Seit 2018 ringen die Parteien im Kölner Stadtrat um einen Beschluss über einen neuen Stadtbahntunnel. Doch die Lage ist weiterhin verfahren.
Ost-West-Achse in KölnWar es das jetzt für den Stadtbahntunnel?
Ein Stadtbahntunnel von Deutz unter dem Rhein entlang bis zum Zentralfriedhof Melaten mit einem Abzweig auf der Dürener Straße: Mit diesem Maximalvorschlag haben sich die sogenannten Tunnel-Fraktionen CDU, SPD und FDP bereits einen Zwischenruf von der Bezirksregierung eingefangen. Diese Variante gehe so weit über die ursprüngliche Planung der Verwaltung für einen neuen Stadtbahntunnel hinaus, dass mehr Zeit für die Beratung eingeräumt werden müsse, hieß es aus der Aufsichtsbehörde im vergangenen Dezember. Nun bezieht auch der Kölner Mobilitätsdezernent Ascan Egerer Stellung zu der Variante der drei Parteien. Und diese Stellungnahme scheint ein vernichtendes Urteil zu fällen.
„Sofortiger Stopp des Projektes“
Der von CDU, SPD und FDP angestrebte Tunnel habe „grundlegende Auswirkungen auf die ÖPNV-Netzentwicklung“, steht in der Stellungnahme aus dem Mobilitätsdezernat. Darum müsse nicht nur die technische Machbarkeit sondern auch Zusammenhänge mit laufenden Projekten untersucht werden. „Grob geschätzt ist für eine solche verkehrliche Untersuchung mit einer Dauer von mindestens zwei Jahren zu rechnen“, schreibt Egerers Dezernat. Damit ist es aber noch lange nicht getan. Weil CDU, SPD und FDP auch sogenannte Metrolinien vorgeschlagen haben, also Stadtbahnverbindungen, die das Umland schneller und effektiver anbinden sollen, sei die Zustimmung der betroffenen Kommunen „zwingend erforderlich“. Und weil die Planung so weitreichend sei, müsse sie in den Nahverkehrsplan eingearbeitet werden – was mindestens 5 Jahre in Anspruch nehme. Alles in allem würde „es zu einem sofortigen Stopp des Projektes Kapazitätserweiterung auf der Ost-West-Achse“ kommen, heißt es in der Stellungnahme.
„Eingriff in politische Entscheidungen“
Das Papier kommt erwartungsgemäß bei CDU, SPD und FDP nicht gut an. Die verkehrspolitischen Sprecher der drei Parteien sprechen dem Mobilitätsdezernenten schlichtweg die Unparteilichkeit ab. Ist Egerer doch auf Vorschlagsrecht der Grünen ins Amt gekommen – und die Grünen sind ausgewiesene Tunnelgegner in Köln. „Egerer zeigt mit seiner Stellungnahme, dass er den Tunnel nicht will“, sagt entsprechend Teresa De Bellis. „Das ist nicht weniger als ein Eingriff in die politische Entscheidung“, ist die Christdemokratin erbost. Kurzum, sie traut den fachlichen Einschätzungen des Verkehrsdezernates nicht. „Wir werden selber die Förderfähigkeit unseres Vorschlages prüfen lassen.“
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„Parteipolitisch motiviert“
Auch bei der SPD kommt die amtliche Stellungnahme nicht gut an: „Herr Egerer sollte sachlich bleiben, statt Gründe zu konstruieren, um möglichst große Hürden für Veränderung aufzubauen. Die Stellungnahme ist einseitig und scheint parteipolitisch motiviert“, sagt Lukas Lorenz, verkehrspolitischer Sprecher der Sozialdemokraten.
„Das ist einfach nur Angstmache“
Parteipolitische Motivation macht auch Ralph Sterck für die FDP beim dem Dezernenten aus. „Das ist extrem destruktiv“, urteilt der Liberal über das Papier. Dabei gehe Egerer soweit, das er Vorschläge infrage stelle, die er einst selbst unterbreitet habe. Sterck zieht einen Passus der Stellungnahme heran, laut dem angeblich geprüft werden müsse, ob die Stadtbahn im Bereich des Rudolfplatzes wirklich vollständig über die Richard-Wagner-Straße geführt werden könne. Aber genau so will es die Stadtverwaltung in ihrem eigenen Variantenvorschlag zumindest für die Bauphase haben. Sterck will sich einer objektiven Einschätzung des Vorschlages von CDU, SPD und FDP nicht entziehen. „Wenn es nicht geht, dann ist das so, das muss auch für Teile unsere Variante gelten.“ Doch die Objektivität, die zweifelt er bei der Stellungnahme aus dem Egerer-Dezernat an. „Das ist einfach nur Angstmache“, sagt der Liberale.
Grüne sehen sich bestätigt
Was für die einen ein rotes Tuch, ist für die anderen Wasser auf den Mühlen. Die grünen Tunnelgegner sehen sich durch die Stellungnahme bestätigt: „Sie kommt einem vernichtenden Urteil gleich“, sagt Lars Wahlen, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen. Die Variante von CDU, SPD und FDP werfe die Planung Jahre zurück und stelle die finanzielle Förderung des Projektes in Frage. „Damit ist klar: Dieser Antrag ist eine Katastrophe für die Mobilität in Köln und sollte niemals beschlossen werden“, schließt Wahlen.
Bezirksregierung hält sich raus
Eine vermittelnde Rolle bei der fachlichen Einschätzung des Projektes will die Bezirksregierung nicht einnehmen: „Wir sind tätig geworden aufgrund der zu kurzen Beratungszeit für die Mitglieder des Rates. Eine Bewertung der neuen Planung obliegt der Stadt im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung“, sagt ein Sprecher der Aufsichtsbehörde.
Wie geht es weiter?
Wie geht es also weiter mit der Ost-West-Achse? Im Rat haben die Tunnelbefürworter mit der Stimme der Oberbürgermeisterin Henriette Reker – auch sie will einen Tunnel – gerade die Hälfte der Stimmen. Die Tunnelgegner sind noch weniger in Reichweite einer Mehrheit. Sie liegen wohl knapp unter der Hälfte der Ratsstimmen. Und damit stehen beide Seiten vor dem Problem, dass für sie die AfD zum Zünglein an der Waage werden könnte. Bis jetzt wurde die Abstimmung im Stadtrat aufgeschoben. Sie steht für den 13. Februar auf der Tagesordnung. Zwar sind Vermittlungsgespräche zwischen CDU, SPD und FDP mit den Grünen offiziell gescheitert. Aber in welchem Format auch immer, gesprochen wird wohl noch miteinander. Lukas Lorenz (SPD): Unsere Tür steht weiter offen für Gespräche mit den demokratischen Fraktionen, um eine Einigung in der Sache und eine breit getragene Mehrheit zu finden.