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Bis zu 25 Prozent AusfallDarum müssen KVB-Fahrgäste in Köln gerade viel Geduld mitbringen

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Unregelmäßige Fahrten sind seit Monaten ein großes Ärgernis für die Kunden der KVB

Es gebe einen lang anhaltenden hohen Krankenstand unter den Mitarbeitern, entschuldigt sich die KVB bei ihren Kunden für Fahrausfälle. Was das konkret für Folgen hat an der Bahnsteigkante, hat die Rundschau untersucht. In der Spitze fallen 25 Prozent der Bahnfahrten aus.

Der Tag, an dem offensichtlich wurde, dass es bei den Kölner Verkehrs-Betrieben (KVB) ein größeres Problem gibt, war der 8. Juli. Damals nahm die KVB vier Buslinien aus dem Betrieb. Zu wenig Personal. Die Krankheitsquote habe einen ungeahnten Höchststand erreicht, begründete der Betrieb den durchaus drastischen Schritt. Krankheit, das gibt sich doch wieder: Wer so dachte, irrte. Die Lage hat sich seitdem nicht nur nicht gebessert, der Engpass hat sich auch als extrem langwierig erwiesen. Neben den weiterhin bestehenden Einschränkungen im Busbetrieb kommt es auch bei den Stadtbahnen immer wieder zu Ausfällen. Seit nunmehr fünf Monaten kommt die KVB nicht mehr richtig in die Spur. Besserung ist nicht in Sicht. Für die Fahrgäste hat das erhebliche Folgen.

Geduldsprobe für die Kunden

Die Rundschau hat „Buch geführt“, genau hingeschaut, wie sich die ganzen Ausfälle konkret auswirken. Dadurch wird deutlich, was die KVB in dieser Klarheit nicht kommuniziert: Bei den Stadtbahnen kommt es zeitweise zu einem Ausfall von bis zu 25 Prozent der Fahrten. Nicht selten fallen gleich mehrere Bahnen einer Linie hintereinander aus. Eine Geduldsprobe für die Kunden. Was den Überblick über die Lage bei der KVB extrem erschwert: Die Fahrplanauskunft liefert immer nur eine Momentaufnahme. Damit weiß der Fahrgast vielleicht, dass seine aktuelle Bahn nicht kommt.

Wie es um die Rückfahrt steht, kann er nicht planen. Diesen Service bräuchte er aber seit August dringender denn je, wie ein „Schlaglicht“ auf den 6. Dezember 2022, 16 Uhr zeigt. An diesem Tag, zu dieser Stunde fielen nicht weniger als 23 Stadtbahnfahrten aus. Dazu rund 40 Ausfälle auf den Buslinien. Wobei: Die Fahrplanauskunft spiegelt offensichtlich nicht die ganze Wahrheit wider. Beispielsweise die im Berufsverkehr zusätzlich eingesetzten Stadtbahnen der Linien 1, 9 und 15 werden nicht immer mit angezeigt. Werden die Ausfälle bei diesen Zusatzlinien – nachgehalten direkt am Bahnsteig – mit eingerechnet, kommt es am „Nikolaustag“ um 16 Uhr zu 40 ausgefallenen Fahrten allein auf den Stadtbahnlinien.

Wartezeit von über 20 Minuten

168 Züge, bestehend aus zwei Wagen, hat die KVB von montags bis freitags im Einsatz. Der von der Rundschau dokumentierte Ausfall am 6. Dezember um 16 Uhr beträgt damit rund 25Prozent des gesamten Fahrplanangebotes für den Stadtbahnbetrieb. Doch selbst diese erschreckend hohe Zahl zeichnet immer noch kein vollständiges Bild von den Schwierigkeiten, mit denen die KVB-Fahrgäste zurzeit zu kämpfen haben. Auffällig ist nämlich unter anderem, dass nicht selten zwei hintereinander folgende Bahnen einer Linie ausfallen. Das bedeutet bei einem Zehn-Minuten-Takt eine Wartezeit von mindestens 20 Minuten. Zu sehen ist das am 6. Dezember beispielsweise auf den Linien 3 und 4, die abschnittsweise auf denselben Teilstrecken in der Innenstadt fahren, sich also bei Ausfällen ergänzen könnten.

Was nutzt es, wenn die Züge auf beiden Linien ausfallen? Was die Planbarkeit für die Fahrgäste zusätzlich erschwert: Dass es auf einer Linie bis in den Mittag hinein gut läuft, lässt keinen Rückschluss auf den Nachmittag zu. Findet sich für die Anschlussschicht kein Fahrer, rückt die Bahn nämlich ins Depot ein und fällt damit aus. Darum steigen die Ausfälle am Nachmittag schon mal sprunghaft an. Krankenquote von bis zu 20 Prozent „Leider ist die Qualität unserer Bus- und Bahnbetriebs im Moment nicht so, wie die Kunden es erwarten können und wie es unseren Ansprüchen entspricht“, so äußerte sich kürzlich KVB-Vorstandsvorsitzende Stefanie Haaks in der KVB-eigenen Publikation „Köln-Takt“. Das klingt fast „niedlich“ angesichts einer Leistungsminderung von 25 Prozent.

Krankheitsquote von bis zu 20 Prozent

Solche konkreten Zahlen zu nennen, vermeidet die KVB. So bisher auch bei der Krankheitsquote. Bei Anfragen dazu wurde stets darauf verwiesen, das seien Betriebsinterna. Nun allerdings, wo die deutliche Einschränkung der Fahrleistung fast seit einem halben Jahr anhält, doch ein offenes Wort: „Tatsache ist, dass wir nach wie vor beim Fahrpersonal eine Krankenquote haben, die zwischen 15 und 20 Prozent liegt“, antwortet ein KVB-Sprecher auf Nachfrage der Rundschau. Ein solch hoher Krankenstand sei aufgrund der bisherigen Datenlage nicht vorhersehbar gewesen, ergänzt er.

Sind Corona und die Grippe schuld? Offiziell darf der Arbeitgeber nicht wissen, warum sich ein Angestellter krankmeldet. Dennoch heißt es hinter vorgehaltener Hand aus dem Betrieb, im Sommer habe die Corona-Welle zugeschlagen, nun, im Herbst, sei es die Grippewelle. Doch die Situation scheint schwieriger. Die Ausfälle vieler Fahrer sorgen für Belastungen der Kollegen, die noch im Dienst sind. Die Frustation steigt bei den Fahrerinnen und Fahrern des Verkehrs-Betriebs. So beschriebt es unter anderen ein Fahrer, der anonym mit der Rundschau über das Betriebsklima spricht (siehe Infotext). Bei dem Stimmungsbild, das er zeichnet, ist es nicht auszuschließen, dass viele Krankmeldungen ihre Wurzel auch in der Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen haben.

Ein Indiz dafür könnten auch die zunehmenden kurzfristigen Krankheitsmeldungen sein, die zurzeit den Betrieb bei der KVB erschweren und deren Zunahme ein KVB-Sprecher bestätigt. Ein klassischer Fall für den Betriebsrat, könnte man meinen. Die Rundschau hat dem Vorsitzenden eine Anfrage zur Betriebslage geschickt. Sie blieb unbeantwortet.

Besserung kurzfristig nicht in Sicht „Eine deutliche Verbesserung können wir erst mittelfristig in Aussicht stellen“, sagt ein KVB-Sprecher. Bereits vor Monaten seien die Fahrschulkapazitäten ausgebaut worden. Jedoch fänden sich über die Stellenausschreibungen nicht so schnell geeignete Fahrer wie beispielsweise noch vor der Pandemie. „Für den Januar sind die beiden Fahrschulen Bus und Stadtbahn mit 20 beziehungsweise 23 Teilnehmern ausgebucht. Die Arbeit zeigt erste Erfolge, allerdings spiegeln sich die Anstrengungen noch nicht im gewünschten Erfolg wider. Betrieblich werden wir zum Jahresbeginn durch eine Dienstplanüberarbeitung versuchen, auf drei Linien zumindest ein wenig mehr Stabilität zu bekommen“, verspricht er.