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SommerserieDie Anti-Tour – Sechs Orte, an denen Köln gar nicht schön ist

Lesezeit 4 Minuten
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Wunde im Herzen der Stadt: die Archiveinsturzstelle Severinstraße 222.

Köln – „Willkommen in der schönsten Stadt Deutschlands.“ So begrüßt Stadionsprecher Michael Trippel bei Heimspielen des FC die Fans im Stadion. Auch die Touristenführer in der City, die Gästen aus aller Welt stolz Dom, Rhein und Altstadt präsentieren, sparen nicht mit Superlativen. Doch wer genug von den Postkartenmotiven, den üblichen Sehenswürdigkeiten und zu viel Kölner Selbstverliebtheit hat, der kann bei einer kritischen Tour ganz andere Seiten der Stadt entdecken oder seinen Besuchern zeigen. Motto: Was in Köln so alles schief läuft.

Das Stadtgedächtnis in Schutt und Asche

Noch immer klafft eine Wunde im Herzen der Stadt, wo am 3. März 2009 um 13.58 Uhr das Historische Archiv in die Baugrube der Nord-Süd-U-Bahn stürzte. Zwei Menschen starben, das Stadtgedächtnis lag in Fetzen. Ein Ort, der Demut lehrt. Nach quälend langen Jahren der Ursachenforschung und Gerichtsprozesse wird hier inzwischen wieder gebaut, doch vor 2028 oder 2029 wird keine U-Bahn fahren. Die wichtige Frage, was aus dem Gelände werden soll, ist ungeklärt. Wenige Schritte entfernt liegt die Kirche St. Johann Baptist, deren Turm sich während der U-Bahn-Bauarbeiten nach vorne neigte, umzukippen drohte und mit hydraulischen Pressen wieder aufgerichtet werden musste.

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Wunde im Herzen der Stadt: die Archiveinsturzstelle Severinstraße 222.

Eine riesige U-Bahn-Ebene ohne Züge

Vor dem Archiveinsturz hatte die KVB große Pläne für den U-Bahn-Bau in Köln. Am Heumarkt wurde für 90 Millionen Euro eine riesige unterirdische Haltestelle mit zwei Ebenen gebaut. So groß, dass man schon Wüstenbussarde hier durchfliegen ließ, um Tauben zu vergrämen. Ganz tief unten fährt die Linie 5, darüber sollen irgendwann mal die Linien 1, 7 und 9 verkehren. Doch die Grünen als stärkste Fraktion im Rat lehnen eine U-Bahn auf der Ost-West-Achse ab. Ob hier jemals Züge fahren, ist fraglich. Der 2013 eröffneten Station – eigentlich ein architektonisches Glanzstück – droht eine traurige Zukunft. Wurde sie umsonst gebaut?

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Steht leer: U-Bahn-Ebene für die Linie 1 am Heumarkt.

Das seit zehn Jahren geschlossene Opernhaus

Die Oper ist eines von vielen Beispielen für das Versagen bei Bauprojekten in Köln. Die Generalsanierung der Bühnen begann 2012, im November 2015 sollten sie eröffnet werden, doch das Projekt lief völlig aus dem Ruder. Jetzt soll am 22. März 2024 alles fertig sein – für mindestens 621 Millionen Euro statt der geplanten 253 Millionen. Wir sind gespannt, ob das klappt, und wann eröffnet wird. Angesichts der bereits zehnjährigen Schließung hat man ja fast vergessen, wie es innen im Kölner Opernhaus aussieht. Dafür gehört die Wand aus Baucontainern an der Glockengasse inzwischen praktisch zum Stadtbild.

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Seit 10 Jahren da: Baucontainer an der Opernbaustelle, Glockengasse 4.

Guten Morgen, Barbarossaplatz

Zur Kaiserzeit gab es am Barbarossaplatz einen großen Springbrunnen mit Blumenbeeten und Bäumen vor schmucken Gründerzeitfassaden, heute gibt es hier eigentlich nur eines: Verkehr. Von einem richtigen Platz kann nicht die Rede sein, handelt es sich doch um eine bloße Ansammlung von Straßen und Bahngleisen. Die einzige minimale Verbesserung in letzter Zeit sind ein paar Fahrradspuren hier und da, so dass Radfahrer inzwischen nicht mehr gänzlich Freiwild sind. Die Politik hat zaghaft erklärt, man müsste das Areal mal umgestalten. Klar ist: Das wird dauern. Die Kosten dürften beträchtlich sein.

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Ein Platz, der keiner ist: Verkehrsknoten Barbarossaplatz.

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Ein Obelisk für Köln: Kunstwerk am Breslauer Platz.

Rheinboulevard

Dass nichts schiefläuft, ist bei Bauprojekten der Stadt eher die Ausnahme. Auch beim Rheinboulevard gab es Probleme, die Kosten stiegen von anfangs geplanten sechs Millionen auf 26,1 Millionen Euro. Die Stadt streitet vor Gericht mit einem Ingenieurbüro, will 960 000 Euro Schadenersatz. Davon abgesehen, ist das Projekt ein Erfolg für die Stadt. Die Freitreppe ist für die Schäl Sick eine Top-Attraktion mit der schönsten Aussicht auf Köln. (fu)

Ein Obelisk hinterm Hauptbahnhof

Paris hat den Obelisken von Luxor aus dem 13. Jahrhundert vor Christus, Washington hat einen 169 Meter hohen Obelisken namens „Washington Monument“, und Köln hat: den „Obelisken des Tutenchamun“. Das Kunstwerk von Rita McBride, das als „Carbon-Spargel“ verspottet wurde, ziert seit 2017 den Kreisverkehr am Breslauer Platz. Der wurde 2012 völlig lieblos umgestaltet und zählt zu den hässlichsten Plätzen Kölns. Keine Bäume, kein Schatten, aber kolossale U-Bahn-Eingänge.

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Steht seit 2021 still: Baustelle mitten in der City in Dom-Nähe. Stolkgasse, Ecke Tunisstraße.

Großes Schweigen auf der Baustelle

Kein Hämmern, kein Bohren: Auf der Baustelle an der Stolkgasse herrscht seit 2021 Schweigen. Der Immobilienkonzern Consus Real Estate wollte aus dem früheren Briefverteilzentrum der Post ein Wohn- und Bürohaus namens „Cologne Apart“ machen. 200 Wohnungen sollten entstehen, dann machten Berichte über unbezahlte Rechnungen in Millionenhöhe die Runde. Die Baukräne stehen noch. Auch in Mülheim Süd liegen viele Baustellen brach. Bodenspekulation lässt grüßen.

Steht seit 2021 still: Baustelle mitten in der City in Dom-​Nä­he.