn aber der Fachkräftemangel durch schlechte Arbeitsbedingungen sogar noch verschlimmert werde, sei eine Verkehrswende nicht umsetzbar. „Unser Job ist wichtig für den Klimaschutz. Indem wir arbeiten, betreiben wir quasi Klimaschutz und das finde ich auch gut so. Aber die Menschen müssen die Relevanz des ÖPNV für das öffentliche Wohl verstehen“, betont Gökhan.
KVB in Köln: Weitere Streiks möglich
Ob die anstehenden Verhandlungen zu neuen Ergebnissen führen werden, wird sich in nächster Zeit zeigen. Gewerkschaftssekretär Munkler betrachtet dies allerdings eher pessimistisch: „Ich glaube kaum, dass wir morgen auf einen Nenner kommen werden. Leider werden sich die Fahrgäste auf weitere Streiks einstellen müssen, die eventuell auch länger anhalten werden.“