In Weidenpesch testeten die KVB das sogenannte Velogleis. Doch das Fazit fällt vernichtend aus.
Zülpicher Straße in KölnSchienen sind Gefahr für Radfahrer – KVB testen Problemlöser
Es sind nur 42 Millimeter, die schon vielen Fahrrädern zum Verhängnis geworden sind. Exakt so breit sind die Spurrillen der Rillenschiene RI 59 N, die auf so mancher Straße in die Straßenoberfläche integriert ist. Sie ermöglicht den Stadtbahnen der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) die Fahrt durch die Innenstadt, für Fahrradfahrer sind sie dagegen eine gefährliche Stolperfalle. Erst in der vergangenen Woche stürzte ein 32-jähriger Radfahrer auf der Zülpicher Straße. Der Reifen geriet ohne Fremdbeteiligung in die Rillenschiene. Der Mann stürzte mit seinem Trekking-Rad. Mit schweren Kopfverletzungen endete die Fahrt im Krankenhaus.
Offiziell verzeichnete die Polizei 2023 bisher rund 40 Unfälle dieser Art, im Vorjahr waren es 80. Bei Stürzen ohne Fremdbeteiligung sei das eine der drei häufigsten Unfallursachen. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein. Bei allen Einsätzen der Polizei erlitten die Radfahrerinnen und Radfahrer Verletzungen, teilweise schwere Verletzungen. Einen Hotspot nimmt die Polizei auf der Zülpicher Straße wahr – genau wie Christoph Schmidt, Vorsitzender des Kölner Kreisverbandes des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). „Gewerbetreibende schildern, dass dort fast täglich Unfälle passieren“, sagt Schmidt. „Viele Radfahrer kommen mit Schürfwunden davon, diese Unfälle landen dann nicht in der Unfallstatistik der Polizei.“
KVB: Testphase in Weidenpesch
Die gute Nachricht für Fahrradfahrer: Zumindest in der Theorie gibt es eine Lösung für das Problem mit den straßenbündigen Bahnkörpern, wie die Gefahrenstellen im Fachjargon heißen. Die schlechte Nachricht: So richtig praxistauglich ist die Lösung nicht. Das fand die KVB in einer Testphase auf der Neusser Straße in Weidenpesch heraus.
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Konkret geht es dabei um das sogenannte Velogleis. Dabei verschließt ein Gummiprofil die Spurrille und eliminiert somit die Gefahr für Fahrradfahrer. Fährt eine Bahn über das Element, drückt der Spurkranz des Rades das Profil in die Rille. Anschließend kehrt das Gummi-Element zurück in die Ausgangslage. „Am Anfang funktioniert das auch“, sagt KVB-Gleisbauingenieur Ulrich Utzerath. „Doch schon nach kurzer Zeit bleibt das Gummi unten in der Rille hängen oder wird von der Bahn aufgeschnitten.“ Nach gut drei Monaten müsste das Element ausgetauscht werden.
Und auch das sei deutlich aufwendiger als es auf den ersten Blick scheint. „Während des regulären Betriebs geht das nicht“, sagt Utzerath. Weil beim Austausch der Elemente Schrauben mit dem Schlagbohrer gelöst werden müssen, funktionieren die Arbeiten auch nachts nicht ohne Weiteres. Selbst wenn es dafür eine Lösung gäbe, sei ein flächendeckender Einsatz des Velogleises schwer vorstellbar. „Das Austauschen dauert zu lange. Wenn wir am Ende der Zülpicher Straße fertig sind, können wir auf der anderen Seite wieder anfangen.“
Kostenintensiv ist das Velogleis obendrein. Für den Einbau müssten die vorhandenen Rillenschienen zunächst gegen sogenannte Vignolschienen ausgetauscht werden. Vignolschienen kommen normalerweise nicht im asphaltierten Bereich zum Einsatz, sondern im Gleisbett. Wie viel so ein Projekt für die Zülpicher Straße kosten würde, lässt sich nur schwer schätzen. Allein für den Versuch in Weidenpesch – wohlgemerkt auf wenigen Metern – investierten die KVB 125.000 Euro. Der Abschlussbericht an die technische Aufsichtsbehörde steht noch aus, doch für Utzerath steht fest: „Der Versuch ist gescheitert.“
Auch Christoph Schmidt vom ADFC weiß von den Versuchen und von der geringen Lebensdauer der Veloschiene. „Trotzdem würden wir uns wünschen, dass das System zumindest auf dem kleinen Bereich auf der Zülpicher Straße vor der Unimensa zum Einsatz kommt.“ Jeder Unfall, der verhindert werden könne, sei ein Erfolg. Genau wie die KVB hoffe der ADFC aber darauf, dass in Zukunft bessere Produkte auf den Markt kommen, die einen flächendeckenden Einsatz ermöglichen. Auch andere Städte führten bereits Tests mit dem Velogleis durch und kamen oft zum identischen Ergebnis wie die KVB. Aufgegeben haben viele Städte noch nicht. Aktuell läuft in Düsseldorf ein Test.
Sowohl KVB als auch ADFC empfehlen: Überall wo es eng ist, sollten Radfahrende in der Mitte zwischen den beiden Schienen fahren, auch wenn die Autos dahinter drängeln. „Möglichst wenig hin und her wechseln und dann konsequent die Spur halten“, empfiehlt Schmidt. Das vermeide zudem gefährliche Dooring-Unfälle mit Autos, die am Straßenrand parken. Auch die Polizei ist um Lösungen bemüht. Seit Mai macht sie daher mit einer Sprühschablone und verschiedenen Aktionen auf das Thema aufmerksam.
Wenig Platz für alle Verkehrsteilnehmer
Der KVB ist wichtig: Die Existenz der Stadtbahn und der Schienen allein seien nicht der Grund für die Gefahr. „Sicherheitsgefahren im angesprochenen Thema entstehen insbesondere durch den knapp bemessenen Verkehrsraum: parkende Kraftfahrzeuge, das Rechtsfahrgebot, die beiden Schienen je Gleis und die Radfahrenden, die sich orientieren müssen“, teilt ein Sprecher mit.
In einigen Bereichen der Zülpicher Straße werden aber nicht nur die Schienen an sich zur Stolperfalle. Direkt daneben ist die Straße teilweise in extrem schlechtem Zustand. Vor allem zwischen den Haltestellen „Universität“ und „Weyertal“ sind in den vergangenen Jahren zentimetertiefe Krater um die Rillenschiene entstanden. „Dort, wo die Schienen in die Straßenoberfläche integriert sind, führen sie durch die nicht zu vermeidenden Bewegungen der Schiene zur Beeinträchtigung des Asphalts“, teilt ein KVB-Sprecher mit. Zumindest hier ist Besserung in Sicht. Die Schäden in diesem Bereich sollen zeitnah behoben werden.