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Tag zwei ohne BahnenWie sich der Streik auf das Leben der Kölnerinnen und Kölner auswirkt

Lesezeit 4 Minuten
Die U-Bahn-Haltestelle ist leer. Auf den Anzeigentafeln werden keine Bahnen angezeigt.

Die große Leere herrschten in den U-Bahnhöfen der KVB.

Volle Straßen, Taxen im Dauereinsatz und erstaunte Touristen — wir ziehen eine erste Bilanz der Beobachtungen nach einem Tag Streik. Und am Mittwoch geht es weiter.

Überfüllte Straßen, deutlich mehr Radfahrer, leere KVB-Bahnsteige und Taxifahrer im Dauereinsatz: Szenen aus der Kölner Innenstadt am Dienstagvormittag. Der geflügelte Satz unter Kollegen im Büro war: „Wie lange hast Du heute gebraucht?“. Manche benötigten eine Stunde aus dem Umland, andere etwas mehr, andere blieben direkt zu Hause und arbeiten von dort.

Köln: Das waren die Stauschwerpunkte

Ein Stauschwerpunkt waren laut ADAC erneut der Kölner Ring und Straßen in der Innenstadt. In der Spitze gab es laut dem Automobilverband auf den Autobahnen 380 Kilometer Stau und stockenden Verkehr. Das sei deutlich mehr als zu Beginn des zweitägigen Warnstreiks am vergangenen Donnerstag, als insgesamt bis zu 200 Kilometer Stau und stockender Verkehr gemessen wurden, in denen Fahrzeuge zeitgleich standen, sagte ein Sprecher. Und in den kommenden Tagen dürfte sich die Staulage nicht entscheiden verbessern: Am Donnerstag und Freitag (bis 13 Uhr) streiken auch die Beschäftigten der Deutschen Bahn. Der ADAC empfiehlt, nach Möglichkeit flexible Arbeitszeiten zu nutzen und Stoßzeiten zwischen 7 und 9 sowie 16 und 18 Uhr zu meiden. Zudem rät er, Fahrgemeinschaften zu bilden, Regionalzüge oder innerstädtisch das Fahrrad zu nutzen.

Verständnis für den Streik

Der Neumarkt, sonst ein beliebter Verkehrsknotenpunkt in der Stadt war am Morgen verwaist. Nur ein paar Kölnerinnen und Kölner quetschen sich um kurz nach 11 Uhr auf den Bussteig und warten auf den Bus 146 nach Deckstein, einer der wenigen Busse, der fährt. Ein privater Anbieter ist zuständig. Lucia, 46 Jahre alt, gehört zu den Wartenden. Sie ist auf den Weg zum Arzt, zur Arbeit kann sie auch laufen. Für den KVB-Streik   kann sie Verständnis aufbringen. „Für den normalen Menschen ist es doof, aber die Leute brauchen mehr Geld.“

Gähnende Leere an der Haltestelle am Kölner Dom

Gähnende Leere an der Haltestelle am Kölner Dom

Unter der Überdachung der Mayersche-Buchhandlung suchen einige Passanten Schutz vor dem Regen. Der   22-Jährige Student Tilman Devolder fährt normalerweise mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln zur Uni. Heute ist er zu Fuß unterwegs:„ Ich komme aus Frankreich, deswegen bin ich Streiks gewohnt. „ Er wisse zudem nicht wie viel Straßenbahnfahrer verdienen. Bei einem geringen Lohn findet er, dass Streiks gerechtfertigt sind. Es werden aber auch kritische Stimmen laut. Regina Schmidt war in der Stadt, um Erledigungen zu machen und macht sich   auf dem Fahrrad auf den Weg zur Arbeit. „Normalerweise fahre ich mit dem Fahrrad, aber bei dem Wetter wäre ich auch mit der Bahn gefahren“, erzählt die 64-Jährige. Grundsätzlich versteht sie die Streikenden, stellt sich aber auch die Frage der Umsetzbarkeit: „Die werden ihre Gründe schon haben, aber ich finde die Streiks sollten nicht ausgereizt werden. Außerdem frage ich mich, wie die Forderungen finanziert werden sollen.“ Auch Lion Wenzel kritisiert die Streiks: „Grundsätzlich gefällt mir das nicht so gut, vor allem nicht in der Frequenz. Für Normalverbraucher ist es ein Ärgernis.“

Freiflächen: die Haltestelle Chlodwigplatz.

Freiflächen: die Haltestelle Chlodwigplatz.

Verwaiste Haltestellen in Köln

Szenenwechsel: Am Hauptbahnhof ist die KVB-Haltestelle Dom am Vormittag fast menschenleer. Einige Touristen verlieren sich auf den Bahnsteigen und wissen nicht weiter. Ein Paar aus Rotterdam steht um 10.50 Uhr auf den Gleisen und schaut erstaunt in die Runde. „Wir wollen uns zwei Tage die Stadt anschauen“, sagt der Mann aus den Niederlanden. Vom Streik haben sie nichts mitbekommen — bis zur Ankunft in Köln. Ähnlich geht es Besuchern aus Spanien, Italien oder einem Paar, das aus Ibiza kam und Angehörigen besuchen will. Sehr gefragt sind Taxen am Hauptbahnhof besonders am Dienstagmorgen. Zeitweise stehen Menschen in einer Schlange und warten. „Das Geschäft läuft gut. Streik und Regen. Da sind viele bei uns eingestiegen“, sagte ein Taxifahrer neben dem Deichmann-Haus, wo gegen 10 Uhr die Taxi-Warteplätze fast alle leer sind. Später war zu beobachten, wie sich die Lage wieder normalisierte und genug Taxen zur Verfügung standen.

Auch am Mittwoch geht der Streik weiter — und die Kölner müssen sich wieder organisieren.