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„Kleiner Pieks, große Wirkung“So will die Stadt Köln die Corona-Impfungen angehen

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Nüchtern, aber geräumig und luftig sind die Räume in der Messehalle 4, wo die Stadt Köln am Dienstag ein Impfzentrum eröffnet hat.

Köln – „Es tut unheimlich gut, dass hier endlich mal wieder was gebaut wird“, sagte Messe-Chef Gerald Böse am Dienstag bei der Vorstellung des neuen Impfzentrums der Stadt. In der Corona-bedingt brachliegenden Messehalle 4 an der Deutz-Mülheimer Straße in Deutz wurde binnen zweieinhalb Tagen eine Impfzentrale eingerichtet, die zu den fünf größten in Deutschland gehört – ein gemeinsamer Kraftakt von Kassenärztlicher Vereinigung (KV), Gesundheitsamt, Feuerwehr und Messe. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Ab wann wird geimpft?

Das Impfzentrum ist – wie vom Land gefordert – seit gestern betriebsbereit. Sobald der Impfstoff da ist, soll geimpft werden. Falls der Impfstoff am 23. Dezember zugelassen wird, könnten bereits nach Weihnachten die ersten Impfungen erfolgen. Dies wird zunächst aber vor allem in Pflegeeinrichtungen und Kliniken der Fall sein.

Wer wird zuerst geimpft?

Zunächst werden die „vulnerablen Gruppen“, also Ältere und Vorerkrankte, sowie medizinisches Personal geimpft, danach Mitarbeiter der kritischen Infrastruktur (Polizei, Feuerwehr etc.). Die rund 10 500 Bewohner der Kölner Seniorenheime sollen vor Ort durch mobile Teams geimpft werden, die 10 000 Mitarbeiter in den Kliniken verabreichen sich die Injektionen gegenseitig.

Intensivstationen

33 Intensivbetten stehen derzeit bei Uniklinik und städtischen Kliniken noch zur Verfügung, 360 sind belegt. Damit spitzt sich die Situation durch die Covid-19-Pandemie weiter zu. Laut Verein „Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin“ (DIVI) stehen aktuell im Stadtgebiet insgesamt 393 Intensivbetten zur Verfügung. In Prozent sind (Stand Dienstag, 15. Dezember) nur noch 8,4 Prozent der Betten für intensive medizinische Pflege frei. Für ganz Nordrhein-Westfalen liegt dieser Wert bei 14 Prozent.

94 Covid-19-Patienten werden derzeit intensiv gepflegt, beatmet oder sind an eine Lungenersatzmaschine angeschlossen. Das sind 21 Prozent aller Intensivpatienten. In ganz NRW liegt dieser Wert im Durchschnitt bei 18,3 Prozent. In den städtischen Krankenhäusern in Holweide und Merheim waren am Dienstag über 90 Prozent der Intensivbetten belegt. Derzeit werden in beiden Krankenhäusern mehr als 20 Covid-19-Patienten intensivmedizinisch behandelt.

„Die Situation ist sehr kritisch, gleichwohl müssen wir noch keine Patienten, welche der maximalen Therapie auf der Intensivstation bedürfen, verlegen“, führt Horst Kierdorf, Ärztlicher Direktor der Kliniken der Stadt Köln, aus. Das Nadelöhr der stationären Versorgung seien in allen Krankenhäusern die Kapazitäten der Pflegekräfte. (dhi)

Parallel sollen in der ersten Phase im Impfzentrum in Deutz Ältere und Vorerkrankte, die zu Hause leben und mobil sind, sowie medizinisches Personal im ambulanten Dienst Impfungen erhalten. Wer in dieser ersten Phase geimpft wird, legen Gesundheitsamt und KV fest – anhand der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission und nach Rücksprache mit den Pflegekassen.

Wann kann ich mich impfen lassen?

Das hängt davon ab, wann und in welchen Mengen Impfstoff bereit steht. Erwartet wird, dass erst ab dem späten Frühjahr oder Sommer 2021 genug Impfstoff da sein wird, um die breite Bevölkerung zu impfen. Ab dem Frühjahr soll dann auch in Hausarztpraxen geimpft werden.

Wo kommt der Impfstoff her?

In Köln wird zuerst nur der Biontech-Impfstoff verabreicht, der bei minus 70 Grad gelagert werden muss. Das erfordert eine komplexe Logistik. Der Impfstoff wird vom Bund an das Landeslager NRW geliefert, lagert dort tiefgekühlt und wird vor der Auslieferung nach Köln auf Kühlschranktemperatur (2 bis 8 Grad) aufgetaut.

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In diesem Zustand ist er fünf Tage haltbar. Kurz vor der Gabe muss er noch impffertig gemacht werden, danach binnen 15 Minuten verabreicht werden. Zum Schutz der Einrichtung und der Impfstoffe wird die Halle ständig bewacht.

Wie läuft die Impfung im Impfzentrum ab?

Geimpft wird nur mit Termin. Den bekommen die ersten Gruppen von Amts wegen. Später, im Laufe des neuen Jahrs, kann man sich beim ärztlichen Bereitschaftsdienst über die bundesweite Telefonnummer 116 117 Termine geben lassen. Man erhält dann zwei Termine: für die erste Spritze und 28 Tage später für die zweite Spritze.

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Ein grünes Licht an der Tür weist Impfwilligen den Weg in eine freie Impfkabine im Obergeschoss der Halle 4.

Denn es braucht zwei Dosen, damit die Impfung wirkt. Per Post oder E-Mail bekommen die Bürger die Unterlagen mit Informationen zum Impfstoff, dem Ablauf der Prozedur, der Einwilligungserklärung, die unterschrieben werden muss, und einem QR-Code. Alle Papiere müssen beim Termin im Impfzentrum in der Messehalle 4 (Eingang Messe Ost, KVB-Haltestelle Koelnmesse) vorgelegt werden.

Wie geht es dann weiter?

Am Eingang wird berührungslos Fieber gemessen und kontrolliert, ob der Impfling einen Termin hat und den Mundschutz korrekt trägt. Dann erfolgen Ausweiskontrolle, Datenabgleich und Registrierung an einem von 20 Schaltern. Dahinter gibt es drei große Räume, in denen Aufklärungsvideos des Gesundheitsministeriums zur Impfung gezeigt werden. Hier kann man sich informieren oder auch direkt zur Impfung weitergehen. Wer ein persönliches Aufklärungsgespräch wünscht, kann einen Arzt sprechen.

Wo findet die Impfung statt?

Im Obergeschoss der Halle 4 befindet sich der Impfbereich, er ist über Aufzüge barrierefrei zugänglich. Hier gibt es 20 Doppelkabinen à zwei Impfplätze, so dass parallel bis zu 40 Personen geimpft werden können. Die Injektion erfolgt muskulär in den Oberarm.

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In den Oberarm wird die Corona-Impfung verabreicht, vorher kann man sich per Video informieren oder ärztlich beraten lassen.

Jeder Geimpfte erhält danach eine Impfbescheinigung, in der die Art des Serums und die Chargennummer dokumentiert sind. Anschließend soll man 30 Minuten in einem geräumigen Wartebereich sitzen für den Fall, dass sich Komplikationen ergeben sollten. Hier stehen medizinisches Personal und kostenloses WLAN bereit.

Wie viele Personen können in Deutz geimpft werden?

Es wird erwartet, dass in der ersten Phase nur rund 28 000 Impfdosen für Köln verfügbar sein werden, es könnten aber auch weniger sein. Sobald größere Mengen lieferbar sind, können im Impfzentrum in der Messe bis zu 5000 Impfungen pro Tag durchgeführt werden.

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Große rote Schilder weisen am Messeeingang Ost an der Deutz-Mülheimer Straße auf den Zugang zum Impfzentrum hin.

Dazu würde die Zahl der Impfkabinen verdoppelt. Bei voller Auslastung soll das Zentrum täglich von 8 bis 20 Uhr geöffnet sein. Bis zu 140 Mitarbeiter werden dort täglich im Einsatz sein, darunter 17 Ärztinnen und Ärzte.

Wie lange dauert die Impfung?

Laut Stadt muss man dafür rund 45 bis 60 Minuten einplanen, wobei die eigentliche Injektion der kürzeste Teil ist und das Warten danach der längste.

Ist der Impfstoff sicher?

Ja, sagten der Leiter des Gesundheitsamts, Dr. Johannes Nießen, sowie Dr. Jürgen Zastrow, Chef der Kreisstelle Köln der Kassenärztlichen Vereinigung. „Der Impfstoff wurde an über 30 000 Personen getestet“, so Nießen. „Die Erfolgsquote der Impfung liegt über 95 Prozent, das ist ist nicht alltäglich. Kleiner Pieks, große Wirkung.“

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Erst Hände desinfizieren, dann geht es zur Registrierung. Im Wartebereich ist reichlich Platz, um Abstand zu halten.

Durch Impfen senke man die Zahl schwerer Krankheitsverläufe. „Weniger Menschen werden sterben, das Gesundheitssystem wird entlastet.“ Zastrow betonte: „Das Impfen ist die einzige Möglichkeit, wie wir aus der Krise kommen.“

Ist man nach der Impfung noch ansteckend?

„Wir wissen es nicht“, erklärte Nießen. Bis dazu belastbare Erkenntnisse vorliegen, müssten sich alle Geimpften weiterhin an die Abstand-, Masken- und Hygieneregeln halten.

Wie senkt man das Ansteckungsrisiko noch?

Zastrow empfiehlt antiseptische Mundspülungen, wie sie im Drogeriemarkt erhältlich sind. „30 Sekunden Gurgeln reichen aus, um die Virenlast im Rachen soweit zu senken, dass Sie zwei, drei Stunden nicht mehr ansteckend sind. Ein Tipp, nicht nur für das Weihnachtsessen.“