Köln – Rainer Maria Kardinal Woelki ist in Köln als Aufklärer angetreten. Und nun ist das Vertrauen in ihn so erschüttert, dass Papst Franziskus die dramatische Entscheidung getroffen hat, die Situation im Erzbistum Köln durch Apostolische Visitatoren untersuchen zu lassen.
Das ist eine tragische Entwicklung – zumal Köln die Aufarbeitung des Umgangs mit sexualisierter Gewalt mit mehr Konsequenz betrieben hat als andere Bistümer, in denen Gutachten auf sich warten lassen oder – in Berlin – zensiert veröffentlicht werden. Und deren Bischöfe dennoch unbehelligt agieren.
Den Auftrag der Visitatoren – von der Berliner Nuntiatur unter Verwendung alter Rechtschreibung und feinster Ehrentitel mitgeteilt – sollte man genau lesen. Um konkrete Fehler geht es erst in zweiter Linie. Zuerst genannt wird die pastorale Situation im Erzbistum. Im Vordergrund steht also jene Vertrauenskrise, die zuletzt durch die Düsseldorfer Proteste und den Brandbrief der 14 Dechanten deutlich wurde.
Ja, Woelki hat Fehler gemacht
Ja, Woelki hat Fehler gemacht. Niemals hätte er über den Fall des ihm persönlich verbunden Düsseldorfer Pfarrers O. selbst entscheiden dürfen. Niemals hätte er einen durch den Kontakt zu einem jungen Prostituierten vorbelasteten Geistlichen auch noch befördern dürfen – und das, während eine von ihm selbst angestrengte Untersuchung gegen den Mann lief.
Bemerkenswert, dass beide Fälle in Düsseldorf anzusiedeln sind, jener Stadt, der Woelki aus seiner Zeit als junger Geistlicher und dann als Weihbischof so eng verbunden ist. Auch das ist tragisch: 2014 war Woelki der Wunschkandidat in Köln, gerade weil er aus dem Erzbistum stammte – nun bringen ihn diese alten Bindungen zusätzlich in die Bredouille. Ein Bischof mit auswärtigen Wurzeln hätte es einfacher.
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Viel schwerer als solche Fehler in der Sache wiegt aber, dass Woelki und sein Generalvikar Markus Hofmann den Eindruck haben entstehen lassen, sie würden sich hinter juristischen Schriftsätzen verschanzen. Ganz fair sind solche Vorwürfe nicht: Die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen setzt eine saubere juristische Klärung voraus, und für die hat Woelki anders als mancher Amtsbruder gesorgt. Aber dazu muss das kommen, was jeden guten Pfarrer auszeichnet: Herzenstakt und Empathie.
Man darf Woelki glauben, dass Sexualdelikte an Kindern und Jugendlichen ihn persönlich zutiefst erschüttern. Aber die Gläubigen haben zu wenig davon gespürt. Woelki wird gemeinsam mit den Visitatoren prüfen müssen, ob er in dieser Hinsicht noch die Chance auf einen Neubeginn hat.