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Ballermann und kein Ende?Das sind die Rezepte gegen den Partytourismus in Köln

Lesezeit 3 Minuten
Eine Menschenmenge wartet am Eingang zum Zülpicher Viertel auf Einlass. Mit der Weiberfastnacht beginnt traditionell der Straßenkarneval.

Eine Menschenmenge wartet am Eingang zum Zülpicher Viertel auf Einlass.

Am 11.11. wird Köln wieder von Feiernden geströmt. Treibt es die Partymetropole zu weit?

„Köln, Du bist ein Gefühl! Aber welches?“ Ein viel versprechender Titel, denn das kölsche Jeföhl ist eines der gewichtigsten Merkmale, das sich diese nicht zur Tiefstapelei neigende Stadt zuschreibt. Doch mitunter schwappt die Begeisterung über sich, das Feiern des selbst arg über. Zum Stadtgespräch über den zunehmenden Party-Trubel und seine Begleiterscheinungen geladen hatten die Initiative „Köln kann auch anders“ und das Katholische Bildungswerk.

Der Kölner Dom alleine lockt nicht mehr nach Köln

Jürgen Amann, Chef von Köln-Tourismus, warb im Domforum für kulturell hochwertige Events. Diese leisteten einen Beitrag zur touristischen Wertschöpfung in den Bereichen Gastronomie, Hotellerie, Einzelhandel und Tourismus. „Unsere Zielgruppen müssen zu dem passen, wofür Köln steht. Also vor allem für Toleranz, Geselligkeit und Weltoffenheit." Und dann gab er einen kleinen Einblick in die moderne Analyse touristischer Zielgruppen: „Es sind die postmateriellen und die expeditiven Milieus, die wir nach Köln holen müssen. Das eine steht für Selbständigkeit, Nachhaltigkeit und Diversität, das andere dafür, kosmopolitisch, urban und digital vernetzt zu sein.“

Saisonauftakt am Brüsseler Platz 2015

Klassischer Treffpunkt in der Sommersaiosn: der Brüsseler Platz

Amann hält Events in Köln für fundamental wichtig, sie hätten die Funktion als Reiseauslöser. Mit dem Dom alleine könne man niemanden mehr an den Rhein locken. Mit anderen Worten: Wenn Kölle e Jeföhl ist, dann stellt sie dies auch deshalb so gerne heraus, weil die Stadt nicht selbstverständlich durch strahlende Schönheit Touristen anzieht. Maike Block, Geschäftsführerin der IG Gastro, begrüßte Amanns Strategie und plädierte angesichts der komplexen Gemengelage für Toleranz, Miteinander und Gesprächsbereitschaft. „Ich rate zum Beispiel Wirten, die Stress mit den Nachbarn haben, nie den Gesprächsfaden abreißen zu lassen. Hingehen und miteinander reden, und wenn es zum 15. oder 50. Mal ist.“ Block regte die Einführung eines Nachtbürgermeisters als Moderator für Party-Hotspots an. „Den gibt es bereits in 17 deutschen Städten. Ausgerechnet in Köln nicht.“ Tatsächlich ist ein zentraler Ansprechpartner fürs Nachtleben vor Jahren schon diskutiert worden - mit dem Ergebnis, dass nichts passiert ist.

Schlimme Befürchtungen zum Elften im Elften

Zum Sessionsauftakt am Elften Elften wird Kölns Ruf als Partystadt erneut auf den Prüfstand gestellt. Mit schlimmen Befürchtungen. Weil das jecke Treiben an einem Samstag startet, fürchten vor allem die Anwohner im Kwartier Latäng die Belastungsprobe. Dass die Belastung für innerstädtische Viertel und ihre Anwohner extrem sei, betonte CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau. „Ganz wichtig ist ein Müllkonzept. Jedes Wochenende müssen 18 Tonnen Müll beseitigt werden“, beklagte der Politiker. Es sei aber ein grundsätzliches Problem, dass Köln seit Jahren ein reduziertes Raumangebot für junge Leute habe. Dies führe dazu, dass innerstädtische Lagen wie rund um den Brüsseler Platz an der Belastungsgrenze sind.

„Wir müssen in den Veedeln neue Räume suchen, zum Beispiel im Mülheimer Süden.“ Petelkau hatte sich auch mit Blick auf den 11.11. für eine Ausweichfläche starkgemacht. Die Stadt hatte zuletzt betont, keinen Veranstalter für das jecke Treiben gefunden zu haben.

Auch Christoph Kuckelkorn, Präsident des Festkomitees, sieht dringenden Bedarf, aus den zentralen Feierzonen heraus zu kommen. „Wir müssen dringend dezentralisieren, verstärkt in die Veedel gehen. Wenn junge Leute in den zentralen Lagen Karneval feiern wollen, treffen sie immer öfter auf geschlossene Kneipen und Absperrungen. Das ist frustrierend und macht aggressiv.“ Auch Paulina Rduch, stellvertretende Vorsitzende von Klubkomm, und Elke Kuhlen, Geschäftsführerin c/o pop, sprachen sich für mehr Angebote wie neue Klubs in den Veedeln aus. Der Ausschuss für Allgemeine Verwaltung und Rechtsfragen hatte übrigens kurz vor der Podiumsdiskussion den Antrag des BUND, die Nutzung des Inneren Grüngürtels als Event- und Partyzone zu beenden, abgelehnt. Auf der Uni-Wiese wird also auch in der kommenden Session Karneval gefeiert.