Auch in diesem Sommer beschäftigt die Polizei eine Serie von Taten - die Verdächtigen sind Kinder und Jugendliche.
Kölner EigelsteinDas sind die Hintergründe zu den Halsketten-Räubern
Die Woche am Eigelstein begann, wie die vergangene Woche endete: Mit einem Überfall auf eine Seniorin (70). Seit mehreren Tagen sorgen Angriffe auf ältere Menschen am Ebertplatz und Eigelstein für Unruhe und Verunsicherung. Zuletzt ist am Donnerstag ein Mann (67) in einem Sanitätshaus am Ebertplatz überfallen und seine Goldkette geraubt geworden. Der Senior ist in ärztlicher Behandlung. Opferschützer der Polizei kümmern sich um den geschockten Mann. Die Polizei hat jugendliche Täter im Visier, die von Zeugen als 14 bis 17 Jahre alt beschrieben werden. Am Montagmorgen nun der nächste Angriff. In Höhe des Savoy-Hotel griff ein Täter einer Seniorin an den Hals und riss an ihrer Kette. „Die Frau lief schreiend auf den Eigelstein“, sagte ein Zeuge der Rundschau. Mehrere Personen hätten sich um das Opfer gekümmert und den Notruf gewählt.
Die Tat geschah am helllichten Tag, gegen 9.50 Uhr. Wenige Minuten später fuhren Streifenwagen vor. In dem Fall gehen die Beamten von einem versuchten Raubüberfall aus. Die abgerissene Kette wurde später in der Kleidung der Seniorin gefunden. Bei den Stichworten „Straftaten am Eigelstein“ oder „Angriff am Ebertplatz“ sind die Polizeikräfte elektrisiert und fahren mittlerweile mit mehreren Streifenwagen los. In dem aktuellen Fall fixierten die Ermittler wenig später einen Mann, der auf einem roten Fahrrad unterwegs war. Ob es der Täter war, blieb unklar. Am Kriminalitätsschwerpunkt Eigelstein sind die Bürger seit vielen Monaten einiges gewohnt. Die ständigen Einsätze und Straftaten in der Drogenszene zerren an den Nerven der Bürger und der Polizei. „Wir sind alarmiert und beobachten das mit großer Sorge und hoffen, dass die Polizei entsprechend durchgreift“, sagte Burkhard Wennemar, Vorsitzender des Bürgervereins Eigelstein der Rundschau.
Am Ebertplatz ist unterdessen zu beobachten, wie Polizisten wieder vermehrt FFP-2-Masken tragen. Hintergrund ist die Sorge vor einer Infektion. Die Beamten werden dort immer wieder von Menschen aus der dortigen Drogenszene angespuckt, die sie dort kontrollieren. In der vergangenen Woche gab es mehrere Angriffe auf ältere Personen. Am Dienstag soll am Ebertplatz ein 14-Jähriger einem 62-Jährigen die Halskette vom Hals gerissen haben. Der Angreifer wurde von der Polizei gestellt. Die Beamten fertigten gegen den minderjährigen Tatverdächtigen eine Strafanzeige und erteilten einen Platzverweis. Mehrere Stunden zuvor war es bereits zu einem anderen Überfall gekommen. Opfer in diesem Fall war eine 70 Jahre alte Seniorin. Gegen kurz vor 12 Uhr war die Dame vom Theodor-Heuss-Park kommend in Richtung Ebertplatz unterwegs, als ihr ein junger Mann bis in die Zwischenebene gefolgt war und ihr die Goldkette vom Hals riss. Der Angreifer soll etwa 17 Jahre alt und schlank sein.
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Am Donnerstag dann der Angriff auf einen Senior (67) in einem Sanitätshaus. Ein möglicherweise 13-Jähriger verfolgte den Mann in die Einrichtung und riss ihm die Kette vom Hals. Die Polizei überprüft mit einem Altersgutachten, ob der Angreifer so jung ist, wie er sagte. Am 7.Juli hatte die traurige Serie begonnen. Ein etwa 1,60 Meter großer, als 15 bis 18 Jahre alt und schmal beschriebener Unbekannter soll gegen 17.10 Uhr am Krefelder Wall/Prälat-Otto-Müller-Platz im Agnesviertel einer Seniorin (78) deren Goldkette vom Hals gerissen haben. Das Phänomen des „Halskettenabreißens“ beschäftigt die Kölner Polizei seit 2015 intensiv in den Sommermonaten. „Getragene Halsketten und Armbänder sind schlichtweg sichtbarer und der Zugriff für Diebe leichter“, erklärte eine Polizeisprecherin.
Der traurige Spitzenreiter ist das Jahr 2016. Da kam es im gesamten Stadtgebiet bis Oktober zu 26 Überfällen. Die tatverdächtigen Jugendlichen und auch Kinder, größtenteils mit nordafrikanischen Staatsangehörigkeiten, nutzen dies offenbar als Tatgelegenheiten aus, heißt es weiter. Zum Teil würden sich die Täter dem Opfer unter einem Vorwand annähern. Und zwar beispielsweise mit dem Vorhalten eines Handys, Erfragen eines Wegs, einfaches Ansprechen in fremder Sprache, Antanzen, oder der Bitte um Feuer. Im Fall des überfallenen 67-Jährigen wurde das Opfer zuerst angerempelt und dann später ausgeraubt. Mit dieser Ablenkung gelinge es den Tatverdächtigen den Opfern nah zu kommen. „In vereinzelten Fällen agieren die Täter rücksichtslos und brutal und nehmen eine Verletzung der Opfer in Kauf“, ergänzte die Sprecherin der Polizei. Gerade bei kindlichen Tätern scheine das Entdeckungsrisiko keine Rolle zu spielen, da diese sich der Strafunmündigkeit oft bewusst seien.
Sich vor den Taten zu schützen, ist schwierig. Sich zur Wehr zu setzen, davor warnt die Polizei. Denn meist suchen die Täter sich extra Opfer mit verlangsamter Reaktion aus. „Wenn diese dann versuchen, den Täter festzuhalten oder sich an ihm festkrallen, kann dies einen Sturz zur Folge haben“, sagte ein Polizeisprecher. Auch wenn es sich um wertvollen oder nicht ersetzbaren Familienschmuck handele, der eigene Schutz gehe vor. Aber was können Angegriffene sonst in solch einer Situation tun? „Öffentlichkeit herstellen“, sagt die Polizei. Laut um Hilfe rufen, Zeugen ansprechen und die Polizei benachrichtigen. Die Zeugen könnten den Täter gegebenenfalls mit etwas Abstand verfolgen und dabei der Polizei deren Standort durchgeben, was schon öfter zu Fahndungserfolgen geführt hätte. Wichtig sei es auch, sich den Täter möglichst gut einzuprägen, um eine genaue Personenbeschreibung geben zu können. Zeugenhinweise nimmt die Kölner Polizei unter der Telefonnummer 0221 229-0 entgegen.
Videoüberwachung
Auch bei der Fahndung nach Halskettenräubern hilft die Videobeobachtung am Ebertplatz den Beamten. Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Polizeieinsätze, die durch die Videobeobachtung im Stadtgebiet ausgelöst worden sind, nahezu verdoppelt. Insgesamt rückten die Streifenwagenbesatzungen zu 8114 Einsätzen aus, Spitzenreiter waren die Ringe mit genau 1753 Fällen. „Unser Personal sieht und entdeckt deutlich mehr und hat sich an die Technik gewöhnt“, stellte Martin Lotz, Leitender Polizeidirektor, fest. Für die Polizei sind die steuerbaren Kameras, die rund um die Uhr in Betrieb sind, zum wertvollen Hilfsmittel im Kampf gegen die Kriminalität geworden. (ta)