Corona-KriseDas sind Folgen des Lockdowns für Handel, Schulen und Kitas in Köln
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Köln – Es ist der Sturm vor der Ruhe. Geschäfte, die klassischerweise vor Weihnachten noch viel Umsatz generieren – Buchhandlungen, Geschenk-Boutiquen oder Spieleläden etwa –, haben nach der Ankündigung des erneuten Lockdowns genau zwei Tage Zeit, um das Jahresgeschäft abzuschließen. Zur Not 48 Stunden lang. In diesen zwei Tagen brennt dann die Hütte – auch bei den kleineren Läden, etwas abseits der Fußgängerzonen mit ihren Filialisten. Und dort geht es vielen nicht nur darum, jetzt noch schnell möglichst viel Gewinn zu machen. Es geht auch immer noch um Beratung, um Bestellungen und nicht zuletzt um die Einhaltung aller Hygienevorschriften. Einsatz am Rande des Leistbaren.
Buchhandlungen
Nicht, dass es für die meisten Inhaber besonders überraschend gekommen wäre. Die Zeichen waren eindeutig. Viele Einzelhändler vor allem in den Veedeln hatten sich deshalb schon lange Gedanken gemacht, wie man die geneigte Kundschaft bei Laune halten kann und nicht an Amazon und Co. verliert.
Miete und Pacht
„Ende November war die Novemberhilfe nicht auf dem Konto, Ende Dezember wird die Dezemberhilfe nicht oder nur in Teilen auf dem Konto sein“, sagt Christoph Becker, Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Nordrhein. Er fordert deshalb eine Beschränkung des Kündigungsrechts von Miet- und Pachtverhältnissen, soweit die Aussetzung der Miete auf den Auswirkungen Pandemie beruhe. Aus dem Umsatz von Außer-Haus-Geschäften oder geschäftlichen Übernachtungen könnten Gastronomen und Hoteliers ihrer Zahlungsverpflichtung nicht nachkommen, die Rücklagen seien ausgeschöpft.
„In Zeiten der völligen Verunsicherung und Perspektivlosigkeit, ohne ein Ziel vor Augen, fordert der Verband, den Gastronomen und Hoteliers zumindest die Sicherheit zu geben, dass ihnen ihre Existenzgrundlage nicht durch Kündigung des Pachtobjektes genommen wird“, sagt Becker. (two)
Kostenfreie Fahrradlieferung zum Beispiel, klassische Versandbestellungen – oder ganz neue Ideen, etwa die Ware am nächsten Büdchen zu hinterlegen. Verteilstation mal anders. Macht zum Beispiel die Agnes-Buchhandlung an der Neusser Straße, die Bücher, Hörspiele und andere Waren aus dem Sortiment am Kiosk St. Georg hinterlegt. Dort können die Kunden dann die Ware abholen. Ohnehin haben die Veedelsbuchhandlungen in diesen Tagen noch einmal Hochkonjunktur: In den Einkaufsstraßen bilden sich lange Schlangen vor den Geschäften. Aber es gibt kaum Murren, die meisten harren geduldig aus.
Gesellschaftsspiele
Im „Spielbrett“ an der Engelbertstraße haben Inhaberin Nadine Pick und ihr Personal alle Hände voll zu tun, im Wortsinn. Die Kunden des Fachgeschäfts für Brettspiele sind geduldig, warten in der Schlange draußen, bekommen einen Kaffee oder ein anderes Heißgetränk am Büdchen gegenüber. Drinnen geht derweil die „Massenabfertigung“ weiter – genau das, was Pick und ihr Team eigentlich nicht wollen. Auch wenn sich niemand beklagt: Ausführlich Beraten, ausprobieren, ein paar warme Worte nicht nur, aber natürlich speziell in der Vorweihnachtszeit – das „Spielebrett“ lebt nicht nur vom Verkauf allein.
„Das nimmt einen auch emotional ganz schön mit“, sagt Nadine Pick. Mal ganz abgesehen vom Verlust der umsatzstärksten acht Tage im ganzen Jahr. „Das können wir nicht mehr auffangen. Eventuell bieten wir von Mittwoch an einen Fensterverkauf an, auch ein wenig Auslieferung ist sicher drin. Aber das wird ganz sicher nicht den üblichen Umfang ersetzen können.“ Die Zeit vor Weihnachten, zwischen den Jahren und am Jahresanfang ist auch die Zeit, in der viele Kunden den Laden ganz gezielt aufsuchen, das „Spielbrett“ liegt etwas abseits der großen Touristenströme. „Ein ausgesprochen blöder Jahresbeginn“, sagt Pick.
Friseure
Das nun ausfallende Jahresgeschäft trifft aber auch Dienstleister, die man im ersten Moment vielleicht gar nicht so sehr auf der Rechnung hatte. Das Friseurhandwerk etwa. Ob Weihnachten oder Silvester: Ohne schicke Frisur geht da bei vielen gar nichts. Deshalb gehen zu Wochenbeginn nun einige in die Verlängerung, bevor sie dann am Mittwoch für den Rest des Jahres ihre Läden schließen müssen.
Bei „Figaro“ in Sülz melden sich am Montag einige Stammkunden, die unbedingt noch die Festtagsfrisur herrichten lassen wollen. Eine Anruferin ist ein wenig erstaunt, als ihr Chefin Ursula Marx einen Termin am Dienstag um 21.45 Uhr anbietet. „Wir öffnen bis Mitternacht und legen eine Extraschicht ein, um unsere Stammkunden noch bedienen zu können“, erzählt sie. Einige ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen Überstunden, andere kommen zur Spätschicht. Ein paar Termine seien sogar noch frei. „Wir versuchen zu retten, was zu retten ist“, meint Marx.
Schulen
Die Kölner Schulen stehen in der letzten Woche vor den Weihnachtsferien nochmals gehörig unter Druck. Der Grund sind die verschärften Maßnahmen der Landesregierung Nordrhein-Westfalen (NRW) vom vergangenen Freitag. Schüler ab der achten Klasse sind daher seit Montag im Distanzunterricht. Alle anderen Kinder gehen weiter zur Schule, es sei denn, die Eltern entscheiden sich dagegen.
Andreas Niessen, Schulleiter der Helios-Gesamtschule in Ehrenfeld, sagt: „Wir hätten uns gewünscht, dass die Landesregierung ab Montag konsequent die Schulpflicht für alle Klassen ausgesetzt hätte, so wie das nach der Ministerpräsidentenkonferenz kommuniziert wurde.“ Die vom Schulministerium nun ausgegebene Regelung bedeute für die Schulleitungen erhebliche organisatorische Probleme. „Wenn wir diese Woche Distanz- und Präsenzunterricht organisieren sollen, dann ist das mit hohem Planungsaufwand verbunden und in der angespannten Lage personell kaum machbar,“ beklagt Niessen.
Helios-Gesamtschule im Vergleich gut aufgestellt
Grundsätzlich ist die Helios-Gesamtschule laut eigener Aussage im Vergleich zu vielen anderen Schulen in Köln für einen digitale Distanzunterricht technisch und personell sehr gut ausgestattet. Die Schule gehört neben einer weiteren Kölner Schule zu einem Pilotprojekt der Stadt und der Universität Köln, das 2018 gestartet wurde. „Unsere Schülerinnen und Schüler sind zu nahezu 100 Prozent mit dem nötigen technischen Equipment ausgestattet. Unterstützt wurde dies mit städtischen Mitteln und einem elternfinanzierten Model, das auch Familien mit wenig Geld die Anschaffung der digitalen Endgeräte ermöglichte“, sagt Andreas Niessen.
Die Bezirksschülervertretung (BSV) Köln hat die Landesregierung von NRW ebenfalls kritisiert. Aus dem vergangenen Frühjahr sei nicht gelernt worden, so der BSV. Lehrkräfte und Schüler seien nach wie vor nicht ausreichend genug auf Online-Unterricht vorbereitet. „Die digitalen Endgeräte sind immer noch nicht flächendeckend an allen Schulen angekommen.“ Die Bildungsungerechtigkeiten für sozial benachteiligte Schüler bleiben daher auch im zweiten Lockdown bestehen, so die BSV-Vertreter. Positiv bewerteten sie, dass geplante Klausuren nach Entscheidung in der jeweiligen Schule verschoben oder sogar entfallen können.
So geht auch die Schulleitung im Humboldt-Gymnasium in der Altstadt-Süd vor. Allerdings will sie Klausuren nur bis einschließlich der zehnten Klasse ausfallen lassen. Für die Oberstufe sollen laut Mitteilung der Schulleitung alle Klausuren und mündlichen Prüfungen stattfinden – und zwar vor Ort in der Schule. Nach Beendigung der Prüfungen müssen die Schülerinnen und Schüler dann wieder nach Hause gehen. Der Distanzunterricht wird über die Lernplattform „Moodle“ durchgeführt. Nach dem Einloggen können die Schüler, die zuhause lernen, dann in ihrem E-Mail-Account die anstehenden Aufgaben und die dazu gehörenden Hinweise abrufen, informiert die Schulleitung.