Die Sanierung des sogenannten Gleiswechselbauwerks geht los. An der Archiveinsturzstelle werden rund 1400 Kubikmeter Beton eingebracht.
Einsturz Kölner StadtarchivSanierung am Waidmarkt in Köln beginnt
Eine Baugrube wie eine offene Wunde: Im März 2009 stürzte das Stadtarchiv am Waidmarkt in eine Baugrube für die Nord-Süd Stadtbahn der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB). Nun, über 14 Jahre nach diesem Unglück, geht die Sanierung der Unglücksstelle in ihre erste entscheidende Phase. Vom kommenden Mittwoch, 15. November, bis auf den darauffolgenden Donnerstag, 16. November, werden 1360 Kubikmeter Beton auf die unterste Ebene der Baugrube geschüttet. Die Fachleute sprechen von einer „Großbetonage“. Damit beginnt die erste Phase von insgesamt 13 Sanierungsbauphasen. Alles, was seit Februar 2022 am Waidmarkt geschah, war „nur“ Vorbereitung für diesen Schritt.
Was befindet sich unterm Waidmarkt?
Das sogenannte Gleiswechselbauwerk unter dem Waidmarkt, in dem nach der Fertigstellungen Stadtbahnen das Gleis wechseln können sollen, besteht aus drei Ebenen (siehe Skizze). In der untersten Ebene befinden sich rund 5000 Kubikmeter Schutt, dessen größter Teil durch eine beschädigte Stelle in der Schlitzwand (Außenwand des Gleiswechselbauwerks) mit eindringendem Grundwasser hineingespült wurde. Darauf wurden nach dem Unglück rund 2000 Kubikmeter Beton gegossen, um die Grube zu stabilisieren.
Was ist bisher in der Grube passiert?
Im Wesentlichen wurde die Schlitzwand begutachtet. Können die Wände des Bauwerks auch nach dem Unglück weiter verwendet werden? Eigentlich wurde das Gutachten schon zur Jahresmitte erwartet. Nun vermeldet die KVB, das Gutachten liege vor, die Wände müssen nicht neu gefertigt werden. Zudem wurden die beiden Tunnelröhren verschlossen, damit sich der nun in die Grube einzuführende Beton nicht in die Röhren ergießt.
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Warum muss wieder Beton in die Grube?
Die Zwischendecke und der Deckel in dem Bauwerk sind nicht mehr zu verwenden. Mit dem auf dem Grund befindlichen Schutt und Beton müssen sie raus. Jedoch steht das Gleiswechselbauwerk im Grundwasser. Würden Decke und Deckel einfach entfernt, würde das Gebäude zu leicht und wohl aufschwimmen. Es muss also beschwert werden, mit Beton. Und das letztlich bis zur obersten Ebene.
Was sind die weiteren Sanierungsschritte?
Nun, in der ersten Sanierungsphase wird die unterste Ebene des Bauwerks zuerst mit Kies und dann mit Beton verfüllt. Beides wird einfach auf den Schutt und den vor 14 Jahren eingefüllten Beton geschüttet. In einer zweiten Phase, deren genauer Zeitpunkt noch nicht fest steht, die aber laut einer KVB-Sprecherin noch in diesem Jahr stattfindet, wird auch die Zwischenebene mit Kies und Beton verfüllt. Dann werden die Schlitzwände nochmals mit Beton „verputzt“. Der Fachmann spricht von einer Vorsatzschale, rund 80 Zentimeter dick. Das soll zur Aussteifung der bestehenden Wände beitragen. Schließlich wird auf die bestehenden Mauern ein Balken aus Beton gesetzt, ein sogenannter Kopfbalken. Auch der sichert das Bauwerk weiter ab. Schließlich kann auf diesen Balken – ein wesentlicher Schritt für die Südstadt – eine Platte gelegt werden, eine sogenannte Hilfsbrücke.
Sie schließt die Baugrube ab. Das Bild am Waidmarkt wird sich markant verändern. Unter dieser Abdeckung kann mit dem Abbruch des obersten Deckels begonnen werden. Das Bauwerk wird nun nach unten hin Schritt für Schritt mit Stahlstützen horizontal versteift. Die Zwischenebene wird ausgeräumt, die Zwischendecke kommt raus. Sobald das Grundwasser eindringt, wird unter Wasser gearbeitet. Schließlich wird die Sohle von Kies, Beton und Schutt befreit. Nun steht das Grundwasser in dem Bauwerk und verhindert ein Aufschwimmen. Der Rohbau kann im Wasser von unten nach oben fertiggestellt werden. Eine wesentlicher Unterschied zu den Arbeiten vor dem Archiveinsturz, denn damals wurde die Baugrube trocken gelegt. Das Wasser stand außen an den Wänden unter Druck an.
Was kommt auf die Anwohner zu?
Es werden zwei unruhige Tage werden, der Mittwoch und der Donnerstag in der kommenden Woche. Rund 170 Lkw aus Betonwerken in Pulheim, Hürth und Eschweiler steuern die Südstadt an. Ein Drittel der Betonmischfahrzeuge kommt von Norden und beschickt eine dort aufgestellte Betonpumpe. Zwei Drittel der Fahrzeuge haben eine auf dem südlichen Baufeld stehende Betonpumpe als Ziel. So soll über voraussichtlich 17 Stunden die unterste Ebene der Baugrube nonstop mit Beton befüllt werden. Es kann aber auch länger dauern, kündigt die KVB vorsichtshalber an. Es werden also lange Stunden mit laufenden Motoren und Pumpen. Rund 50 Arbeiter befinden sich währenddessen auf der Baustelle. Solange die Verfüllung andauert, wird die Severinstraße vom südlichen Bereich der Baustelle bis zur Löwengasse komplett gesperrt.
Wann ist die Sanierung fertig?
Weiterhin nennen KVB, Stadt und die Baufirmen keinen Abschlusstermin. Als der Sanierungsplan im Februar 2021 vorgestellt wurde, hieß es noch vorsichtig, vielleicht fahren 2029 erstmals Bahnen unterm Waidmarkt. Die Rundschau berichtete im vergangenen März exklusiv, dass bei den Baufirmen mittlerweile 2033 als mögliches Abschlussjahr kursiert. Nun sagt die KVB unter Vorbehalt, der Rohbau könnte in acht Jahren, also 2031, stehen. Danach müssten noch die Gleise verlegt, die Technik installiert werden. Also ist selbst 2033 als Fertigstellungsjahr ambitioniert. Die Stadtverwaltung hatte kurzfristig überlegt, auf das Gleiswechselbauwerk unter dem Waidmarkt zu verzichten, die Tunnelröhren einfach durchzuziehen, um Zeit zu gewinnen. Jetzt ist klar, diese Idee hat sich nicht durchgesetzt.