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Baustelle Unter Sachsenhausen in Köln18 Monate für einen Schacht - muss das so sein?

Lesezeit 3 Minuten
01.03.2023 Baustelle der Rheinenergie Unter Sachsenhausen. Hier wird seit September 2021 an Fernwärmeleitungen gearbeitet.

Rund eineinhalb Jahre wurde Unter Sachsenhausen am Fernwärmenetz gebaut.

Direkt am Kölner Dom tat sich da scheinbar monatelang gar nichts. Wir haben nachgehakt. Eine Anfrage bei der Rheinenergie fördert Erstaunliches zu Tage.

Diese Stadt ist so voller Baustellen, dass man sie mit der Zeit gar nicht mehr wahrnimmt. Und irgendwann fragt man sich dann doch: Was passiert hier eigentlich? Beziehungsweise: Warum passiert hier eigentlich nichts?

So ist es auch bei der Baustelle in der Straße Unter Sachsenhausen, nur einen Steinwurf vom Dom entfernt. Praktisch täglich ziehen dort Scharen von Touristen aus aller Welt vorbei auf ihrem Weg vom Bushalt in der Gereonstraße zur Kathedrale. Sie blicken auf Warnbaken und Baustellenzäune, hinter denen monatelang keine Arbeiter zu entdecken waren, auf löchrigen Asphalt und zahlreiche E-Scooter, die einen Großteil des Bürgersteigs in Beschlag nehmen. Und man fragt sich: Muss das so sein?

Anfrage bei der Rheinenergie fördert Erstaunliches zu Tage

Ein Blick auf das Baustellenschild verrät, dass hier die Rheinenergie AG „Arbeiten am Fernwärmeversorgungsnetz“ durchführt. Und zwar von September 2021 bis Oktober 2022. Aha, man ist also bereits mindestens vier Monate in Verzug. In Köln ist das eigentlich nicht viel, denkt der Kenner. Aber was genau wird hier eigentlich gebaut oder repariert?

Eine Anfrage bei der Rheinenergie fördert Erstaunliches zu Tage. „Hauptsächlich wurde ein altes Schachtbauwerk (Baujahr 1971) abgerissen und neu gebaut. Diese Schachtbauwerke sind notwendig, um zum Beispiel Armaturen in den Transportleitungen des Fernwärmenetzes bedienen zu können“, teilt ein Sprecher mit. Außerdem sei an Hausanschlüssen gearbeitet worden.

Auf Nachfrage präzisiert der Energieversorger, man habe einen vorhandenen alten Hausanschluss von 1971 für das Gebäude der Deutschen Bank erneuert, „um die Versorgungssicherheit der angeschlossenen Kunden gewährleisten zu können“. Diese Arbeiten hätten jedoch nur dann erfolgen können, „wenn die Außentemperaturen nicht zu niedrig und die Vorlauftemperaturen im Fernwärmenetz nicht zu groß sind“. Das habe rund drei Monate gedauert.

Das Problem war jedoch: Die alte Trasse konnte laut Rheinenergie für die neuen Anschlussleitungen nicht genutzt werden, weil oberhalb der alten Fernwärmeleitungen zu viele andere Leitungen lagen, unter denen man keine neuen Anschlussleitungen habe verlegen können. Daher habe man eine neue Trasse suchen müssen.

Nächste Woche sollen die Arbeiten abgeschlossen sein

„Im Zuge dessen wurde festgestellt, dass die Schutzrohre um die vorhandenen Transportleitungen des Fernwärmenetzes korrodiert waren. Deshalb mussten sie zunächst ersetzt werden, bevor die neuen Hausanschlussleitungen oberhalb der Schutzrohre verlegt werden konnten. Zudem musste ein Teil des vorhandenen Haubenkanals erneuert werden, an den die Schutzrohre anbinden“, erklärte der Sprecher. Das habe noch mal rund sechs Monate gedauert, erst danach habe man die neuen Hausanschlussleitungen verlegen können. Insgesamt seien rund 20 Meter Schutzrohr ausgetauscht worden. Es habe Lieferschwierigkeiten und Verzögerungen gegeben.

Wir halten fest: In der Stadt, die bis 2035, also in 13 Jahren, klimaneutral werden will und dafür Tausende Solaranlagen bauen und die Wärmeversorgung Zehntausender Gebäude auf erneuerbare Energien umstellen müsste, dauert es mehr als 18 Monate, einen bestehenden Fernwärmeschacht samt Hausanschluss zu erneuern. Und zwar selbst dann, wenn der Kunde Deutsche Bank heißt und die Baustelle im Umfeld des Weltkulturerbes Kölner Dom liegt. Da fragt man sich, wie realistisch diese Pläne sind.

Immerhin gibt es eine gute Nachricht: Laut Rheinenergie soll die Baumaßnahme in der nächsten Woche abgeschlossen werden. Dann werden die Fahrbahn und der Gehweg nach eineinhalb Jahren Bauzeit wieder für den Verkehr freigegeben.