Kölner FlughafenNeue Station für Kölns Rettungshubschrauber in Betrieb
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Köln – Unwürdig. Das war wohl eine der meist gebrauchten Vokabeln, was die Unterbringung der Crews von „Christoph Rheinland“ und seinem „kleinen Bruder“ „Christoph 3“ auf dem Gelände des Flughafens anging. Ein paar notdürftig hingezimmerte Container, nicht viel mehr als eine Notunterkunft. Johan Vanneste, scheidender Chef des Flughafens, bekannte freimütig, er habe sich „geschämt“, als er mal einen kurzen Blick hineinwerfen konnte.
Dabei konnte er am wenigsten dafür. Betreiberin der Rettungshubschrauberstation ist die Stadt und somit auch verantwortlich für die Unterbringung der Crews. Die können nun erleichtert aufatmen: Aus Containern besteht die Station zwar nach wie vor, allerdings sind die kein Vergleich mehr zu den Vorläufern.
Der Flughafen hat die neue Luftrettungsstation für rund 750 000 Euro gebaut, die Stadt ist Mieterin und stellt sie der ADAC Luftrettung zur Verfügung. Insgesamt 20 Containereinheiten sind mit allem ausgestattet, was im Rettungsdienst benötigt wird. Die Diskussion um den Kalkberg, der eigentlich als Rettungsstation auserkoren war (s. Chronologie auf Seite 2 dieses Artikels), gehört damit der Vergangenheit an.
Die Anlage bietet auch technische Einrichtungen für den operativen Einsatz, beispielsweise entsprechende Kommunikationsmittel. Immer noch ein Provisorium, aber eines, das nun auch einem genaueren Blick standhält. Und eines, das möglicherweise auch einen längeren Zeitraum überdauern muss. Denn auch wenn Oberbürgermeisterin Henriette Reker betonte, man wolle seitens der Stadt eine dauerhafte Lösung, sei es sehr schwierig, einen geeigneten Standort zu finden. Von daher wollte sie auch nicht ganz ausschließen, dass der Flughafen auch auf Dauer interessant sein könnte.
Vielleicht auch nicht die schlechteste Lösung. „Voller Überzeugung glücklich“ zeigte sich jedenfalls Christian Miller, Leiter der Berufsfeuerwehr Köln, über die neuen Unterkünfte für die Einsatzkräfte. Er sprach von einem Meilenstein für den Standort Köln und erläuterte, was „Christoph Rheinland“ zu leisten imstande ist: Intensiv-Transporte von Krankenhaus zu Krankenhaus – in Pandemie-Zeiten besonders wichtig – Rettungseinsätze und nicht zuletzt Aufklärungsflüge etwa bei vermissten Personen im Rhein. Ein „hoch spezialisiertes Einsatzmittel“ nannte er „Christoph Rheinland“, der 2020 rund 600 Einsätze flog. Beide Helikopter zusammen – „Christoph Rheinland“ und „Christoph 3“ – fliegen rund 1500 Einsätze im Jahr.
Einsatzgebiet umfasst NRW und angrenzende Länder
Jedes Bundesland regelt seine Flugrettung anders, in Köln stellt der ADAC Hubschrauber und Pilot, die Feuerwehr den Notarzt und Hilfsorganisationen wie DRK, Johanniter Unfallhilfe und Malteser Hilfsdienst die Sanitäter. Die Kölner Stationsbesatzung setzt sich insgesamt zusammen aus drei Piloten, 18 Notärzten und zehn speziell ausgebildeten Notfallsanitätern. Das Einsatzgebiet von „Christoph Rheinland“ umfasst Nordrhein-Westfalen und bei Bedarf auch die angrenzenden Bundesländer sowie Nachbarstaaten.
Prinzipiell sei der „Christoph Rheinland“ auch nachtflugfähig, erklärte Frédéric Bruder von der ADAC Luftrettung. Allerdings wird er zurzeit nur tagsüber und an den „Tagesrandzeiten“ eingesetzt, in der Nacht sei der Bedarf relativ gering. Die technischen Voraussetzungen immerhin wären gegeben, auch die neue Unterkunft ist auf einen 24-Stundenbetrieb vorbereitet.
Chronologie: Der Kalkberg
Hintergrund für den Standort der Kölner Rettungshubschrauber am Flughafen ist die geplatzte Einrichtung einer solchen Basis auf dem Kalkberg. Er entstand durch Aufschüttung von Abfällen der Chemischen Fabrik Kalk in einer Hochdeponie.
2005 wurde das Gelände nach einem Ratsbeschluss für eine Rettungshubschrauberstation vorgesehen. Bis zur Fertigstellung sollten die Hubschrauber auf dem Flughafen Köln/Bonn stationiert werden. 2011 beschloss der Rat mehrheitlich, auf dem Kalkberg ein gemeinsames Luftrettungszentrum für den Rettungshubschrauber „Christoph 3“ und den Intensivtransporthubschrauber „Christoph Rheinland“ zu errichten. Die rund 32 Meter hohe Chemiekippe wurde vor Baubeginn aber nur bis in eine Tiefe von acht Metern untersucht. Eine 20 Meter starke durchfeuchtete Kalkschicht blieb unentdeckt. 2013 nahm die Staatsanwaltschaft Köln ein Ermittlungsverfahren gegen Verantwortliche der Stadt im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb des Kalkbergs auf, konnte aber keine Unregelmäßigkeiten feststellen. Im September 2013 begannen die Bauarbeiten.
2015 wurde im Juni bekannt, dass Teile des Fundamentes um bis zu sieben Zentimeter abgesackt sind. Es wurde ein Baustopp verfügt. Ende September lagen die Unterschiede der Bodenplatte bei 13 Zentimetern. Zudem traten Risse an den Wänden auf. Am 10. Dezember wurde damit begonnen, die Kuppe mit der Aussichtsplattform wieder abzubaggern. Gutachter hatten herausgefunden, dass das zusätzliche Gewicht die Kalkschicht im Innern zusammendrückt, Gutachter hielten Absenkungen von einem Meter für möglich.
2019 schlug die letzte Stunde für die Rettungshubschrauberstation auf dem Kalkberg in der letzten Sitzung des Stadtrates vor der Kommunalwahl. Die Grünen zogen mit SPD und Linken endgültig einen Schlussstrich unter das Projekt. Die über 30 Millionen Euro teure Station wird ihren Betrieb wohl nie aufnehmen. (two)