Kölner DreigestirnPrinz, Bauer und Jungfrau im Porträt – in einer besonderen Session
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Köln – Anders jeck: In dieser Session der Experimente, bei der die Pandemie den Takt vorgibt, feiert Fastelovend auf Abstand mit digitalen Events Premiere: TV-Pripro op Jöck zur Proklamation, Zoch als Puppenspiel, Homestory per Videokonferenz.
Der designierte Prinz – Sven Oleff ist Sportsmann und Familienmensch
Einmol Prinz zo sin, davon hat Sven Oleff schon als kleiner Fetz geträumt. Dass er nun gleich zweimal, 2021 und 2022, die Prinzen-Rolle übernehmen wird, hätte der 44-Jährige sich nie vorstellen können. „Ich empfinde es als großes Glück, dass wir für zwei Jahre das Dreigestirn stellen und ich habe die Hoffnung, dass wir 2022 wieder zur Normalität zurückkehren. Dann werde ich es auch krachen lassen!“ sagt der Meister im Sanitär- und Heizungshandwerk mit eigenem Betrieb.
Dass er die Rolle des Prinzen übernehmen würde, sei nie in der Diskussion gewesen. „Vielleicht liegt das daran, dass ich die schönsten Beine von allen habe“, sagt Oleff, und seine Frau Isabel ergänzt lachend: „...und die längsten!“ Das macht sich sicher gut in weißen Strumpfhosen. Er tanzt sehr gerne in der ersten Reihe. Seit 20 Jahren ist der Handwerksmeister, der von seinem Vater den Betrieb übernahm, aktiv im Tanzsport. Er übernahm den Part als Hänneschen der Original Tanzgruppe Kölsch Hänneschen, tanzte bei den Rheinveilchen und den Höppemötzjern, seit fünf Jahren ist der künftige Prinz Sven I. wie auch Bauer Gereon und Jungfrau Gerdemie Mitglied im Traditionskorps der Altstädter. Und einige Jahre spielte er American Football bei den Cologne Crocodiles.
Sein größter Wunsch ist es, in dieser Session „Freude zu bringen, mit schönen alternativen Konzepten, die viel Charme haben, mit Botschaften, die wir über den Bildschirm schicken“.
Nur etwa zehn Prozent der Termine in dieser Session
Die Familie des erfahrenen Tanzoffiziers ist „mächtig stolz auf ihn und wir freuen uns, dass er dieses Amt hat. Mein Mann und ich haben uns auch im Karneval kennengelernt“, erzählt Isabel Oleff, Physiotherapeutin. Der Teamplayer und seine Frau lernten sich vor zehn Jahren im österreichischen Hintertux kennen und lieben, beim Karneval im Schnee. Sie waren in derselben Tanzgruppe aktiv und fahren gerne in die Berge.
Statt der normalerweise 400 Termine muss das designierte Dreigestirn in der Session 2021 nur rund zehn Prozent davon absolvieren. So wird die Vereinbarkeit von Beruf, jeckem Ehrenamt und Familienleben etwas leichter gemacht. „Mein Vater unterstützt mich im Betrieb, das hilft natürlich auch sehr. Und meine Frau wird viel zuhause übernehmen. Wir sind ein gutes, eingespieltes Team“, so Sven Oleff.
Um den Kopf mal frei zu kriegen, setzt er sich gern aufs Fahrrad oder spielt mit seiner dreijährigen Tochter Carlotta. Auch sie findet toll, dass ihr Papa Prinz wird. „Sie wundert sich, dass er so viel weg ist und will viel wissen“, erzählt Isabel Oleff. Die Familie genießt es, ländlich in Roggendorf zu wohnen, über die Felder zu spazieren – und trotzdem schnell in der Stadt zu sein. „Karneval lebt von Nähe“, so Sven Oleff. „Unter Corona-Bedingungen ist alles neu für uns.“ Lebensmut, Zuversicht, Achtsamkeit, diese Oberbegriffe stünden über der Session 2021.
Der designierte Bauer – Gereon Glasemacher (31) ist gut im Training
Gereon Glasemacher ist ein staatser Kääl, durch Kraftsport gut trainiert. „Die Rolle des Bauern, das ist meine!“, ist sich der 31-jährige Wirtschaftspsychologe sicher. „Mit der Figur ging schon immer eine Faszination für mich einher, diese Wehrhaftigkeit, der Einsatz für die Verteidigung der Stadt!“ Diese Eigenschaften stählen den designierten Bauern auch für den Einsatz in der Session. „Spontaneität und Kreativität sind dabei gefragt. Es bleibt spannend“, so der 31-Jährige, der schon seit Kindertagen im Fastelovend aktiv ist und lange Hockey spielte.
Seine ersten jecken Schritte machte Gereon Glasemacher in der Kindertanzgruppe der Blauen Funken, ehe er zu den Lyskircher Hellige Knäächte und Mägde wechselte. Seit 2013 ist er bei den Altstädtern. Die Passion für den Fasteleer teilt er mit seiner Frau Ann Katrin, die ebenfalls in einer Tanzgruppe aktiv ist. Er arbeitet für einen großen Softwarekonzern (SAP), sie ist Chefin einer Personalvermittlung, spezialisiert auf Berufe im Gesundheitswesen.
Als Wirtschaftspsychologe hat er einen besonderen Blick auf Bewältigungsstrategien in der Krise, „die Lethargie der letzten Monate hat ja an allen genagt“, sagt er. Aus der Empathie, dem Mitgefühl heraus sollte Zuversicht wachsen und die Kraft, sich wieder positiven Dingen zuzuwenden. Er spürt eine „positive Grundnervosität“, sagt er mit Blick auf die Proklamation, die diesmal im kleinsten Kreis am 8. Januar stattfindet, der Film „Pripro op Jöck“ ist am 17. Januar im WDR zu sehen.
Der Schönwettergolfer schwingt gerne mal den Schläger
Kindheitserlebnisse aus dem Karneval prägten den kleinen tanzbegeisterten Jecken. „Mit fünf oder sechs Jahren lief ich meinen ersten Rosenmontagszug komplett durch.“ Erinnerungen an Auftritte vor begeisterten Senioren rufen noch heute „kindliche Freude“ in ihm wach. Dieses Jahr erlebte er seinen 20. Zug. Der Bauer in spe tankt Kraft und Energie beim Sport, beim Joggen, beim Kochen mit seiner Frau und dem Austausch mit Freunden.
Mit den besten Freunden fing das in Nippes wohnende Paar während des Lockdowns an, im Wechsel bei Motto-Abenden gemeinsam zu kochen. „Wir haben uns alle mehr Zeit füreinander genommen.“ Als Schönwettergolfer schwingt er auch gern mal den Schläger. Nun fiebert der Jüngste im jecken Trio dem Sessionsstart entgegen.
„Karneval lebt von Emotion, Nähe, Beisammensein. Das wird auch Kraft kosten, es digital rüberzubringen. Aber ich bin zuversichtlich!“
Die designierte Jungfrau Gerdemie Jurist Dr. Björn Braun (37) schätzt die starken Kölner Frauenfiguren
Beim Teams-Videotelefonat für die Homestory aus dem Wohnzimmer von Dr. Björn und Maike Braun erscheint das Bild der designierten Jungfrau Gerdemie kopfüber auf dem Bildschirm. Unbeirrt zieht er das Interview so durch, zum großen Spaß aller Gesprächsteilnehmer in der verkehrten Schalte. Sprichwörtlich auf dem Kopf steht auch diese Session: Alles anders.
Egal ob digital oder live, die Begeisterung im Herzen der designierten Jungfrau ist dieselbe. „Für mich kam nur die Jungfrau infrage. Dieses Ornat, diese Hommage an die vielen starken Frauen in der Stadt Köln, es ist einfach eine schöne Figur.“ Das findet auch seine Frau Maike. Der promovierte Jurist (37) arbeitet in der auf Arbeitsrecht spezialisierten Kölner Sozietät Küttner, sie als Anwältin in Düsseldorf. Sie lernten sich auf dem Gymnasium kennen. „Wir freuen uns für ihn“, sagt Maike Braun, und auch der zweijährige Sohn Konstantin verfolgt die jecke Sache genau. „Er hat ein Buch, in dem Bild von der Jungfrau vorkommt, er zeigt zeigt darauf und sagt: Papa!“ Die Entscheidung, die tragende weibliche Rolle zu übernehmen, „haben wir ein stückweit als Familie getroffen. Es sind ja auch gleich zwei Sessionen, das muss man sich überlegen, um alles gut zu vereinbaren.“ Die Großeltern unterstützen die Familie dabei, die in Junkersdorf wohnt.
Die designierte Jungfrau fand es schon als Kind im Karneval „toll, mal jemand anderes zu sein und mich zu verkleiden“. Björn Braun kam 2003 zu den Altstädtern. Der Karnevalsjeck aus Überzeugung startete im Tanzkorps der Altstädter, ist seit 2016 als Schriftführer im Vorstand. In seiner Freizeit dreht der FC- und KEC-Fan gerne Joggingrunden ums Stadion. Und er unternimmt viel mit Sohn Konstantin, geht auf den Spielplatz. Das Tennisspielen mit seiner Frau kommt seit der Geburt von Söhnchen Jonathan allerdings etwas kurz, er kam am 1. Advent zur Welt. „Dass eine hillije Jungfrau Vater wird, gibt es nur in Kölle!“, bemerkte dazu Altstädter-Präsident Hans Kölschbach.
Privat ist der Arbeitsrechtler manchmal ein bisschen der Typ „zerstreuter Professor“, räumt Braun lachend ein. Während des Lockdowns machte er deutlich mehr Gartenarbeit als sonst und die Familie traf sich mit Freunden, soweit es ging. Trotz schwieriger Zeiten: „Es war schön, als Familie mehr Zeit füreinander zu haben, mehr Papazeit!“ Die künftige Jungfrau möchte im Team „ein Dreigestirn zum Anfassen sein, Leute auch mal in den Arm nehmen. Aber das fällt diese Session weg. Das ist schade, aber wir packen die Session bei den Hörnern und machen das Beste draus“.