Köln – Pommes gehören zum Brauhaus wie Kölsch und Köbes. Ein Brauhaus ohne Pommes – eigentlich unvorstellbar. Das sieht auch Erwin Ott so. Und trotzdem muss der Betriebsleiter im Gaffel am Dom das gold-gelbe Lieblingsessen vieler Touristen ab dem 1. April von der Speisekarte der Institution am Hauptbahnhof streichen.
Vermehrt Joghurt- statt Essig-Öl-Dressing
Grund dafür ist der Speiseöl-Mangel, ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine.
„Der Markt ist leer“ sagt Ott. Rund 100 Liter Speiseöl braucht das Brauhaus wöchentlich. Mindestens. Rund 20 Liter konnte der Lieferant zuletzt auftreiben, mehr war nicht drin. Die Mengen sind streng rationiert. Das sich daran in den kommenden Wochen etwas ändert – unwahrscheinlich. Ohne Abstriche kann es also nicht weitergehen. Rievkooche und Schnitzel soll es eingeschränkt weiterhin geben. Doch die Fritten müssen runter von der Karte. Sie könnten durch Bratkartoffeln ersetzt werden. Zum Salat reicht das Brauhaus künftig verstärkt Joghurt- statt Essig-Öl-Dressing. Auch Preiserhöhungen seien als nächster Schritt nicht auszuschließen.
„Wir haben auch überlegt, auf Backofen-Pommes umzustellen. Doch die dauern zu lange, um damit einen á-la-carte-Betrieb aufrecht zu erhalten“, sagt Ott. Auch für ihn ist es eine seltsame Situation. „Ich bin sehr gespannt, was die Gäste dazu sagen werden.“ Wann die Pommes ihren rechtmäßigen Platz neben der Currywurst wieder einnehmen kann, steht in den Sternen. „Niemand weiß, wie lange der Krieg noch dauert“, sagt Ott. „Ich hoffe es geht zügig vorbei.“
In der Gastronomie trifft das Problem so gut wie jeden. Die Ukraine und Russland sind weltweit die wichtigsten Exportländer für Sonnenblumenöl. „Deutschland deckt seinen Bedarf zu 94 Prozent durch Importe ab“, teilt der Verband der Ölsaaten verarbeitenden Industrie mit. Mehr als die Hälfte des weltweit importierten Sonnenblumenöls kommt aus der Ukraine. Der Verband rechnet in den kommenden Wochen und Monaten mit Einschränkungen, die nur „sehr schwer“ zu ersetzen seien. Auch in Supermärkten sind die Öl-Regale durch Hamsterkäufe aktuell oft leer.
Wie es in anderen Gastronomie-Betrieben aussieht
„Wir merken, dass es schwieriger wird, an Speiseöl zu kommen“, sagt auch Tino Fastabend, Gastronomie-Bereichsleiter bei Mühlen Kölsch. Die Brauerei betreibt fünf Gastronomie in der Stadt. „Zum Glück ist es noch nicht so dramatisch, dass wir die Speisekarte anpassen müssen.“ Auszuschließen sei das je nach Entwicklung der Lage dennoch nicht.
Denn: „Wenn es kein Öl mehr gibt, kann es auch keine Pommes mehr geben“, ist sich auch Till Riekenbrauk bewusst. Riekenbrauk ist Vorstandsmitglied der IG Gastro und Betreiber des Brauhaus Johann Schäfer in der Südstadt. „Zum Glück sind wir noch nicht an diesem Punkt“, sagt er. Sein Team habe eine „glückliche Lösung“ gefunden, um den Engpässen entgegenzutreten. „Wir haben einen Lieferanten gefunden, der das gebrauchte Öl zurücknimmt und wieder aufbereitet“, erklärt Riekenbrauk. Dazu gibt es auch die Möglichkeit, das Frittieröl selbst zu filtern und von verbrannten Schwebstoffen wie zum Beispiel Panade-Überresten zu befreien. Das spare zusätzlich rund 40 Prozent Öl ein. Das gereinigte Produkt stehe dem neu gekauften geschmacklich und qualitativ in nichts nach.
Der Preisanstieg ist „katastrophal“
Dadurch, dass neben dem Öl auch andere Lebensmittel knapper werden, steigen die Einkaufspreise aber auch an anderen Stellen. „Alles wird teurer, ob Fisch, Fleisch oder Gemüse. So schnell kann man die Preise gar nicht erhöhen“, sagt Riekenbrauk. Das sei „katastrophal“. In den Gruppenchats mit anderen Gastronomen sei es ein Riesenthema. Dazu kommen auch steigende Personalkosten. „Um auf dem Niveau von 2019 zu bleiben, müsste man eigentlich direkt alle Preise um 20 Prozent erhöhen.“ Irgendwo seien dann aber auch Zahlungsbereitschaftsgrenzen erreicht. Zumal nicht nur der Restaurantbesuch teurer wird – Stichwort Spritpreis.
Die Pommes einfach von der Speisekarte nehmen – das ist für Christian Kirchner nicht möglich. Kirchner betreibt in Köln die fünf „Weltmeister“-Pommesbuden. Am Barbarossaplatz, am Mediapark oder am Ebertplatz prangt auf den unübersehbaren roten Filialen der Schriftzug „Currywurst & Pommes“. Was das Menü angeht, war es das dann auch schon weitestgehend. Wer hier hinkommt, will Fritten essen.
„Die Preise können wir auch nicht einfach erhöhen“, sagt Kirchner. Nach der schwierigen Zeit durch Corona kämen die Gäste gerade erst zurück. Die will er nun nicht direkt wieder mit einer Preiserhöhung abschrecken. „Insgesamt spüren wir eine starke Belastung. Dazu tragen auch die erhöhten Energiekosten bei“, sagt Kirchner. Wenn der Krieg und die Lieferprobleme anhalten, komme aber auch er nicht um diesen Schritt herum.
Brotmarkt ist noch stabil – Bäcker-Innung warnt vor übertriebener Aktion
20Cent mehr können die Produkte beim Bäcker in den nächsten Monaten Köln kosten. Davon geht Peter Schmitz, Inhaber der Traditionsbäckerei Schmitz und Nittenwilm aus Köln aus. Grund ist der Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Beide Länder sind weltweit große Getreideexporteure.
Kölner Bäckereien spüren die Auswirkungen der Krise insbesondere durch steigende Rohstoffpreise. Alexander Onash ist Vorstandsmitglied der Bäcker-Innung für Köln. Er warnt vor einer übertriebenen Reaktion der Kunden in den Supermärkten. „Die Preise für das Mehl werden zwar ansteigen, allerdings machen die Kosten nur einen geringen Anteil des Brotpreises aus.“ Lieferengpässe, in deren Folge das Sortiment reduziert werden müsse, sehe er zur Zeit nicht.
Die Energiepreise bereiten Onash schon eher Sorgen. Viele Bäckereien in Köln heizen mit Gas- oder Öl-Öfen. Neben den Personalkosten und den Zutaten sei das auch für den Brotpreis ausschlaggebend.Peter Schmitz, Geschäftsführer von der Kölner Traditionsbäckerei Schmitz und Nittenwilm, sieht hingegen durchaus ein Problem in den Mehl-Preisen. Täglich steige für ihn der Einkaufspreis des Mehls, sodass er nicht ausschließen könne, den Produktpreis zu erhöhen. Wenn heute ein Brot 3,50 Euro kostet, wird er es in der nächsten Monaten etwa für 3,70 Euro verkaufen müssen. Vielleicht sogar noch teurer. Zu Beginn des Jahres habe die Kette den Lohn aller Mitarbeitenden erhöht. Schmitz betont, dass das „auf keinen Fall zurückgenommen werden soll.“Die Öfen der Bäckerei werden mit Gas beheizt. Bis zum Ende des Jahres garantiert ihm die Rheinenergie aber einen stabilen Preis, sodass er diese Sorge im Moment nicht auch noch tragen müsse.
Dass das Mehl tatsächlich knapp wird, sieht Schmitz aber nicht, sondern sagt: „Im Gegensatz zu den Packungen im Supermarkt, sind die Bäckereien wahrscheinlich bevorzugt.“ Auf lange Sicht könne sich das allerdings ändern. Sollte der Krieg noch sehr lange gehen, wäre es für ihn eine Option, das Sortiment zu reduzieren.
Klimaeinflüsse, wie anhaltende Trockenheit, kann laut Onash zusätzlich den Importbedarf verstärken. (cbp)