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Katholische Kirche in KölnKatholikenausschuss fordert aktives Handeln gegen Austrittstrend

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Ein Gottesdienst im Dom: In Köln sind voriges Jahr 10 025 Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten.

Ein Gottesdienst im Dom: In Köln sind voriges Jahr 10 025 Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten.

Trotz weniger Kirchenaustritten im Jahr 2023 wirft Gregor Stiels, Vorsitzender des Katholikenausschusses in Köln, dem Erzbistum vor, die Gründe nicht zu analysieren.

Im Erzbistum Köln sind im vergangenen Jahr fast 41.000 Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten, die Rundschau berichtete. Das ist der zweithöchste Wert nach der Rekordzahl von 2022 mit 51.345 Kirchenaustritten.

Im Bereich des Stadtdekanats Köln verließen 2023 nach Rundschau-Informationen insgesamt 10.025 Personen die katholische Kirche. „Das ist ein Desaster“, findet Gregor Stiels, Vorsitzender des Katholikenausschusses in der Stadt Köln. Anders als Generalvikar Guido Assmann, der es als erfreulich bezeichnet hat, dass die Kirchenaustritte im Vergleich zum Vorjahr abgenommen habe, könne er an den Zahlen „nichts Positives finden“, sagte Stiels der Rundschau und betonte: „Mich verwundert, dass das Erzbistum Köln seit Jahren nichts unternimmt, um die Zahl der Austritte signifikant zu senken.“

Viele Menschen sind nach wie vor religiös, beziehungsweise spirituell. Sie haben aber den Eindruck, dass die Kirche ihnen kein Angebot mehr macht.
Gregor Stiels, Vorsitzender Katholikenausschuss

Die Ursachen, warum Menschen der Kirche den Rücken kehren, würden von der Bistumsspitze nicht analysiert. „Das war nie ein Thema, eine Analyse fehlt komplett.“

Die Gläubigen würden die katholische Kirche verlassen, „weil sie keine Bindung zur Kirche mehr haben“. Daran müsse man arbeiten, so Stiels. „Viele Menschen sind nach wie vor religiös, beziehungsweise spirituell. Sie haben aber den Eindruck, dass die Kirche ihnen kein Angebot mehr macht.“

Austritte aus der Kirche: Trend setzt sich fort

Der negative Trend der letzten Jahre habe sich verfestigt, meint der Vorsitzende der Laienorganisation der katholischen Gläubigen Kölns. „Man ist offenbar unfähig, dem etwas entgegenzusetzen. Das finde ich sehr schade. Denn ich bin überzeugt, dass es möglich wäre, das Ruder herumzureißen, wenn die Kirche mehr auf die Menschen zugehen und sie stärker einbeziehen würde.“ Dazu gehöre echte Mitbestimmung durch die Gläubigen. Stattdessen steuere das Erzbistum Köln eher in Richtung Intransparenz. „Da ist alles sehr zentralistisch und hierarchisch von oben nach unten organisiert. Damit kann man nichts gewinnen heutzutage“, unterstreicht Gregor Stiels.

Pfarrer Franz Meurer von der katholischen Gemeinde St. Theodor und St. Elisabeth in Höhenberg-Vingst nennt die Entwicklung im Gespräch mit der Rundschau „dramatisch“. Er könne aber nachvollziehen, warum so viele Menschen der Kirche den Rücken kehren. Auch sein Bruder sei ausgetreten. „Es reicht. Das Maß ist voll“, habe er gesagt, so Meurer, der für sein soziales Engagement bekannt ist. „Irgendwann wollen die Leute nicht mehr. Die wollen keine Kirche, die sich mit sich selbst beschäftigt.“ Und die Unsummen für Kommunikationsberatung ausgebe.

Vertrauen könne man nicht mit Rechtsanwälten gewinnen, betont Meurer. „Die Kirche muss auf die Menschen zugehen und insbesondere denen helfen, denen es nicht so gut geht.“ Die Arbeit als Pastor mache man ja nicht, damit die Leute Kirchensteuer zahlen, sondern weil man davon überzeugt sei, was man tue. Es gelte, die Menschen positiv zu überraschen.

Meurer hat kürzlich ein neues Buch veröffentlicht: „Brandmeister Gottes. Für eine Kirche, die nicht lange fackelt.“ Darin untermauert er seine Maxime: Christlich ist, was den Menschen hilft. „In der Gemeinde müssen sich alle willkommen fühlen. Auch die, die nicht glauben“, sagt er. Und es brauche eine gute Fehlerkultur. „Frei nach dem Philosophen Hans-Georg Gadamer: Der andere könnte recht haben.“

Der Kölner Stadt- und Domdechant Robert Kleine sagte der Rundschau: „Ich bedaure es natürlich sehr, und es macht mich auch traurig, dass so viele Menschen unsere Kirche verlassen haben.“

Zugleich sei er „tief davon überzeugt, dass die Botschaft Jesu gerade in unserer Zeit voller Krisen Halt und Hoffnung geben kann“, betont Monsignore Kleine. „Und ich weiß, dass so viele Gläubige in unserem Stadtdekanat aus ihrem Glauben heraus diese frohe Botschaft in Worten und vor allem in Taten der Nächstenliebe bezeugen - und somit in Gemeinden, Caritas, Kitas und Beratungsstellen selbst ein sehr gutes Argument für den Verbleib in der Kirche sind!“